Unruhen wegen Lohnminderungen im Anlagenbau Cottbus
11. Dezember 1961
Einzel-Information Nr. 772/61 über Unzufriedenheiten unter Arbeitern des VEB Starkstrom-Anlagenbau (VEM) Cottbus, Montagebereich Schwarze Pumpe
In den letzten Wochen hatten sich alle Brigaden des VEB VEM Cottbus im Rahmen des Produktionsaufgebotes verpflichtet, 3 bis 4 % von den Montagezuschlägen zurückzugeben. Die erste Lohnauszahlung nach Abgabe dieser Verpflichtung fand am 8.12.1961 statt, wo die Abrechnung für November 1961 erfolgte. Diese Lohnauszahlung rief unter den Arbeitern erregte Diskussionen hervor. Anlass dazu war, dass den ca. 120 Arbeitern des VEB VEM Cottbus, Baustelle Schwarze Pumpe, bis zu 14 % ihres Montagezuschlages abgezogen worden waren, wodurch ein Minderverdienst pro Arbeiter von 30,00 bis 60,00 DM eintrat. Die Arbeiter forderten daraufhin von der Montageleitung eine sofortige Klärung, unterbrachen aber nicht die Arbeit. Wie die Untersuchungen ergaben, erfolgte diese Kürzung ungerechtfertigt aufgrund einer Weisung des im November 1961 bereits abgelösten ehemaligen Werkleiters Schwarick.
Schwarick hatte Anfang November 1961, gegen den Einspruch des Arbeitsdirektors und des Leiters der Arbeitsnormung, jedoch mit Zustimmung der Partei- und Gewerkschaftsleitung, in falscher Auslegung des Gesetzblattes 75/61 – wonach der Werkleiter das Recht hat, Zeitzuschläge herabzusetzen – angewiesen, die Montagezuschläge um 13 bis 14 % zu kürzen.
Da es sich jedoch um Montage- und nicht um Zeitzuschläge handelt, war diese Anweisung ungesetzlich. Die erheblichen Kürzungen wurden jedoch erst mit der Lohnabrechnung für November 1961 sichtbar, wodurch die Unzufriedenheit unter den Arbeiter ausgelöst wurde.
Am 9.12.1961 fand daraufhin im Stammbetrieb des VEB VEMM Cottbus eine Beratung der Betriebsleitung mit den Brigadieren und Vertrauensleuten der Baustelle Schwarze Pumpe statt, auf der die Ursachen der ungerechtfertigten Lohnkürzungen erklärt wurden. Gleichzeitig beschloss diese Beratung, dass alle Funktionäre des Stammbetriebes am 11.12.1961 mit Arbeitsbeginn die einzelnen Brigaden aufsuchen, den Arbeitern die Sachlage erläutern sowie die Auszahlung dieser Gelder noch vor Weihnachten zusichern werden.