Versorgungsprobleme bei Röntgenfilmen
22. Juli 1961
Einzel-Information Nr. 391/61 über ernsthafte Schwierigkeiten in der Versorgung mit Röntgenfilmen
Bei der Überprüfung einer Reihe übereinstimmender Hinweise wurde festgestellt, dass es seit dem II. Quartal 1961 in der gesamten DDR laufend Schwierigkeiten in der Beschaffung von Röntgenfilmen gibt. Die Situation ist örtlich teilweise so ernst, dass Patienten nicht geröntgt werden konnten oder dass die für die Katastrophenfälle gelagerten Röntgenfilme verwendet werden mussten.
Hinzu kommt, dass große Klagen über die mangelhafte Qualität der gelieferten Röntgenfilme des VEB Kodak Berlin geführt werden. Von den Röntgen-Ärzten wird bei diesen Kodak-Filmen von »Landkartenfilmen« gesprochen, weil sich teilweise die Filmschicht vom Zelluloid löst, beim Entwickeln Flecken auftreten und der Kontrast und die Schärfe sehr zu wünschen übrig lassen. Viele Ärzte vertreten den Standpunkt, dass es möglich sein müsste, zwischen zwei VEB wie Kodak und Agfa Wolfen einen Erfahrungsaustausch durchzuführen, denn die Röntgenfilme des VEB Agfa Wolfen weisen diese Mängel nicht auf.
Wie jetzt bekannt wurde, ist durch Fleckenbildung auf dem Röntgenfilm in der Poliklinik Berlin-Prenzlauer Berg, Christburger Str. eine Fehldiagnose gestellt worden, die den Tod eines Patienten zur Folge hatte. Das Gutachten des Röntgen-Arztes sagte aus, dass der Patient vernarbte Magengeschwüre hat. Dadurch wurde der Patient, ein Gepäckträger vom Berliner Ostbahnhof, gesundgeschrieben, verstarb aber 14 Tage darauf, weil die Magengeschwüre nicht vernarbt, sondern offen waren.
In einem zweiten Fall wurde dies in letzter Minute erkannt, und der Patient konnte so gerettet werden. Auch hier war es zunächst durch Fleckenbildung auf dem Film zu einer Fehldiagnose gekommen.
Die Fehldiagnosen müssten bei bleibender schlechter Qualität der Kodak-Filme aus Sicherheitsgründen durch Doppelaufnahmen ausgeschaltet werden. Das ist aber praktisch nicht durchführbar, weil dann die doppelte Anzahl Film benötigt würde.
Eine Anfrage bei der Staatlichen Plankommission und im Zentralen Versorgungskontor für Arzneimittel und Medizintechnik beim MfG ergab, dass der VEB Agfa-Wolfen Röntgenfilme nur noch für den Export herstellt und der gesamte Inlandbedarf bis Ende des Jahres 1961 nur vom VEB Kodak Berlin gedeckt wird und außerdem 1961 durch Produktionsschwierigkeiten 200 000 m² Röntgenfilme fehlen.
Ferner wird von den Röntgenärzten bemängelt, dass es zu keiner kontinuierlichen Belieferung mit Röntgenfilmen kommt und jede Lieferung Filme mit anderer Belichtungszeit und DIN-Zahl aufweist. Dadurch müssen die Fixierbäder zur Filmentwicklung laufend gewechselt werden, was unnötige Arbeitsbelastung hervorruft.