Vorkommnisse bei den Volkswahlen (2)
17. September 1961
2. Bericht Nr. 563/61 über feindliche Erscheinungen und besondere Vorkommnisse im Zusammenhang mit den Volkswahlen 1961
Mit Ballons von Westdeutschland eingeschleuste Hetzflugblätter wurden u. a. in den Gemeinden Schönebeck, Osterweddingen, Altenweddingen, Beyendorf, Schwanebeck, Klein-Wanzleben, Gommern und Wulferstedt (alle im Bezirk Magdeburg) sowie in den Kreisen Zeitz und Artern gefunden.
Es wurde festgestellt, dass die feindlichen Hetzballons vor allem im Raum Achtermann/Oderbrück-Forsthaus und Rodeshütte-Forsthaus/Raum Brocken-Braunlage aufgelassen wurden. Die Ballons trieben insbesondere über die Bezirke Erfurt, Magdeburg und Halle ab.
Hetzschriften der Westberliner CDU wurden in der S-Bahn gefunden. (Strecke Wannsee–Friedrichstraße 40 Exempl., in Richtung Frohnau 14 Exempl. usw.) Mehrere Handzettel der SPD wurden im demokratischen Berlin im Haus Greifswalder-Straße 224 sichergestellt.
Nach wie vor wurde auch eine Reihe von Einzelbeispielen der Verbreitung und des Anklebens selbst gefertigter Hetzzettel bekannt, u. a. in Thießen, Kreis Zeitz. Im Bezirk Halle gibt es verschiedene Beispiele, wo anonym Hetzbriefe an verantwortliche Funktionäre gesandt wurden.
Es wurden auch weitere Fälle des Anschmierens von Hetzlosungen sowie Hakenkreuzschmierereien bekannt. Neben mehreren kleineren und Einzelfällen verdienen dabei vor allem folgende Vorkommnisse Beachtung:
Im demokratischen Berlin wurden in mehreren Fällen Wahlplakate mit Ausschnitten aus Westzeitungen überklebt. Mehrere Hetzschmierereien (z. B. »Sauvolk«) wurden im Wohnviertel der sowjetischen Freunde in Magdeburg festgestellt. Größere Hakenkreuzschmierereien wurden in Karl-Marx-Stadt (an der Hausmauer des Fleischkombinats) und in mehreren Orten des Bezirks Halle angebracht. Sogar in der Wahlkabine des Wahllokals der Gemeinde Gossa/Kreis Gräfenhainichen wurde eine Hetzlosung angeschmiert.
Mündliche Hetze trat vor allem in Gaststätten in Erscheinung, u. a. in vier Kreisen des Bezirkes Halle.
Nach wie vor werden auch solche Vorkommnisse festgestellt, wo Fahnen oder Plakate abgerissen oder beschädigt wurden. Neben kleineren Einzelfällen wird vor allem auf entsprechende Vorkommnisse in den Orten Schönebeck und Havelberg im Bezirk Magdeburg, in der Gemeinde Trünzig im Bezirk Karl-Marx-Stadt und auf dem Bahnhof Oelsnitz/Vogtland verwiesen. In vier Orten des Bezirkes Gera wurden ebenfalls 20 Plakate abgerissen. Die Täter dieser angeführten Vorkommnisse konnten teilweise festgenommen werden. Bezeichnend ist, dass in Weimar zwei weibliche Personen festgenommen werden konnten (s. 1. Bericht), die schon in früheren Jahren Hetzschriften verteilten.
Anonyme Drohbriefe erhielt u. a. der ABV in Rogätz/Wolmirstedt. Hetzschmierereien mit Morddrohungen gegen den Bürgermeister wurden in Kauern/Bezirk Gera festgestellt.
Am 16.9.1961 konnten im demokratischen Berlin vier Jugendliche festgenommen werden, die sich »Club 13« nannten. Sie verfolgten die Absicht, einen VP-Angehörigen niederzuschlagen und anschließend nach Westberlin durchzubrechen. Diese Jugendlichen hielten sich überwiegend im Clubheim Braunsbergerstraße (Berlin-Prenzl. Berg) auf.
Im Kreis Greitz/Gera wurden zehn Gemeinden Stimmzettel zugestellt, die beim Verpacken vertauscht worden waren. Der Austausch zwischen den Gemeinden konnte noch rechtzeitig erfolgen, sodass keine nachteiligen Auswirkungen im Wahlablauf eintraten.
Im Kreis Stadtroda/Gera gab es Differenzen in der Anzahl der zugestellten Stimmzettel. Z. B. waren Stadtroda selbst 342 Stimmzettel zu wenig zugestellt worden.
An der Hochschule für Elektrotechnik in Ilmenau/Suhl wurden die Studenten darauf orientiert, in Ilmenau zu wählen. Trotzdem beantragten 50 Studenten, z. T. in provokatorischer Form, Wahlscheine, um in ihren Heimatorten wählen zu können. (Es ist beabsichtigt, einen Provokateur von der Hochschule zu entfernen.)