Brand im VEB Maschinenfabrik Halle
18. März 1963
Einzelinformation Nr. 190/63 über den Brand im VEB Maschinenfabrik Halle am 14. März 1963
Am 14.3.1963, gegen 19.45 Uhr, brach in der Abteilung Kompressorenbau des VEB Maschinenfabrik Halle ein Großbrand aus, in dessen Verlauf die Halle 41 (Kompressorenmontage) und das Ersatzteillager vollständig sowie die Halle 42 (Fließbandfertigung für Kompressoren) teilweise zerstört wurden.
Im Ersatzteillager wurden für ca. 145 TDM1 Importarmaturen für das Chemieprogramm und für Exporte aufbewahrt. Der Gesamtschaden wird mit ca. 2,5 Mio. DM angegeben. Personen kamen nicht zu Schaden.
Die vom MfS eingeleiteten Untersuchungen in Verbindung mit mehreren technischen Kommissionen (KTI, TÜ, Arbeitsschutzinspektion Halle, Kommission aus dem VEB »Hermann Schlimme«2 Berlin) sowie die Vernehmung der in der Halle 41 beschäftigten sieben Arbeiter ergaben übereinstimmend folgendes Ergebnis:
Der Brandausbruch erfolgte in der Halle 41 in einem mit Bretterwänden abgeteilten Raum, der ehemaligen Meisterstelle, in dem neben drei Läppmaschinen3 eine Anlage für elektroerosive Metallbearbeitung untergebracht war. Die Halle 41 war zur Jahreswende 1962/1963 auf Fließfertigung umgestellt worden, die vorhandenen Maschinen waren aus diesem Grunde in einer neuen Anordnung aufgestellt worden. Der Brand entstand an der Anlage für elektroerosive Metallbearbeitung.
Die Läppmaschinen und diese Anlage wurden in der Nachmittagsschicht des 14.3.1963 von einer Arbeiterin bedient, die diese Arbeiten bereits seit 1959 ausführt. Es handelt sich um eine 43-jährige Arbeiterin, die für ihre gute und gewissenhafte Arbeit bereits als Aktivistin ausgezeichnet wurde.
Die Arbeiterin bearbeitete zum Zeitpunkt des Brandausbruches ein Werkstück, welches größere Abmaße hatte, als die Petroleumwanne für einen einwandfreien und störungslosen Arbeitsablauf garantierte. (In der Bedienungsanweisung für die Anlage zur elektroerosiven Metallbearbeitung wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass das zu bearbeitende Werkstück ständig von Petroleum, Transformatorenöl oder einer neuentwickelten Arbeitsflüssigkeit von mindestens einem Zentimeter umspült sein muss, um zu verhindern, dass sich ein leicht entzündbares Sauerstoff-Gas-Gemisch bildet.)
Die Einhaltung der Bedienungsvorschrift war durch die Bearbeitung des überdimensionierten Werkstückes nicht unmittelbar gewährleistet. In der Annahme, mit der Zuführung von Petroleum den sicheren Arbeitsablauf wieder herzustellen, goss die Arbeiterin aus einer Ölkanne während des Arbeitsvorganges Petroleum nach. Daraufhin trat die Puffung auf, die die Petroleumwanne sofort in Brand setzte.
Der Brand wurde von der Arbeiterin erst bemerkt, als sich eine Rauchfahne entwickelte und die Wanne mit dem Petroleum in Flammen aufging. Trotz sofort aufgenommener Brandbekämpfung mit vorhandenen Handfeuerlöschern war eine Löschung des Brandes nicht mehr möglich.
Die unmittelbare Umgebung des Brandherdes befand sich in einem völlig unzureichenden Zustand der Absicherung gegen Feuer, der die Brandbekämpfung außerordentlich erschwerte. Leicht brennbare Materialien wie die zur Bearbeitung benötigten größeren Petroleummengen und ein Fass mit ca. 100 l Kogasin4 waren in diesem Abstellraum untergebracht. Der Bretterfußboden war mit Petroleum und Kogasin getränkt. Zum Aufsaugen dieser Flüssigkeiten waren noch Sägespäne gestreut worden.
Eine weitere Missachtung der notwendigen Sicherungsmaßnahmen liegt darin, dass das Bedienungspersonal der Anlage zur elektroerosiven Metallbearbeitung unzureichend und formal mit den Bedienungsvorschriften vertraut gemacht wurde. Der zuständige Meister hatte das Bedienungspersonal nur oberflächlich instruiert, er selbst beherrscht die Anlage auch nicht vollkommen.