Einschleusung von Hetzschriften in die DDR mit Ballons, 6.–10.3.1963
11. März 1963
Einzelinformation Nr. 174/63 über die Einschleusung von Hetzschriften in das Gebiet der DDR in der Zeit vom 6. bis 10. März 1963
In den letzten Tagen wurde durch den Gegner eine Aktion zur Einschleusung von Hetzschriften in die DDR, vorwiegend mittels Ballon über die Staatsgrenze West, durchgeführt. Insgesamt wurden bisher ca. 15 700 Hetzschriften sichergestellt, davon in den Bezirken Potsdam 7 250, Erfurt 4 000, Schwerin 2 500, Karl-Marx-Stadt 500 und Magdeburg 50 Stück.
In Berlin wurden 945 Hetzschriften über die Grenzsicherungsanlagen geworfen.
Bei den Hetzschriften handelt es sich im Wesentlichen um:
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»Volksarmee«1 Nr. 1/63,
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»Sozialdemokrat«2 Nr. 12/62,
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»Aufruf an die Soldaten der NVA«,
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gefälschtes »Neues Deutschland« vom 11.7.1958,
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Preislisten der Intershop.
Der Inhalt der Hetzschriften richtet sich vor allem an die Angehörigen der NVA und fordert zur Fahnenflucht und zur Gehorsamsverweigerung auf. Weiter wird gegen Maßnahmen und die Politik der Regierung sowie gegen führende Staatsfunktionäre der DDR gehetzt.
Am 8.3.1963 wurden im Kreisgebiet Oschersleben, [Bezirk] Magdeburg, ca. 50 in Zellophanbeuteln verpackte Hetzschriften gefunden. Dabei handelt es sich um die Hetzschriften
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»Volksarmee« Nr. 1/63 (ca. 40 Stück),
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»Für die Kameraden der 7. Grenzbrigade als Dank« (neun Stück).
In den Zellophanbeuteln befanden sich außer den Hetzschriften jeweils drei Zigaretten westlicher Herkunft.
Der Text der zuletzt genannten Hetzschriften lautet:
»Hiermit revanchieren sich die Gefreiten Plumenbohm, Otte, Rudolph und Flenes vom Panzergrenadierbataillon 22 der Bundeswehr für die anständige Behandlung, als sie sich während einer Übung am 29. und 30. November 1962 bei starkem Nebel in Eurem Bereich verfranst hatten.«3
(Die namentlich angeführten Bundeswehrsoldaten wurden am 29.11.1962 nach Überschreiten der Staatsgrenze festgenommen und nach der Vernehmung am folgenden Tage in die Westzone entlassen.)
Da sich einzelne Flugblätter auf Bäumen und Telefonleitungen befanden ist anzunehmen, dass sie mittels Ballon eingeschleust wurden.
An der Staatsgrenze Berlin (2. und 4. Grenzabteilung) wurden am 10.3.1963 in der Zeit von 1.00 Uhr bis 4.00 Uhr durch Zivilpersonen 945 Flugblätter über die Grenzsicherungsanlagen geworfen. Der Inhalt richtet sich an die NVA-Angehörigen und fordert sie auf, keine gezielten Schüsse auf Grenzverletzer abzugeben.
Bei der Suchaktion wurden sichergestellt: in der Sebastianstraße (502), Zimmerstraße (50), Köpenicker Straße (80), Müllerstrasse (20), Oberbaumbrücke (24), Liesenfriedhof4 (107), Baumstrasse (122) und Ackerstraße (40).
Anlagen:
- 1.
1 Exemplar »Volksarmee« Nr. 1/63
- 2.
1 Exemplar »Aufruf an die Soldaten der NVA«
- 3.
1 Exemplar »Sozialdemokrat« Nr. 12/62
- 4.
1 Exemplar gefälschtes »Neues Deutschland« vom 11.7.1958
- 5.
1 Exemplar Preisliste der Intershop