Explosion eines Sprengkörpers im Bahnhof »Zoologischer Garten«
19. März 1963
Einzelinformation Nr. 195/63 über die Explosion eines Sprengkörpers auf dem S-Bahnsteig des Bahnhofs »Zoologischer Garten« am 18. März 1963
Über die Explosion eines Sprengkörpers auf dem S-Bahnsteig »Zoologischer Garten«1 am 18.3.1963 liegen dem MfS bisher folgende Hinweise vor:
Am 18.3.1963, gegen 18.00 Uhr, explodierte auf dem Bahnsteig C des genannten Bahnhofes in unmittelbarer Nähe des Warteraumes ein Sprengkörper. (Der Warteraum befindet sich am Ende des Bahnsteiges in Richtung Berlin-Friedrichstraße.) Außer einem kleinen Loch im Bahnsteig und einigen Sprüngen in der über der Eingangstür zum Warteraum befindlichen Glasscheibe entstand kein Personen- oder Sachschaden. Dicht neben der Explosionsstelle waren zwei mit Petroleum gefüllte Behälter der Deutschen Reichsbahn abgelagert. Der Verschluss eines Behälters war geöffnet. (Diese Behälter werden zum Nachfüllen der Signallampen benutzt.)
Noch vor der Tatortbesichtigung durch die Transport-Kriminalpolizei2 befanden sich bereits fünf Angehörige der Westberliner Schutzpolizei und zwei Angehörige der Westberliner Kriminalpolizei – Inspektion Berlin-Charlottenburg – am Tatort. Durch die Transport-Kriminalpolizei wurden folgende Spuren gesichert:
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Teile eines Plastikbeutels,
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angekohlte Papierfetzen,
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ein Teil eines isolierten Kabels, welches vermutlich zur Verschnürung des Sprengkörpers diente,
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schwarze, pulverartige Rückstände vom Explosionsherd.
Rückschlüsse auf die Art des verwendeten Sprengstoffes können nach den bisherigen Ermittlungen nicht gezogen werden. Teile einer Zündschnur oder eines Zünders wurden nicht aufgefunden. Die sichergestellten Teile des Sprengkörpers werden zurzeit im Kriminaltechnischen Institut untersucht mit dem Ziel, eine eventuelle Identität mit den bei anderen Sprengstoffanschlägen verwandten Mitteln festzustellen.
Mit den Angehörigen der Westberliner Polizeiorgane, die ebenfalls Rückstände des explodierten Sprengkörpers sicherten, wurden durch Angehörige der Transport-Kriminalpolizei die notwendigen Absprachen geführt.
Im Verlaufe der Tatortbesichtigung erschienen zwei weitere Angehörige der Westberliner Polizei. Einer soll nach Angaben der untersuchenden Westberliner Kriminalpolizisten einer besonderen Dienststelle angehören, bei dem anderen handelt es sich vermutlich um den Leiter des am Bahnhof »Zoologischer Garten« gelegenen Polizeireviers. Letzterer erteilte in der Folgezeit zwei erschienenen Pressefotografen (eventuell »Morgenpost« und »Bildzeitung«) die Genehmigung zum Fotografieren. Der Einspruch unserer Transportpolizisten wurde von ihm nicht beachtet. (Es ist durchaus möglich, dass die Angehörigen der Transport-Kriminalpolizei mit fotografiert wurden.)
Im Verlaufe der Tatuntersuchung meldete sich bei den Transportkriminalpolizisten ein Zeuge, der Angaben über drei männliche, tatverdächtige Personen machte. Diese hätten sich nach der Explosion in unmittelbarer Nähe des Tatortes aufgehalten und um 18.00 Uhr den Bahnhof »Zoologischer Garten« mit der S-Bahn in Richtung Berlin-Friedrichstraße verlassen. Aufgrund einer sofort übermittelten Personenbeschreibung wurden genannte Personen gegen 18.10 Uhr auf dem S-Bahnsteig Berlin-Friedrichstraße festgenommen. Bei den festgenommenen Personen handelt es sich um [Name 1, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1937 in Tunesien, wohnhaft Westberlin N 31, [Straße, Nr.], Staatsangehörigkeit: Tunesien, [Name 2, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1935 in Tunis, wohnhaft zzt. Berlin-Wilmersdorf, [Straße, Nr.], [Name 3, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1928 in Andalusien, wohnhaft Berlin-Charlottenburg, [Straße, Nr.], Staatsangehörigkeit: Spanien.
Die Befragung durch Mitarbeiter des MfS ergab Folgendes:
Die drei Personen befanden sich zum Zeitpunkt der Tatausführung auf dem Bahnhof »Zoologischer Garten«, aber nicht in unmittelbarer Nähe der Explosionsstelle. Sie hörten die Detonation und begaben sich erst daraufhin zum Tatort, der bereits von mehreren Personen umlagert wurde. Angaben über die vermutlichen Täter konnten sie nicht machen. Nach Überprüfung dieser durchaus glaubwürdigen Angaben wurden die drei Personen nach Westberlin entlassen. Den Unterhaltungen der Westberliner Polizisten auf dem Bahnhof »Zoologischer Garten« war zu entnehmen, dass diese bereits Kenntnis von der Zuführung dieser Personen auf dem Bahnhof Friedrichstraße hatten.
In Verbindung mit der Transport-Kriminalpolizei wurden durch das MfS weitere Maßnahmen eingeleitet, um Hinweise auf die möglichen Täter zu erarbeiten.