Festnahme einer jugendlichen Untergrundgruppe in Ostberlin
9. Mai 1963
Einzelinformation Nr. 295/63 über die Festnahme einer Untergrundgruppe im demokratischen Berlin
Am 8.5.1963 wurden vom MfS folgende Angehörige einer Untergrundgruppe im demokratischen Berlin festgenommen:
1. [Name 1, Vorname], geb. am [Tag, Monat] 1943 in Berlin, Beruf: Bibliotheksfacharbeiter, Arbeitsstelle: Deutsche Staatsbibliothek Berlin W 8, wohnhaft Berlin-Adlershof, [Straße, Nr.]
2. [Name 2, Vorname 1], geb. am [Tag, Monat] 1934 in Berlin, Beruf: Diplom-Bibliothekar, Arbeitsstelle: Deutsche Staatsbibliothek, wohnhaft Schulzendorf bei Berlin, [Straße, Nr.]
3. [Name 3, Vorname], geb. am [Tag, Monat] 1937 in Berlin, Beruf: ohne erlernten, zuletzt Student der Philosophische Fakultät der Humboldt-Universität Berlin, wohnhaft Berlin-Lichtenberg, [Straße, Nr.] (seit August 1962 Mitglied der SED)
4. [Name 4, Vorname], geb. am [Tag, Monat] 1942 in Berlin, Beruf: Werkzeugmacher, Arbeitsstelle: VEB Schnitt- und Formenbau, Berlin-Köpenick, Seelenbinderstraße, wohnhaft Berlin-Köpenick, [Straße, Nr.]
5. [Name 5, Vorname], geb. am [Tag, Monat] 1942 in Tetschen, Beruf: Metallhüttenfacharbeiter, Arbeitsstelle: VEB BMHW1 Berlin-Niederschöneweide, Schnellerstraße, wohnhaft Berlin-Niederschöneweide, [Straße, Nr.]
6. [Name 6, Vorname], geb. am [Tag, Monat] 1943 in Berlin, Beruf: Maschinenformer, zuletzt Heizer, Arbeitsstelle: Rat des Stadtbezirks Friedrichshain Gartenamt, wohnhaft Berlin-Lichtenberg, [Straße, Nr.]
7. [Name 7, Vorname], geb. am [Tag, Monat] 1943 in Freystadt, Beruf: Bibliothekenhelferin, Arbeitsstelle: Deutsche Staatsbibliothek, wohnhaft Berlin-Köpenick, [Straße, Nr.]
8. [Name 2, Vorname 2], geb. am [Tag, Monat] 1934 in Berlin, Beruf: zahnärztliche Helferin, zuletzt Sekretärin, Arbeitsstelle: Medizinischer Dienst des Verkehrswesens Berlin C 2, Münzstraße 5, wohnhaft Berlin-Lichtenberg, [Straße, Nr.] (Ehefrau des [Name 2, Vorname 1]).
Nach den bisherigen ersten Untersuchungsergebnissen bildete sich die Gruppe in den Sommermonaten des vorigen Jahres. Sie bezeichnete sich als »Deutscher Wiedervereinigungsbund« (DWB).2 In regelmäßigen Zusammenkünften der Gruppenmitglieder wurden ein Programm und Statut, die Struktur der Gruppe, Verhaltensregeln für den Fall von Festnahmen durch das MfS oder durch die VP beraten und schriftlich formuliert bzw. festgelegt. Außerdem wurden Werbemaßnahmen zur Verstärkung der Gruppe beraten. Aus dem sichergestellten Material geht hervor, dass sich die Untergrundgruppe das Ziel stellte, für die Liquidierung der Arbeiter-und-Bauern-Macht in der DDR, für die Übertragung der westdeutschen Ordnung auf die DDR und für sogenannte freie Wahlen zu »kämpfen« sowie gesellschaftliche Organisationen in der DDR zu schwächen und zu beseitigen.
Nach den ebenfalls bisherigen ersten Untersuchungsergebnissen führte die Gruppe im März dieses Jahres – jeweils in kleine Gruppen aufgeteilt – zwei Flugblattaktionen in den Stadtbezirken Prenzlauer Berg, Lichtenberg und Friedrichshain durch, worüber mit Information Nr. 183 vom 15.3. bereits berichtet wurde. Der Versand von 500 Hetzschriften auf dem Postweg war ebenfalls vorbereitet. Entsprechendes Material konnte sichergestellt werden.
Kurz vor Durchführung einer weiteren Aktion (für die Abendstunden des 8. Mai vorgesehen), bei der im Stadtbezirk Mitte Litfaßsäulen und Parkbänke vor allem in der Nähe des Bahnhofs Friedrichstraße mit Hetzzetteln beklebt werden sollten, konnte die Gruppe festgenommen werden.
Die Untersuchungen zur Aufklärung des Gesamtumfangs der Tätigkeit dieser Gruppe, ihrer Gesamtstärke, eventuell vorhandener Verbindungen und der Beteiligung der einzelnen Gruppenmitglieder durch das MfS werden fortgesetzt. Nach Bekanntwerden weiterer Untersuchungs- bzw. Ermittlungsergebnisse wird nachberichtet.