Fluchtversuche mit tödlichem Ausgang 13.8.1961 bis 31.1.1963
2. Februar 1963
Einzelinformation Nr. 74/63 über seit dem 13. August 1961 versuchte Grenzdurchbrüche mit tödlichem Ausgang für die Grenzverletzer
In der Zeit vom 13.8.19611 bis 31.1.1963 sind bei dem Versuch, die Staatsgrenze der DDR nach Westdeutschland oder Westberlin zu durchbrechen, insgesamt 50 Personen (Staatsgrenze nach Westberlin 38, Staatsgrenze nach Westdeutschland 12) tödlich verletzt worden oder durch andere Umstände tödlich verunglückt. Bei dem größten Teil der betroffenen Personen – zumeist Jugendlichen – handelt es sich um Grenzverletzer, die durch unsere Grenzposten gestellt wurden, die gegebenen Warnrufe und Warnschüsse nicht beachteten und dann durch Sperr- oder Zielfeuer unserer Grenzposten tödlich verletzt wurden.
Vier Personen sind unmittelbar nach dem 13.8.1961 aus Grenzhäusern auf Westberliner Gebiet gesprungen und an den dabei erlittenen Verletzungen verstorben.
In 15 Fällen ertranken die Grenzverletzer beim Durchqueren der Grenzgewässer, ohne dass die Grenzsicherungskräfte von der Waffe Gebrauch machten.
An der Staatsgrenze nach Westberlin sind bei Grenzdurchbrüchen bzw. bei der Verhinderung von Grenzdurchbrüchen bisher 38 Personen tödlich verletzt worden oder durch andere Umstände tödlich verunglückt,2 davon 1961: elf Personen, 1962: 24 Personen [und] 1963: drei Personen.
Bei den tödlich Verletzten handelt es sich größtenteils um männliche Personen im Alter von 18 bis 25 Jahren, nur fünf Personen waren über 40 Jahre alt.
Bei neun Personen blieben die näheren Personalien aufgrund der Umstände unbekannt (Personen, die bei einem Grenzdurchbruch durch die Grenzgewässer ertranken oder durch Schussanwendung tödlich verletzt und später durch unsere Grenzsicherungskräfte oder die Westpolizei geborgen und nicht identifiziert werden konnten). Schwerpunkt für derartige Vorkommnisse bildeten bisher die Grenzgewässer, vor allem die Spree (14 Personen) und der Teltow-Kanal, der Griebnitzsee und die Havel (sieben Personen).
An der Landgrenze im Bereich der 1. Grenzbrigade3 sind 14 Personen tödlich verletzt worden oder tödlich verunglückt. Im Bereich der Landgrenze der 2. Grenzbrigade wurden drei Personen betroffen.
Zwei Angehörige der bewaffneten Organe wurden bei der Verhinderung der Fahnenflucht nach Westberlin tödlich getroffen.
An der Staatsgrenze West wurden bei Grenzdurchbrüchen bzw. bei der Verhinderung von Grenzdurchbrüchen insgesamt zwölf Personen tödlich verletzt.4
Vier Personen ertranken beim Grenzdurchbruch durch die Grenzgewässer. Drei Personen wurden bei der Grenzverletzung durch Schusswaffengebrauch unserer Grenzsicherungskräfte tödlich verletzt. In einem Fall gerieten zwei Jugendliche beim Grenzdurchbruch West – DDR auf eine Mine, wobei sie tödliche Verletzungen erlitten.
In einem weiteren Fall wurde ein Angehöriger der NVA/Grenze5 beim Versuch der Fahnenflucht erschossen.
Ein Westdeutscher (Lichtenstein6) wurde bei der Verhinderung einer Provokation auf dem Territorium der DDR tödlich verletzt. Ein weiterer Westdeutscher wurde am KPP Marienborn getötet, als fünf Jugendliche mit einem Lkw den KPP durchbrechen wollten und dabei auf einen westdeutschen Pkw auffuhren.7
Die hohe Anzahl der beim versuchten Grenzdurchbruch durch Anwendung der Schusswaffe tödlich verletzten Personen – allein an der Staatsgrenze Berlin 23 Personen – zeigt, dass die vorbeugenden Sicherungsmaßnahmen im Vorfeld, besonders an den Grenzgewässern, noch äußerst unzureichend sind und die Grenzverletzer ohne größere Behinderung in den Grenzraum gelangen können. Oftmals werden die Grenzverletzer erst unmittelbar an den Grenzsicherungsanlagen festgestellt, sodass der Grenzdurchbruch nur durch die Anwendung der Schusswaffe verhindert werden kann. Dies trifft vor allem für das Gebiet der Grenzgewässer zu, wo es in vielen Fällen Personen gelang, auf westliches Gebiet zu entkommen.
Über die Anzahl der Personen, die von Schiffen der DDR aus Fluchtversuche unternahmen und dabei ertranken, liegen keine konkreten Angaben vor. Hinweise auf derartige Vorkommnisse, wie sie vereinzelt in der Westpresse angeführt wurden, haben sich bei der Überprüfung nur insoweit bestätigt, dass zwar einzelne Personen Schiffe der DDR verlassen haben, aber die Umstände ihrer Flucht (insbesondere in Küstennähe) nicht konkret geklärt werden konnten.