Jagdunfall im Kreis Fürstenwalde, Bezirk Frankfurt/O.
28. September 1963
Einzelinformation Nr. 583/63 über einen Jagdunfall im Jagdgebiet Kagel, [Kreis] Fürstenwalde, [Bezirk] Frankfurt/O., am 26. September 1963
Am 26.9.1963, gegen 18.00 Uhr, ereignete sich im Jagdgebiet Kagel an der Löcknitz (Mastenweg) ein schwerer Jagdunfall.
An der Jagd nahmen drei Angehörige der Botschaft der ČSSR sowie die DDR-Bürger Jagdleiter Flesch, Werner, geb. [Tag, Monat] 1913, wohnhaft Rüdersdorf, [Straße, Nr.], Lehrobermeister im Baustoffkombinat Rüdersdorf (Mitglied der SED), [Name 1, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1923, wohnhaft Rüdersdorf, [Straße, Nr.], Instrukteur für politechnischen Unterricht (Mitglied der SED), [Name 2, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1925, wohnhaft Rüdersdorf, [Straße, Nr.], Elektriker im RKZ Rüdersdorf1 (Mitglied der SED) teil.
Während die Angehörigen der Botschaft der ČSSR Kugelbüchsen benutzten, hatte der Jagdleiter Flesch eine Schrotflinte. [Name 2] und [Name 1] führten keine Waffen bei sich; [Name 2] beteiligte sich lediglich mit seinen Hunden an der Jagd.
Gegen 17.40 Uhr hatten die Genannten das Jagdgebiet erreicht und verteilten sich zum Ansitz in einer Reihe von ca. 300 m Abstand. Die Einteilung nahm der Jagdleiter Flesch vor.
Kurz vor 18.00 Uhr vernahm [Name 2] – der sich ca. 300 m links von Flesch befand – einen Schuss und anschließend ein Aufstöhnen aus der Richtung des Standortes des Jagdleiters. [Name 2] begab sich daraufhin in diese Richtung, wobei er nach ca. ein bis zwei Minuten einen weiteren Schuss vernahm. In einer Senke eines in der Nähe des Waldrandes befindlichen Stoppelfeldes fand [Name 2] einen verletzten sowjetischen Nachrichten-Soldaten, der durch einen Schuss aus der Schrotflinte (Brenneke2) des Flesch in die linke Körperseite getroffen worden war. Dabei wurde die linke Körperseite durchschlagen und die Schrotladung blieb auf der rechten Körperseite unter der Haut stecken. Der Soldat wurde in das Krankenhaus Rüdersdorf eingewiesen.
Bei der weiteren Suchaktion wurde der Flesch – ca. 150 m von seinem eigenen Standort entfernt – tot aufgefunden. Durch die MUK wurde einwandfrei Selbstmord durch Erschießen mit der eigenen Jagdwaffe festgestellt.
Die bisherigen Untersuchungen ergaben, dass sich der Soldat zum Zeitpunkt der Abgabe des Schusses ca. 40 bis 50 m vom Standort des Jagdleiters Flesch befand. Da es zu dieser Zeit bereits dämmerte und das Wetter regnerisch war, ist anzunehmen, dass Flesch einem Irrtum unterlag und den Schuss auf den Soldaten abgab. Durch das Stöhnen des Verletzten hat Flesch offensichtlich seinen Irrtum erkannt, ist noch ca. 150 m von seinem Standort aus zurückgegangen und beging mit seiner Waffe Selbstmord.
Flesch galt als ein zuverlässiger und aktiver Genosse, der seine Aufgaben als Jagdleiter stets gewissenhaft durchführte. Die Ehefrau des Flesch ist Bürgermeisterin3 in Rüdersdorf, Mitglied der Volkskammer und kandidiert für die bevorstehenden Wahlen4 (Mitglied der CDU). Beide führten ein geordnetes Familienleben.
Die Untersuchungen werden durch das MfS im Zusammenwirken mit den entsprechenden Organen weitergeführt.