Konflikt von US-Militärkonvois und sowjetischen Kontrollkräften (2)
6. November 1963
Einzelinformation Nr. 675/63 über Verweigerung der ordnungsgemäßen Kontrolle durch eine amerikanische Militärkolonne am KPP Marienborn (Ergänzung zur Information 669/63)
Die amerikanischen Besatzer verweigerten auch am 5.11.19631 die ordnungsgemäße Kontrolle am KPP Marienborn.2 Sie hielten sich vorwiegend auf ihren Fahrzeugen auf, ohne irgendwelche Handlungen zu unternehmen. Gegen 10.35 Uhr begann am West-KPP eine fieberhafte Tätigkeit von Reportern und Bildberichterstattern. Sie wurden in ihrer Tätigkeit abgesichert durch einen Offizier und einen Soldaten des Bundesgrenzschutzes, die sich am Schlagbaum in Richtung unseres KPP postiert hatten.
Um 12.00 Uhr erschien am West-Schlagbaum ein amerikanischer Jeep und filmte den KPP Marienborn. Eine Streife von vier Mann des BGS, bewaffnet mit Karabinern, sicherte diese Aktion ab.
Gegen 12.15 Uhr suchte der US-Kommandant von Helmstedt (Major Anderson3) erneut den KPP Marienborn auf und verhandelte mit den sowjetischen Freunden.
Gegen 12.45 Uhr verließ er den KPP in Richtung Helmstedt.
Zu Handlungen seitens der US-Militärangehörigen kam es in diesem Zusammenhang nicht.
Am 5.11.1963,4 gegen 17.00 Uhr, fuhr im KPP Drewitz ein aus Westberlin kommender französischer Militärkonvoi (acht Lkw, zwei Jeeps – besetzt mit 47 Militärangehörigen) ein. Diese französischen Militärangehörigen stiegen nicht von ihren Fahrzeugen ab. Daraufhin erfolgte vonseiten der sowjetischen Kontrollkräfte die Kontrolle der französischen Militärangehörigen durch Abzählen auf den Fahrzeugen. Die Ladeklappen der Lkw blieben dabei geschlossen, sodass die Kontrolle der sowjetischen Freunde noch zusätzlich erschwert wurde.
Gegen 18.00 Uhr traf ein englischer Militärkonvoi – ebenfalls aus Westberlin kommend – am KPP Drewitz ein. Der Konvoi bestand aus sieben Lkw, einem Jeep, einem Fahrzeug mit Militärpolizei, insgesamt besetzt mit 42 Militärangehörigen. Diese Kolonne verhielt sich ebenso wie der französische Militärkonvoi.
Da sie ebenfalls nicht abstiegen und vor den Fahrzeugen Aufstellung nahmen, erfolgte die Kontrolle seitens der Sowjetarmee erneut durch Abzählen auf den Fahrzeugen.
Nach dieser Kontrolle verließ der Konvoi gegen 18.55 Uhr den KPP in Richtung Marienborn.
Die französische Militärkolonne erreichte den KPP Marienborn gegen 21.35 Uhr und fuhr nach Wiederholung des gleichen Kontrollvorganges wie in Drewitz durch die sowjetischen Kontrollkräfte gegen 22.10 Uhr nach Westdeutschland weiter.
Der englische Konvoi traf gegen 23.05 Uhr in Marienborn ein.
Nach gleichartiger Kontrolle verließ der englische Militärtransport gegen 23.30 Uhr den KPP in Richtung Westdeutschland.
Nach Meldung der Westpresse (»Ullstein-BZ«5) hatte der britische und der französische Militärkonvoi Anweisung, solange in Marienborn zu bleiben, bis der amerikanische Militärtransport durch die sowjetischen Kontrollkräfte zur Weiterfahrt freigegeben würde.
Auch bei einer Genehmigung der Weiterfahrt ohne Kontrolle sollten die englische und die französische Militärkolonne in Marienborn bleiben.
Beide Konvois hielten sich jedoch nicht an diese angeblichen Weisungen, sondern verließen unmittelbar nach der geschilderten Kontrolle durch die sowjetischen Freunde das Kontrollterritorium in Richtung Westdeutschland.
Beim Passieren des KPP Marienborn durch den französischen und den englischen Militärkonvoi ist es auch zu keinerlei Kontaktaufnahmen, Demonstrationen oder solidarischen Handlungen gegenüber den dort befindlichen US-Militärangehörigen gekommen. Nach unseren Feststellungen haben die auf den Fahrzeugen befindlichen Militärangehörigen keine Notiz von den Amerikanern genommen.
Am 6.11.1963, gegen 2.00 Uhr, erschien dann der US-Kommandant Anderson erneut am KPP Marienborn und verhandelte mit den sowjetischen Kontrollkräften. Anschließend erfolgte im Beisein des US-Kommandanten die Kontrolle des amerikanischen Militärkonvois durch die sowjetischen Kontrollkräfte.
Die amerikanischen Besatzer blieben bei der Kontrolle durch die Sowjetarmee – entgegen der ursprünglichen Forderung der sowjetischen Kontrollkräfte, zum Abzählen von den Fahrzeugen abzusetzen und vor den Fahrzeugen Aufstellung zu nehmen – auf ihren Fahrzeugen sitzen und ließen sich nur aufgesessen abzählen.
Gegen 2.15 Uhr verließ die amerikanische Militärkolonne den KPP Marienborn und traf gegen 6.45 Uhr am KPP Drewitz ein.
Nach Wiederholung des Kontrollvorganges wie am KPP Marienborn fuhr der Konvoi gegen 7.20 Uhr nach Westberlin weiter. Damit setzten sie – im Widerspruch zu dem allgemein üblichen Kontrollvorgang bei Militärkonvois mit einer derartigen Anzahl von Militärangehörigen – ihre anfänglich erhobene Forderung durch, sich nur aufgesessen auf den Fahrzeugen abzählen zu lassen.
Während der gesamten Zeit der Provokation der US-Besatzer am KPP Marienborn haben sie durch ihre Aufstellung der Fahrzeuge die rechte Fahrbahn in Richtung Westberlin (im Bereich des Kontrollterritoriums) für jeglichen anderen Verkehr blockiert. Der gesamte West-West-Verkehr6 wurde daher auf der linken Fahrbahn in Richtung Berlin von unseren Kontrollkräften ohne Beanstandungen und ohne Auftreten von Standzeiten durchgeführt. Dies war nur möglich, da zu dieser Zeit ein normaler Verkehr auf der Autobahn herrschte.