Provokationen von Westberliner Polizei und US-Armee an der Mauer
28. Juni 1963
Einzelinformation Nr. 406/63 über Grenzprovokationen an der Staatsgrenze Berlin in der Nacht vom 27. Juni 1963 zum 28. Juni 1963
In den Abendstunden des 27.6. und in der Nacht zum 28.6.1963 wurden von Angehörigen der US-Armee und von Westberliner Bereitschaftspolizisten mehrere schwere Grenzprovokationen verübt.1
Sie erfolgten in Form von Beschießen der Grenzsicherungskräfte der DDR und Androhen von Schusswaffengebrauch, in Form von Schießen auf das Territorium der DDR, von Beschädigen der Grenzsicherungsanlagen, von Brandlegung im Grenzgebiet und ähnlichen feindlichen Handlungen.
Am 27.6.1963, in der Zeit von 19.35 Uhr bis 21.45 Uhr, wurden an der Grenze um Steinstücken von uniformierten Angehörigen der US-Armee folgende Provokationen verübt:
Ein Gefreiter der US-Armee bedrohte unsere Grenzsicherungskräfte – Gefreiter [Name 1, Vorname], und Soldat [Name 2, Vorname] – indem er die Waffe auf sie richtete, während ein US-Sergeant eine Handgranate bereithielt. Der gleiche Sergeant schlug dann mit seiner Pistole Befestigungskrammen aus der Grenzsicherungsanlage heraus, zerschnitt ein Drahtfeld und zertrat eine Stacheldrahtrolle unserer Grenzsicherungsanlagen.
Nach einer halben Stunde näherten sich zwei US-Sergeants und ein Gefreiter der Grenzsicherungsanlage, von denen ein Sergeant in provokatorischer Form 20 Meter das Territorium der DDR betrat und sich dann zurückzog.
Um 21.45 Uhr stellten Stabsgefreiter [Name 3] und Gefreiter [Name 4] fest, dass sich ein USA-Soldat den Grenzsicherungsanlagen näherte und aus seiner MPi zehn Schuss auf das Territorium der DDR abfeuerte.
Westberliner Bereitschaftspolizisten traten besonders im Bereich der Staatsgrenze Pankow-Schönholz durch mehrere Provokationen in Erscheinung.
Um 21.42 Uhr wurden durch einen Westberliner Polizisten in der Klemkestraße (Berlin-Schönholz) drei Schuss aus einer KK-Pistole und kurz danach nochmals zwei Schuss auf unsere Grenzbeleuchtung abgegeben, ohne sie zu treffen.
An der Frühlingsstraße im gleichen Bereich feuerten um 22.00 Uhr zwei Westberliner Bereitschaftspolizisten aus einem Karabiner provokatorisch einen Schuss in die Luft.
Um 22.45 Uhr legten zwei Westberliner Bereitschaftspolizisten in unmittelbarer Grenznähe an der Provinzstraße durch Anzünden von Dachpappe Feuer an, mit dem offensichtlichen Ziel, dass das Feuer auf die Grenzsicherungsanlagen übergreifen soll. Das Feuer breitete sich auch dermaßen schnell – jedoch auf Westberliner Gebiet – aus, dass die Westberliner Feuerwehr eingesetzt werden musste. Nachdem das Feuer gelöscht war, lud ein Westberliner Polizist seine Pistole durch, richtete sie auf unsere Grenzsicherungsangehörigen und erklärte: »Es kommt diese Nacht noch ganz anders«, was die provokatorische Zielstellung der Brandstiftung eindeutig beweist.
Um 0.05 Uhr des 28.6.1963 wurde im gleichen Abschnitt von einem Westberliner Bereitschaftspolizisten eine Kiste unmittelbar zum Schutzwall2 transportiert und dort in provokatorischer Absicht abgestellt, offensichtlich um unsere Grenzsicherungskräfte einzuschüchtern und die Absicht einer Sprengung vorzutäuschen.
Kurze Zeit danach schossen Westberliner Bereitschaftspolizisten in Richtung unserer in der Nähe des Friedhofes Berlin-Wilhelmsruh eingesetzten Posten. Unsere Posten wurden jedoch nicht verletzt.
Diese Provokationen wurden übereinstimmend von den drei Postenpaaren Gefreiter [Name 5] und Soldat [Name 6], Gefreiter [Name 7] und Gefreiter [Name 8], Gefreiter [Name 9] und Soldat [Name 10] beobachtet.
Zu weiteren Provokationen Westberliner Bereitschaftspolizisten kam es an der Grenze in der Nähe von Großziethen, wo die Angehörigen unserer Grenzsicherungskräfte, Stabsgefreiter [Name 11] und Soldat [Name 12], feststellten, dass von Westberliner Bereitschaftspolizisten drei Knallkörper auf den 10-m-Grenzstreifen geworfen und kurze Zeit darauf drei Schuss – vermutlich aus MPi – auf das Territorium der DDR abgefeuert wurden.
Vom MfS wurden die erforderlichen Maßnahmen zur Aufklärung der näheren Umstände der Provokationen und der dabei beteiligten Personen sowie verstärkte Absicherungsmaßnahmen eingeleitet.