Reaktion der Bevölkerung im Kreis Aue zum neuen SC Karl-Marx-Stadt
25. Mai 1963
Einzelinformation Nr. 334/63 über die Reaktion der Bevölkerung im Kreis Aue, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, über den Zusammenschluss des SC Motor Karl-Marx-Stadt und des SC Wismut/Aue zum SC Karl-Marx-Stadt
Im Januar 1963 fassten die Leitungen der Sportclubs Wismut und Motor Karl-Marx-Stadt1 den Beschluss, ab 1.2.1963 ihre einzelnen Sektionen zu vereinigen.
Nach Abschluss der Oberligapunktspielserie2 im Fußball 1962/63 wurde unter Einflussnahme des Präsidiums des DFV festgelegt, dass die Spieler Albrecht Müller,3 Manfred Kaiser4 und Dieter Erler5 der Wismut-Elf zum neu zu bildenden SC Karl-Marx-Stadt delegiert werden.
Unter der Bevölkerung des Kreises Aue, wie auch unter einem beträchtlichen Teil der Wismut-Kumpel, gibt es wegen der Delegierung einiger Spitzenspieler zum SC Karl-Marx-Stadt umfangreiche negative Diskussionen.
Unter Hinweis auf die Verlegung der ehemalige BSG Empor Lauter6 nach Rostock wird befürchtet, dass nach Abzug einiger Spitzenkräfte des SC Wismut nach Karl-Marx-Stadt nunmehr auch die zweite Fußball-Elf des Erzgebirges aus der Oberliga ausscheiden würde.
In diesem Zusammenhang gibt es verstärkt Forderungen, Protestresolutionen an die Gebietsleitung der Partei zu senden, ein öffentliches Sportforum unter Beteiligung der leitenden Mitarbeiter der SDAG Wismut abzuhalten und Beschwerden an den Staatsrat, an das ZK usw. einzureichen.
Wiederholt wird von »betrügerischen Manipulationen« gegenüber den Kumpeln gesprochen und gedroht, im Falle einer spielerischen Schwächung der Wismut-Elf unter Umständen zu Protestaktionen zu schreiten.
Der Bergbauobjektleitung Aue sind bereits eine Reihe von schriftlichen Eingaben zugegangen, in denen Kumpel verschiedener Abteilungen usw. gegen die »Methoden der Abwerbung nach kapitalistischer Art« Stellung nehmen.
Beim letzten Oberliga-Punktspiel des SC Wismut gegen den ASK Vorwärts Berlin am 5.5.1963 riefen Zuschauer in Sprechchören, dass die Spieler von Aue sich nicht nach Karl-Marx-Stadt »abwerben« bzw. nicht »verkaufen« lassen sollten.
Zeitweise wurde sogar ein Transparent an der Haupttribüne mit folgendem Inhalt entfaltet:
»Die Fußballanhänger von Karl-Marx-Stadt protestieren gegen die Abwerbung von Spielern des SC Wismut.«
Die Spieler der Wismut-Mannschaft selbst resignieren. Die Spieler Albrecht Müller, Manfred Kaiser und Dieter Erler, Mitglieder der Partei, äußerten sich dahingehend, dass sie gegen die geplanten Veränderungen nichts machen können, auch wenn es gegen ihre eigene Überzeugung geschehe.
Unter den übrigen Spielern herrscht eine niedergedrückte Stimmung vor.
Unseres Erachtens ist es daher notwendig, umgehend zu den in der Information angeführten Problemen Stellung zu nehmen und besonders unter den Sportlern der betroffenen Clubs und ihrer Anhänger Klarheit über den Inhalt der Maßnahmen zu schaffen.