Sprengstoffanschlag und geplante Sprengstoffanschläge in Ostberlin
17. Juni 1963
Einzelinformation Nr. 374/63 über einen Sprengstoffanschlag in der Nacht vom 16. zum 17. Juni 1963 und über zwei weitere geplante Sprengstoffanschläge in der gleichen Nacht
Am 17.6.1963, um 2.35 Uhr, ereignete sich hinter dem Ministerium für Außen- und Innenhandel1 in der Mittelstraße eine Explosion.2 Die noch vorgefundenen Überreste beweisen, dass der Anschlag mittels eines Sprengstoffpaketes erfolgte. Das Sprengstoffpaket war unter einem Fenster des kleinen Festsaales des MAI auf der Straßenseite abgelegt worden. Durch die Explosion wurden Fensterscheiben zertrümmert und entstanden geringfügige Schäden am äußeren Mauerwerk.
Zwei jugendliche Personen wurden in diesem Zusammenhang als verdächtig festgenommen. Inwieweit sie tatsächlich für diesen Sprengstoffanschlag infrage kommen, wird zzt. noch untersucht.
Aufgrund verstärkter Streifentätigkeit der VP wurde um 2.50 Uhr an der Hinterseite des Roten Rathauses in Gebäudemitte (Straße »Hinter dem Rathaus«) ein Sprengstoffpaket sichergestellt, das auf dem Fenstersims abgelegt worden war.
Das Sprengstoffpaket hatte die Größe eines Ziegelsteins und war in schwarzem Fahnentuch eingewickelt. Darunter befanden sich eine Plastikhülle und in ihr in rotem Wachspapier der Sprengsatz (vermutlich Donarit) in zwölf Stangen a 200 g Für die Zeitzündereinrichtung wurden eine Ruhlaer Uhr und eine Batterie »Sonnenbatterie« westlicher Herkunft sowie Zünder und Zündschnur vermutlich österreichischen Fabrikats benutzt.
Entsprechende kriminaltechnische Untersuchungen der Sprengstoffpakete sind noch im Gange.
Ein gleiches Sprengstoffpaket etwas kleineren Ausmaßes (acht Stangen Sprengstoff) wurde um 3.50 Uhr in der Littenstraße links vom Eingang zum Gericht3 hinter einem Fahrradständer sichergestellt.
Entsprechende operative Maßnahmen wurden vom MfS sofort eingeleitet. Unter anderem wurde auch angewiesen, alle die Kontrollpunkte nach Westberlin passierenden Personen gründlich zu überprüfen.
Weitere Untersuchungsergebnisse werden nachgereicht. Besonders werden die Hinweise auf die Identität dieser Sprengstoffanschläge mit den derzeitigen Anschlägen auf das VP-Präsidium und auf das Haus der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft geprüft.