Vergiftungsgefahr von Getreideladungen und anderen Waren
7. Dezember 1963
Einzelinformation Nr. 747/63 über Vergiftungsgefahr von Getreideladungen und anderen Waren durch unvorschriftsmäßige Beladung von sogenannten Giftwagen der Deutschen Reichsbahn
Wie bekannt wurde, sind die zwischen dem Bleitetra-Aethyl-Werk in Döberitz1 Kreis Rathenow und der VR Ungarn verkehrenden zwölf ständigen Pendelwagen zum Transport von Bleitetra-Aethyl in Ungarn mit anderen Gütern beladen worden. (Diese Pendelwagen sind international als Giftwagen gekennzeichnet und dürfen lt. den Vorschriften mit keinen anderen Gütern beladen werden.)
Durch die sofort eingeleiteten Untersuchungen wurde festgestellt:
Zwei dieser Pendelwagen passierten am 30.11.1963 aus Ungarn kommend den Grenzbahnhof Bad Schandau und waren mit Braugerste für den VEB (K) Waldschlößchen-Brauerei Dresden und den VEB Berliner Brauerei, Betriebsteil Schultheiß, Leninallee, beladen.
Der Pendelwagen DR 58–10-04 wurde am 3.12.1963 im VEB Berliner Brauerei und der Pendelwagen DR 58–10-01 am 1.12.1963 beim VEB Waldschlößchen-Brauerei Dresden entladen.
Ein weiterer Pendelwagen ging am 3.12.1963 mit 15 Tonnen Mohn beladen beim VEB Kühltransit2, Leipzig, ein und wurde nach Premnitz weitergeleitet.
Die auf diesen drei Wagen befindlichen Güter wurden inzwischen sichergestellt und werden untersucht.
Ein weiterer Pendelwagen ist mit Chemikalien (angeblich mit einem Einreibemittel Beta-Naphtol3) beladen im Transitverkehr von Ungarn nach Westdeutschland gegangen. Bestimmungsort soll Hamburg sein.
Der Aufenthaltsort und die eventuelle Beladung der restlichen Pendelwagen ist zzt. noch nicht bekannt.
Nach bisherigen Feststellungen handelt es sich bei dem Bleitetra-Aethyl um ein Gift der Giftstufe III, das im Reinzustand bei Verabreichung von einem Milligramm tödlich wirkt. Das nach Westdeutschland transportierte Einreibemittel kann, wenn es mit Bleitetra-Aethyl vermischt ist und in eine offene Wunde kommt, tödlich wirken.
In Zusammenarbeit mit dem MdI und dem Ministerium für Verkehrswesen wurden vom MfS sofort Maßnahmen eingeleitet, um die Ursachen dieser unvorschriftsmäßigen Beladung und den Verbleib der restlichen Güterwagen aufzuklären.
Außerdem wurde die genaue chemische Untersuchung aller davon betroffenen Güter veranlasst, um Vergiftungserscheinungen zu verhindern.