Versuchtes Notzuchtverbrechen durch zwei MfS-Wachposten
2. März 1963
Einzelinformation Nr. 153/63 über ein versuchtes Notzuchtverbrechen durch zwei Wachposten der BV Potsdam des MfS
Am 25.2.1963 wurde durch die VP bekannt, dass die Unteroffiziere [Name 1, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1939, Wachposten bei der BV Potsdam des MfS, und [Name 2, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1940, Wachposten bei der BV Potsdam des MfS, versuchten, die Schülerin [Name 3, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1950 in [Ort], wohnhaft [Ort], [Straße, Nr.] in der Laube des [Name 2] geschlechtlich zu missbrauchen.
Die geführten Untersuchungen ergaben bisher folgenden Sachverhalt:
Die beiden seit Anfang 1963 befreundeten [Name 1] und [Name 2] fassten im Februar 1963 den Entschluss, ein Mädchen zu vergewaltigen, um sich geschlechtlich zu befriedigen. Sie waren der Meinung, bei einem minderjährigen Mädchen leichteres Spiel zu haben. Das Verbrechen sollte in der Laube der Familie [Name 2] durchgeführt werden. Zu diesem Zweck suchten sie diese am 24.2.1963 gemeinsam auf und bereiteten alles für die Tat vor.
Während der nächsten Dienste sprachen [Name 1] und [Name 2] alle Einzelheiten ihres geplanten Vorhabens ab. Unter anderem legten sie fest, auf welche Art das Mädchen angesprochen werden sollte. Unteroffizier [Name 1] zeigte am 25.2.1963 dem [Name 2] mehrere Mädchen, die ihm für die Durchführung des Verbrechens geeignet schienen. [Name 1] hielt sich dabei stets im Hintergrund.
Die Schülerin [Name 3] wurde ebenfalls von [Name 2] angesprochen unter dem Vorwand, ob sie als Pionier nicht alte Flaschen für Rentner mit ihm sammeln wolle. Die [Name 3] willigte ein und verabredete sich mit [Name 2] am Bahnhof Babelsberg.
[Name 1] und [Name 2] begaben sich getrennt zu diesem vereinbarten Treffpunkt, [Name 2] ging mit der gegen 17.00 Uhr erschienenen [Name 3] zur Laube. Obwohl [Name 1] das angeblich nicht bemerkt haben will, begab er sich trotzdem nach einiger Zeit auch dorthin.
[Name 1] und [Name 2] taten anfangs so, als suchten sie tatsächlich alte Flaschen. Als das Mädchen nach einiger Zeit weggehen wollte – die beiden Täter hatten sich zwischendurch mit ihm über Fragen der Biologie unterhalten – wurde es von [Name 1] gewaltsam festgehalten und von [Name 2] unsittlich berührt. Da sich das Mädchen heftig wehrte und zu schreien versuchte, steckte [Name 1] dem Mädchen ein Tuch in den Mund, das dieses aber immer wieder ausspucken konnte. Nach einigen Minuten ließen die Täter von ihrem ursprünglichen Vorhaben ab, da sie fürchteten, durch die Schreie des Mädchens könnten andere Personen auf sie aufmerksam werden. Die beiden Täter versuchten noch, das Mädchen einzuschüchtern und ließen es dann gehen. Es muss jedoch eingeschätzt werden, dass [Name 1] und [Name 2] nur von ihrem Vorhaben Abstand nahmen, weil sich das Mädchen heftig zur Wehr setzte.
Nachdem die Schülerin die Laube verlassen hatte, sprach sie auf der Straße sofort eine männliche Person mit Hund an und schilderte den Vorfall. Diese Person ging mit der Schülerin zum zuständigen ABV, dem der Besitzer der beschriebenen Laube bekannt war. Aus diesem Grunde war es möglich, beide Täter noch am gleichen Tage festzunehmen.
Unteroffizier [Name 1] war seit dem [Tag, Monat, Jahr] – nach Ableistung einer zweijährigen Dienstzeit bei der NVA – als Wachposten bei der Objektsicherung in der Bezirksverwaltung Potsdam des MfS tätig. Er ist seit dem [Tag, Monat, Jahr] Mitglied der SED, war von 1962 bis 1963 [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben.]. In der Dienstdurchführung zeigten sich besonders anfänglich, als [Name 1] noch Wachposten auf der Kreisdienststelle [Ort] des MfS war, gewisse Schwierigkeiten. Er erschien wiederholt nicht pünktlich zum Dienst, zeigte Nachlässigkeiten in der ordnungsgemäßen Dienstdurchführung bzw. im Verhalten gegenüber anderen Wachposten und sprach auch zu stark dem Alkohol zu. Aufgrund dieser Erscheinungen wurden auf parteilicher Basis kritische Auseinandersetzungen mit [Name 1] geführt; außerdem erhielt er im Dezember 1959 fünf Tage Arrest und im Januar 1960 von der SED-Grundorganisation der Kreisdienststelle [Ort] eine Rüge, die im Februar 1962 gelöscht wurde. [Name 1] hatte nach der Einleitung dieser erzieherischen Maßnahmen in seiner Dienstdurchführung und auch in seinem Verhalten – zumindest nach außen hin – im Wesentlichen zu erkennen gegeben, dass er die notwendigen Schlussfolgerungen gezogen hatte. Er zeigte im Allgemeinen eine gute Dienstdurchführung.
Die notwendigen disziplinarischen und parteilichen Untersuchungsmaßnahmen werden gegenwärtig durchgeführt. Außerdem wurden entsprechende Maßnahmen eingeleitet, um eine Weiterverbreitung dieses Vorkommnisses weitgehend einzuschränken.