Waffendiebstähle bei Armee-Einheiten an der Ostseeküste
27. November 1963
Einzelinformation Nr. 722/63 über Waffendiebstähle in der Ausbildungseinheit des FTB 2, Dienststelle Garz/Usedom und auf dem R-Boot 323 der 4. Flottille der Volksmarine
Am 24.11.1963, gegen 20.00 Uhr, wurde in der Ausbildungseinheit des FTB 2,1 Dienststelle Garz/Usedom, ein Einbruch in die im 1. Stockwerk gelegene Waffenkammer festgestellt, bei dem zwei MPi K2 und zwei Magazine (ohne Munition) entwendet wurden. Bei einer Kontrolle der Waffenkammer am 24.11.1963, 19.00 Uhr, stellte der Waffenwart beim Aufschließen der die Waffenkammer abschließenden Gittertür fest, dass die Tür nicht in den Scharnieren hing und gewaltsam aus den Angeln entfernt worden war. Beim Betreten der Waffenkammer stellte er das Fehlen von zwei MPi K fest. Durch die sofort vom Kompaniechef veranlasste Überprüfung wurde festgestellt, dass außer den bereits erwähnten zwei MPi K zwei Magazine (ohne Munition) fehlen. Munitionsfehlbestände waren bei der Kontrolle nicht zu verzeichnen. Die vom MfS eingeleiteten Untersuchungen ergaben bisher Folgendes:
Als vermutliche Tatzeit muss die Zeit vom 22.11.1963, 12.00 Uhr, bis 24.11.1963, 14.30 Uhr, angesehen werden, weil die beiden fehlenden MPi am 22.11.1963, 12.00 Uhr, noch vorhanden waren und am 24.11.1963 gegen 14.30 Uhr durch zwei NVA-Angehörige festgestellt wurde, dass die Gittertür zur Waffenkammer aus den Aufhängeösen herausgehoben war. Beide schenkten dieser Feststellung jedoch nicht die erforderliche Bedeutung und erstatteten darüber keine Meldung.
Begünstigt wurde der Diebstahl durch die ungenügende Sicherung der Waffenkammer sowie die festgestellte Unordnung in der Nachweisführung und Kontrolle.
Dazu folgende Beweise:
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Die Gittertür war in den Türangeln ohne jegliche Sicherung eingehangen.
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Die hinter der Gittertür befindliche Holztür zur Waffenkammer war seit längerer Zeit nicht mehr verschlossen worden.
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Es wurde kein Nachweis über die Ausgabe und den Verbleib der Waffen geführt.
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Es erfolgte keine ständige Kontrolle der Waffenkammer.
Vom MfS wurden sofort alle erforderlichen Maßnahmen und der Einsatz eines Fährtenhundes sowie die kriminaltechnischen Untersuchungen veranlasst. Durch die bereits angeführten Missstände und die Tatsache, dass vor der Einleitung der Untersuchungen eventuell Spuren verwischt worden sind, werden die Untersuchungen erschwert und konnten bisher noch keine Erfolge erzielt werden. Da nur NVA-Angehörige das Objekt betreten und diese beim jeweiligen UvD vorbei müssen, kann der Diebstahl nur von NVA-Angehörigen verübt worden sein. Durch das MfS werden gegenwärtig noch weitere Untersuchungen zur Aufklärung des Waffendiebstahls und zur Ergreifung der Täter geführt.
Ein weiterer Waffen- und Munitionsdiebstahl wurde am 21.11.1963 auf dem R-Boot3 323 der 4. Flottille der Volksmarine festgestellt. Auf diesem Boot wurde eine Pistole (Makarow) Nr. 2592 mit 16 Schuss Munition gestohlen, die am 16.11.1963 von dem Matrosen [Name 1] an den für die Waffe verantwortlichen Obermaat [Name 2] zurückgegeben wurde. Seit diesem Zeitpunkt wurde die Waffe gemeinsam mit der Munition in einer verschlossenen und versiegelten Stahlkassette im unverschlossenen Schreibtisch in der Kommandantenkammer aufbewahrt. Aus dieser Kassette wurden die Waffe und Munition auch entwendet. Der Diebstahl wurde dadurch begünstigt, weil der Kassettenschlüssel an einem offen hängenden Schlüsselbrett und die Petschaft in der unverschlossenen Schublade des Schreibtisches in der Kommandantenkammer für jedermann ungehindert zugänglich waren. Die Kommandantenkammer wurde nicht nur von den Angehörigen des R-Bootes 323, sondern auch von den Besatzungen anderer Boote unkontrolliert betreten. Auch in diesem Fall sind die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen.
In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass durch das MfS wiederholt auf die grobe Verletzung der entsprechenden Befehle und Weisungen des Ministers für Nationale Verteidigung und die auf diesem Gebiet noch bestehende Unordnung in der Sicherung und Aufbewahrung, Nachweisführung und Kontrolle von Waffen und Munition aufmerksam gemacht wurde.
Wie diese Beispiele erneut beweisen und auch durch Hinweise bestätigt wird, gibt es jedoch immer noch erhebliche Mängel und Schwächen, die Waffen- und Munitionsverluste und Diebstähle begünstigen. Unseres Erachtens wäre es deshalb zweckmäßig, die Kontrolle über die Durchführung der Befehle und Weisungen zur Aufbewahrung und Lagerung von Waffen und Munition wesentlich zu verstärken und alle derartigen Räume usw. einer genauen Überprüfung zu unterziehen.