Zugentgleisung bei Uhlstädt, Kreis Rudolstadt, Bezirk Gera
31. Dezember 1963
Einzelinformation Nr. 800/63 über die Ursachen der Zugentgleisung des D 129 (Zugverkehr zwischen beiden deutschen Staaten) am 24. Dezember 1963
Am 24.12.1963, um 2.44 Uhr, entgleisten in der Nähe des Bahnhofs Uhlstädt, Strecke Saalfeld – Göschwitz, aus dem zwischen München – Berlin – Saßnitz verkehrenden D 129 sechs Reisezugwagen und ein Postwagen.
Infolge des Unfalls wurden sechs Personen (fünf Westdeutsche, ein Westberliner) leicht und ein westdeutscher Bürger schwer verletzt, welcher im Krankenhaus Bad Blankenburg an den Folgen dieser Verletzungen starb.
Der aufgetretene Materialschaden wird auf ca. 31 TDM1 geschätzt.
Die vom MfS eingeleiteten Überprüfungen über die Ursachen des Unfalles ergaben Folgendes:
Am Kilometer 55,18 wurde vor ca. einem Jahr ein Schienenbruch durch Einsatz eines 3 m langen Passstückes beseitigt. Dieses Passstück ist beim Befahren des D 129 infolge eines Schienenbruchs vollkommen zertrümmert worden.
Wie nach dem Unfall festgestellt wurde, befand sich in einer Laschenkammer ein alter Bruch.
Der gesamte Streckenabschnitt von Probstzella bis Saaleck befindet sich allgemein in einem schlechten Oberbauzustand, sodass bereits im Sommerfahrplan 1963 die Geschwindigkeit von 90 km/h auf 70 km/h verringert werden musste.
Zur Verbesserung des Streckenabschnittes wurden an mehreren Stellen Gleisauswechselungen und Arbeiten am Oberbau durchgeführt, jedoch nicht an der Unfallstelle.
Die Nichtdurchführung wurde von den Funktionären der Reichsbahndirektion Erfurt damit begründet, dass die erforderlichen Schienen nicht vorhanden waren.
Diese Angaben stehen aber im Widerspruch zu der bisherigen Planerfüllung der Reichsbahndirektion Erfurt in Oberbauarbeiten und Gleisauswechselungen, die bis zum 10.12.1963 erst mit 77,3 % erfüllt wurden, woraus sich die Tatsache ergibt, dass für die nichterfüllten Planaufgaben die vorhandenen Oberbaustoffe einschließlich Schienen im Reichsbahndirektionsbezirk Erfurt vorhanden waren.
In der entsprechenden Hauptverwaltung des Ministeriums für Verkehrswesen liegen Hinweise vor, dass in der Reichsbahndirektion Erfurt keine Übereinstimmung zwischen Planablauf, Materialforderungen, Arbeitskräfteeinsatz und technologischen Vorbereitungen besteht.
Dem zuständigen Stellvertreter des Ministers für Verkehrswesen wurde der Einsatz einer Kommission empfohlen, die untersuchen soll, ob die bisher gelieferten Oberbaumaterialien in den vorhandenen Schwerpunkten eingebaut wurden und welche Maßnahmen insgesamt eingeleitet werden müssen, um derartige Unfälle, besonders bei Zügen im Verkehr zwischen beiden deutschen Staaten, zu verhindern.
Da es schon wiederholt zu Unfällen im Verkehr zwischen beiden deutschen Staaten kam, wird auf den daraus gleichzeitig entstehenden politischen Schaden aufmerksam gemacht.
Diese Unfälle sind geeignet, vom Gegner für Beeinträchtigungsversuche des Ansehens der DDR und für Behauptungen ausgenutzt zu werden, dass die Deutsche Reichsbahn und damit die DDR die sichere Beförderung von westdeutschen sowie ausländischen Bürgern nicht garantieren kann.