Auftreten größerer Diskussionsgruppen auf dem Alexanderplatz
10. April 1964
Einzelinformation Nr. 301/64 über das Auftreten größerer Diskussionsgruppen auf dem Alexanderplatz am 9. April 1964
Auf Beschluss der Bezirksleitung der FDJ führte das Sonderstudio Deutschlandtreffen des Berliner Rundfunks1 am 9.4.1964 in der Zeit von 17.00 bis 18.00 Uhr vor dem Automaten-Restaurant am Alexanderplatz einen Agitationseinsatz zum Deutschlandtreffen2 durch. Während des Einsatzes führte der freie Mitarbeiter des Staatlichen Rundfunkkomitees, [Vorname Name], im Auftrag des Studios mit verschiedenen Personen Interviews durch, wobei er u. a. auch mit einer Gruppe Schweizer Touristen ins Gespräch kam. Während die Mehrzahl positiv diskutierte, äußerte sich ein Schweizer Staatsangehöriger negativ über seine Eindrücke im demokratischen Berlin. Zur gleichen Zeit entwickelten sich mehrere Diskussionsgruppen, deren Stärke durch den Passantenverkehr ständig wechselte und zeitweise bis zu 200 Personen betrug. Insgesamt konnten zwar keine hetzerischen Äußerungen festgestellt werden, von einzelnen Personen wurden jedoch Argumente des Gegners in die Diskussion gebracht, die sich auf die Staatsgrenze, Vergleiche des Lebensstandards zwischen der DDR und Westdeutschland sowie auf Vergleiche zwischen Löhnen und Gehältern bezogen.
Unter den negativ diskutierenden Personen waren auch westdeutsche Bürger, die dies teilweise in der Diskussion offen zu erkennen gaben. Die von diesem Personenkreis geführten Diskussionen gingen zwar von den Argumenten der westlichen Propaganda aus, wurden aber im Wesentlichen sachlich geführt.
Einzelne Jugendliche gingen dabei von Gruppe zu Gruppe, um die Diskussionen immer wieder erneut anzuregen.
Da die anwesenden Genossen und fortschrittlichen Bürger ständig in neue Auseinandersetzungen verwickelt wurden, bestanden diese Diskussionsgruppen bis gegen 24.00 Uhr. Anschließend war die Lage auf dem Alexanderplatz wieder normal.
Um in Zukunft den reibungslosen Ablauf derartiger Veranstaltungen zu gewährleisten, wäre es notwendig, dass die Organisatoren die entsprechenden Sicherheitsorgane informieren, um geeignete Absicherungsmaßnahmen einleiten zu können.