Auftreten von ausländischen Studenten der Universität Rostock
20. November 1964
Einzelinformation Nr. 1028/64 über das Auftreten von ausländischen Studenten der Universität Rostock gegen Veränderungen in der Unterbringung
Zu Beginn des Studienjahres 1964/65 wurde festgestellt, dass ein großer Teil der DDR-Studenten der Universität Rostock, obwohl bereits fünf bis sechs Studenten in einem Zimmer wohnen, nicht ordnungsgemäß untergebracht werden kann. (Ca. 150 Studenten mussten daraufhin in Notunterkünften untergebracht werden.) Da demgegenüber die ausländischen Studenten, vorwiegend aus afrikanischen Ländern und aus Indonesien, nur Einzel- oder Zwei-Bettzimmer bewohnen, wurden auf Veranlassung des Prorektors der Universität Rostock durch die Heimleitungen im Wohnheim Südvorstadt mit den Ausländern am 2. und 9.11.1964 Aussprachen geführt, mit dem Ziel die volle Ausnutzung der Zimmer zu erreichen und die 2-Bettzimmer mit einem dritten Ausländer, möglichst aus dem gleichen Land, zu belegen. Alle diese Aussprachen brachten keine Einigung. Eine Aussprache am 11.11.1964 mit zwölf geladenen Ausländern im Rektorat bei Prof. Heidorn1 führte ebenfalls zu keinem Erfolg. Die Vorschläge der Heimleitungen wurden vor allem von den Nigerianern und Indonesiern abgelehnt.
Wie dem MfS weiter bekannt wurde, fand am 12.11.1964 auf Initiative der Nigerianer eine interne Vollversammlung aller afrikanischen Studenten im Wohnheim statt, auf der eine bessere Ausnutzung der Zimmer durch Belegung mit jeweils drei ausländischen Studenten kategorisch abgelehnt wurde. Die indonesischen Studenten hatten bereits am 7.11.1964 in einer Versammlung den gleichen Beschluss gefasst. Sowohl die indonesischen als auch die afrikanischen Studenten verfassten Protestresolutionen und führten Unterschriftensammlungen durch, denen sich 48 afrikanische und neun indonesische Studenten anschlossen. Aus den sinngemäß gleichlautenden Begründungen der Ablehnung und den Forderungen geht hervor, dass offensichtlich eine vorherige Abstimmung zwischen diesen Gruppen erfolgt ist.
Im Wesentlichen wird die Ablehnung damit begründet, dass
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die Zimmer (3,5×5 m) für drei Personen zu klein wären,
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die deutschen Kommilitonen jede Woche nach Hause fahren und ihre Sachen zu Hause lassen könnten, während die ausländischen Studenten alle Gegenstände in ihrem Zimmer aufbewahren müssten,
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ihnen ihr Zimmer ihre Heimat ersetzen müsste,
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bei einer weiteren Zusammenlegung die Leistungen des Einzelnen stark beeinträchtigt würden.
In diesem Zusammenhang wird von den indonesischen Studenten gefordert, ihnen die Möglichkeit zu geben, sich Privatzimmer zu mieten, um Zimmer für DDR-Studenten freizumachen. Zwei Nigerianer erklärten, dass sie für die Zusammenlegung eine Bescheinigung von der Universität fordern. Damit würden sie dann die Universität verlassen und eventuell in Westdeutschland weiterstudieren.
In einer Aussprache des Rektors der Universität Rostock mit einer Delegation von zwölf Ausländern am 16.11.1964 forderten diese erneut eine Vollversammlung. Diese Forderungen wurden abgelehnt. Gegenwärtig wird versucht, durch sachliche Diskussionen in kleineren Gruppen die ausländischen Studenten von der Notwendigkeit dieser Maßnahme zu überzeugen. Weiter werden mit dem Oberbürgermeister der Stadt Rostock Verhandlungen über die Beschaffung von zusätzlichen Unterkunftsmöglichkeiten geführt.
Der 1. Sekretär der Bezirksleitung der SED, Genosse Tisch,2 ist über diese Vorgänge informiert.
Vom MfS wurden entsprechende Sicherungsmaßnahmen eingeleitet.