Bahnbetriebsunfall mit Todesfolgen bei Werdau
29. August 1964
Einzelinformation Nr. 710/64 über einen Bahnbetriebsunfall bei Werdau mit Todesfolgen am 29. August 1964
Am 29.8.1964, gegen 3.25 Uhr, erfolgte im Ausfahrtbereich des Bahnhofes Werdau, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt, eine Flankenfahrt zwischen der Dampflok 38261 und einem Durchgangsgüterzug Nr. 6482, beladen mit Kohle.
Durch diese Flankenfahrt entgleisten aus dem Durchgangsgüterzug acht mit Kohle für Westdeutschland beladene O-Wagen. (Die Wagen sind Eigentum der Deutschen Bundesbahn.) Ebenfalls entgleiste die Leerlok 38261. Drei Wagen sowie die Leerlok stürzten an der Leubnitzer Brücke – unmittelbar im Stadtgebiet von Werdau gelegen – vom Bahnkörper und schlugen auf der 25 m darunter gelegenen Straße Werdau – Leubnitz auf. Ein Wagen zerstörte dabei den Teil eines einstöckigen Wohnhauses.
Durch die Entgleisung und den Absturz der Wagen wurde das Personal der Dampflok, Lokführer [Name 1, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1903 in Zwickau, wohnhaft Leubnitz b. Werdau, [Straße, Nr.], und Heizer [Name 2, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1944 in Werdau, wohnhaft Werdau, [Straße, Nr.], beide beschäftigt auf dem Bahnhof Werdau, tödlich verletzt.
Nach Einschätzung der Deutschen Reichsbahn entstand ein Gesamtschaden von 25 000 MDN an den beiden Loks, an acht Güterwagen, am Oberbau, an der Brücke, an elektrischen Fahrleitungseinrichtungen sowie am Wohnhaus. Am Wohnhaus, das inzwischen geräumt werden musste, wurden das Dach sowie eine Eckfront beschädigt. Personenschaden im Wohnhaus ist nicht entstanden.
Die Ermittlungen zur Ursache des Bahnbetriebsunfalles ergaben Folgendes: Die beiden tödlich Verunglückten überfuhren vermutlich fahrlässig das Haltesignal im Ausfahrtbereich des Bahnhofes Werdau. Die dadurch entstandene Gefahr müssen beide noch bemerkt haben, da von ihnen die Schnellbremsung eingeleitet wurde, die aber nicht mehr wirksam werden konnte. Bereits beim Überfahren des Haltesignals wurde von der Leerlok eine Weiche aufgeschnitten, wonach die Lok mit dem Tender voran erst im Profil des durchgehenden Güterzuggleises zum Halten gebracht werden konnte. Auf diesem Gleis näherte sich der Durchgangsgüterzug 6482 mit einer E-Lok und ca. 1 000 t Gewicht. Der Stellwerkwärter [Name 3], der die Gefährdung bemerkt hatte, gab für den Durchgangsgüterzug Haltesignale; die E-Lok fuhr jedoch infolge zu langen Bremsweges auf die Dampflok auf. Die Schuld am Unfall liegt damit einwandfrei im fahrlässigen Verhalten der beiden tödlich verunglückten Eisenbahner.
Die Strecke Werdau – Zwickau – Reichenbach ist vermutlich bis 29.8.1964, 18.00 Uhr, gesperrt. Der Zugverkehr wurde über Crimmitschau umgeleitet. Auf der Straße Werdau – Leubnitz sind die Aufräumarbeiten im Gange.