Brandt und Bahr zur Rückgabe Stoph-Briefs an Brandt
11. Januar 1964
Einzelinformation Nr. 31/64 über Äußerungen Brandts und Bahrs zur Rückgabe des Briefs des stellvertretenden Ministerpräsidenten Stoph an Willy Brandt
Der westdeutsche Journalist Stehle1 teilte über Äußerungen von Brandt2 und Bahr3 zur Rückgabe des an Brandt gerichteten Briefes4 von Willi Stoph5 an die DDR Folgendes mit.6 Brandt habe ihm gegenüber geäußert, dass die Bundesregierung in Verhandlungen mit dem Senat7 darauf bestanden habe, den Brief Willi Stophs an Brandt der Regierung der DDR zurückzugeben. Brandt habe deshalb Befürchtungen, dass weitere Verhandlungen scheitern könnten, worüber sich nur diejenigen freuen würden, die von vornherein gegen Verhandlungen waren. Er hoffe, dass die DDR dafür Verständnis habe und den gleichen guten Willen zeige wie der Senat. Es komme darauf an, diese gefährliche Klippe zu überwinden. Senatsrat Korber8 habe deshalb die Weisung erhalten, die Rückgabe des Briefes möglichst unter vier Augen und unter Vermeidung jeglicher Brüskierung der DDR zu vollziehen. Senatspressechef Bahr habe mit Bundespressechef Hase9 vereinbart, dass über den Verbleib des Briefes ebenso wie über den Verbleib des letzten Schreibens10 von Abusch11 keine Auskunft gegeben wird. Es könne allerdings niemand dafür garantieren, dass sich alle an diese Vereinbarung halten. Bahr habe Stehle gegenüber geäußert, die Rückgabe des Briefes von Willi Stoph solle kein Zurückgehen hinter das abgeschlossene »Verwaltungsabkommen«, sondern nur eine Rückkehr auf die Plattform dieses Abkommens12 bedeuten. In der gegenwärtigen Situation sei dem Senat mit dem Austausch von Briefen nicht gedient. Darüber hinaus seien im Brief von Willi Stoph Themen angeschnitten, die über die Frage des Personenverkehrs hinausreichten.13
Die Bundesregierung habe über die Rückgabe des Briefes einen Beschluss gefasst und dabei nicht nur unter dem Druck des rechten Flügels der CDU gestanden. Auch der Botschafter der USA und die Vertreter der anderen Westmächte hätten auf einer Rückgabe bestanden. Sie befürchteten eine Schwächung ihrer Positionen in künftigen Verhandlungen mit der Sowjetunion, wenn sich höchste Instanzen in Westberlin mit höchsten Instanzen in der DDR in Verhandlungen begeben.
Krone14 habe diese Entscheidung der Bundesregierung Brandt bereits bei seinem letzten Besuch in Westberlin angedeutet. Zugleich habe Krone zu verstehen gegeben, dass Brandt das Auftreten der CDU-Fraktion in der Debatte des Abgeordnetenhauses am 9.1.1964 nicht zu genau nehmen solle.15 Auch die Bundesregierung sei damit nicht völlig einverstanden. Sie müsse aber die bevorstehenden Wahlen berücksichtigen.
Bahr wies Stehle noch auf seinen »positiven Kommentar« zur Regierungserklärung der DDR in der Frage des Berliner Abkommens hin.16
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