Diebstähle und Fluchthilfe durch Transportpolizisten
25. Juni 1964
Einzelinformation Nr. 511/64 über Diebstähle und Unterstützung von Republikverrat durch Angehörige der Transportpolizei im Abschnitt Magdeburg
Aufgrund von Hinweisen des MfS konnten durch die Abt. K des Trapoabschnittes Magdeburg die seit Mitte 1962 festgestellten ständigen Transportdiebstähle in Zügen des West – West-Verkehrs (Westdeutschland – Westberlin und Westberlin – Westdeutschland) aufgeklärt werden. Bisher wurden 25 Transportpolizisten des Trapoabschnittes Magdeburg bekannt, die in die Diebstähle verwickelt waren. Davon wurden 19 Angehörige als Täter ermittelt. Zwölf wurden fristlos entlassen und in Untersuchungshaft genommen und gegen sieben wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Bei den Trapo-Angehörigen handelt es sich um Personen im Alter zwischen 20 und 58 Jahren in einem Dienstalter von zwei bis über 15 Jahren. Sie wurden vom Transportpolizeirevier Magdeburg Hauptbahnhof wechselnd als Kommando in einer Stärke von 1: 3 zur Dienstverrichtung zum Bahnhof Magdeburg-Sudenburg abkommandiert. Dort wurden die Diebstähle im Wesentlichen auch beim Betriebshalt der West – West-Züge durchgeführt.
Nach den bisherigen Ermittlungen wurden von ihnen Autoteile, elektrische Geräte, Kofferradios, Plattenspieler, Tonbandgeräte, Pelz- und Ledermäntel, Stoffe, Kleider und Schuhe, Bananen, Apfelsinen, Zigaretten, Sekt, Wein und ähnliche Gegenstände gestohlen. Bei den Hausdurchsuchungen wurde neben diesem Diebesgut auch umfangreiche Schundliteratur gefunden.
Der Umfang und die Organisiertheit der Diebstähle gingen soweit, dass z. B. in der Gruppe des Streifenführers [Name 1, Vorname], geboren am [Tag, Monat] 1906 (Angehöriger der VP seit 1952), der mit seinen fünf Streifenposten an den Diebstählen beteiligt war, Angehörige seiner Streife, die sich in Urlaub befanden oder dienstfrei hatten, die gestohlenen Gegenstände anteilmäßig nach Rückkehr aus dem Urlaub bzw. bei Wiederaufnahme ihres Dienstes erhielten. In einem anderen Falle wurde der älteste Angehörige der Transportpolizei (61 Jahre alt, ehemaliges Mitglied der KPD), der sich nicht selbst am Diebstahl unmittelbar beteiligte, mit Diebesgut »zum Schweigen« bestochen.
Zwei der ebenfalls an den Diebstählen beteiligten Transportpolizisten [Name 2, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1941, und [Name 3, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1941, wussten außerdem vom versuchten Republikverrat des [Name 4, Vorname], ehemaliger Lokheizer im BW Magdeburg Hauptbahnhof, und des Lokheizers [Name 5], ebenfalls beschäftigt im BW Magdeburg Hauptbahnhof. Die beiden Transportpolizisten wussten nicht nur von der Absicht dieser Personen und waren bei entsprechenden Vereinbarungen über die Vorbereitung des Republikverrats zugegen – ohne darüber Meldung zu erstatten oder dagegen aufzutreten –, sondern sie gaben z. B. dem genannten [Name 4] Hinweise, den Republikverrat im Gebiet von Potsdam-Babelsberg zu versuchen, weil nach ihrer Auffassung dort die günstigsten Möglichkeiten bestünden. [Name 4] wurde dann auch im Raum Potsdam-Babelsberg beim versuchten Republikverrat gestellt und inhaftiert.
Die beiden Transportpolizisten [Name 2] und [Name 3] gingen sogar so weit, mit Wissen des [Name 5] dessen Wohnungseinrichtung im Falle des Gelingens des Republikverrates unter sich aufzuteilen. (Auch bei [Name 5] konnte der Republikverrat verhindert werden.)
Die Untersuchungen über den gesamten Umfang der von den Transportpolizisten begangenen Handlungen, über den Gesamtschaden und Einzelheiten einschließlich der Ursachen und begünstigenden Umstände sind noch im Gange. Bei Vorliegen näherer Untersuchungsergebnisse wird ergänzend informiert.