Festnahme einer angeblich dänischen Staatsbürgerin
22. Mai 1964
Einzelinformation Nr. 412/64 über die Festnahme einer angeblichen dänischen Staatsbürgerin am 19. Mai 1964 auf dem KPP Bahnhof Friedrichstraße
Am 19.5.1964, 0.30 Uhr, erschien auf dem KPP Bahnhof Friedrichstraße eine weibliche Person, die sich als die dänische Staatsbürgerin [Name, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1942 in Kopenhagen, zuletzt Einkäuferin in der Druckerei Aller-Preß in Kopenhagen, wohnhaft Kopenhagen, [Straße, Nr.], zzt. auf Urlaubsreise in Westberlin und im »Hotel am Zoo« aufhält, ausgab und erklärte, dass ihre sämtlichen Personalpapiere (Pass und Devisenbescheinigung) abhandengekommen wären. Eine sofortige Überprüfung ergab, dass am 19.5.1964, 0.15 Uhr, eine Person auf die Papiere der [Name] nach Westberlin ausgereist ist.
Die angebliche [Name] gab auf Befragen an, dass sie am 18.5.1964 (nachdem sie bereits am Vormittag zu einer »Stadtbesichtigung« in der Hauptstadt der DDR gewesen sei) gegen 20.15 Uhr erneut eingereist sei, um sich die Kundgebung und das Feuerwerk auf dem Marx-Engels-Platz anzusehen. Dort sei ihr auch – nachdem sie die Gaststätte »Casino« im Friedrichstadtpalast besucht hatte – in der Zeit von 21.00 bis 23.30 Uhr die Handtasche mit allen Dokumenten abhandengekommen.
Da die angebliche [Name] keinerlei Dokumente bei sich hatte, die sie hätten identifizieren können und den Verlust erst später – nachdem eine andere Person bereits mit den fraglichen Papieren ausgereist war – anzeigte, bestand der begründete Verdacht, dass die angebliche [Name] an einer Schleusung beteiligt war, wie sie von Westberliner Schleuserorganisationen nach dem Ähnlichkeitsprinzip praktiziert wird. Aus diesem Grunde wurde gegen sie ein E-Verfahren mit Haft eingeleitet.
Die verspätete Verlustmeldung – gegen 23.30 Uhr sei der Verlust der Tasche von ihr erst bemerkt worden – begründet sie damit, dass sie noch eine Zeitlang versucht hätte, die Tasche wiederzufinden. Obwohl praktisch der Verlust der am Körper getragenen Tasche kaum über mehrere Stunden unbemerkt bleiben kann, sie auch nicht sofort Meldung darüber erstattete und erst unmittelbar nach der Ausreise der geschleusten Person am KPP erschien, bleibt die [Name] bei ihrer Aussage, die Tasche mit den Dokumenten verloren zu haben. Aufgrund dessen ist vorgesehen, sie nach Aufhebung des Haftbefehls nach Dänemark zu entlassen.
Zur Verhinderung der bereits angekündigten Pressekampagne gegen die DDR im Zusammenhang mit der Verhaftung wird vorgeschlagen, durch das MfAA an die dänischen Behörden eine entsprechende Erklärung zu geben, in der gegen das Verhalten der angeblichen [Name] protestiert wird. Weiter wäre es zweckmäßig, der Presse eine entsprechende Veröffentlichung zu übergeben.1