Festnahme von drei Angehörigen der englischen Militärpolizei
6. April 1964
Einzelinformation Nr. 286/64 über die Festnahme von drei Angehörigen der englischen Militärpolizei im Durchgang zur Enklave »Erlengrund« (DDR-Territorium) am 5. April 1964
Am 5.4.19641, gegen 14.10 Uhr, wurden im Bereich der 1. Kompanie 36. Grenzregiment, südlich der Ortschaft Nieder Neuendorf, im Durchgang zur Enklave »Erlengrund« ca. 60 m auf dem Territorium der DDR die Angehörigen der englischen Militärpolizei Corporal [Name 1] Nr. [Dienst-Nr.], Corporal [Name 2] Nr. [Dienst-Nr.], Lance Corporal [Name 3] Nr. [Dienst-Nr.] festgenommen. Die drei Besatzer drangen von Westberlin aus durch den Grenzraum in den Durchgang zur Enklave »Erlengrund« in das Gebiet der DDR ein. (Die Enklave befindet sich ca. 80 m von der Staatsgrenze entfernt auf dem Territorium der DDR.)2
Nachdem die Besatzer sich ca. 35 m vom Grenzraum entfernt auf dem Gebiet der DDR befanden, wurden sie durch unsere Grenzsicherungskräfte zum Stehenbleiben aufgefordert. Da die Besatzer jedoch in Richtung Westberlin zu entkommen versuchten, gab der Postenführer einen Warnschuss ab. Daraufhin blieben die Besatzer stehen. Einer weiteren Aufforderung unserer Grenzposten, näher zu kommen, leisteten die Engländer nicht Folge. Der Postenführer gab abermals zwei weitere Warnschüsse ab. Erst danach begaben sich die Engländer mit erhobenen Händen in Richtung unserer Posten, wo sie ca. 60 m auf dem Gebiet der DDR festgenommen und in das Hinterland geführt wurden.
Da die Posten über das Grenzmeldenetz keine Verbindung zur Kompanie erhielten, gab der Postenführer einen weiteren Feuerstoß (vier Schuss) zur Alarmierung der Kompanie ab. Gegen 14.20 Uhr erschien eine Kradstreife, die anschließend den Kompaniechef von der Festnahme der drei Besatzer informierte.
Um 14.40 Uhr traf der Kompaniechef Oltn. [Name 4] ein, der von den Besatzern die Abgabe der Waffen verlangte. Corporal [Name 1] übergab seinen Colt, während die anderen Besatzer 35 Schuss MPi-Munition und ein leeres Magazin übergaben. Eine Leibesvisitation wurde nicht durchgeführt. Die Besatzer leisteten keinen Widerstand. Auch die Überführung zur Kompanie Nieder Neuendorf verlief ohne Zwischenfälle. In der Kompanie wurden sie im Dienstzimmer des Kompaniechefs untergebracht und erhielten auf Anweisung der Leitung der Grenzbrigade die ihnen abgenommene Waffe, die Munition und das Magazin zurück. Als Ursache der Grenzverletzung führte Corporal [Name 1] an, dass sie nicht gewusst hätten, dass sie sich auf dem Territorium der DDR befunden haben, als sie den mit Stacheldraht umzäunten Weg entlang gingen. Sie wären erst drei Monate in Westberlin stationiert und würden sich nicht richtig auskennen.
Auf Weisung des Stellvertreters des Ministers für Nationale Verteidigung, Admiral Verner,3 wurden die drei britischen Militärangehörigen am 5.4.1964, gegen 18.15 Uhr, an die Vertreter der britischen Armee (Stadtkommandantur von Westberlin) am KPP Staaken übergeben. Bei der Übergabe wurde durch den Vertreter des Stadtkommandanten der Hauptstadt der DDR, Oberst Herkner,4 gegen die Grenzverletzung schärfstens protestiert und darauf hingewiesen, derartige Vorkommnisse in Zukunft zu unterbinden. Der Protest wurde durch den verhandlungsführenden britischen Major ohne Kommentar entgegengenommen. Anschließend wurde ein Übergabeprotokoll von beiden verhandlungsführenden Seiten unterzeichnet, das folgenden Wortlaut hat: »Auf Ersuchen eines Vertreters des britischen Hauptquartiers betreffs der Übergabe der am 5.4.1964 bei der Verletzung des Territoriums der Deutschen Demokratischen Republik festgenommenen britischen Militärangehörigen werden diese und die bei ihnen vorgefundenen Waffen und Ausrüstungsgegenstände auf Weisung des Stadtkommandanten der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik Berlin an einen Bevollmächtigten Vertreter des britischen Stadtkommandanten von Westberlin übergeben.«
Die Unterschriften leisteten Oberst Herkner und der britische Major, dem auch ein Duplikat des Übergabeprotokolls ausgehändigt wurde.
Nach der Übergabe wurden die festgenommenen Militärpolizisten getrennt und jeweils in verschiedenen Fahrzeugen abtransportiert.