Feuergefecht bei Grenzdurchbruch nach Westberlin (Kurzfassung)
14. September 1964
Einzelinformation Nr. 771b/64 über den Grenzdurchbruch am 13. September 1964 nach Westberlin mit Feuerunterstützung von US-Besatzern und Westberliner Polizei gegen die Grenzsicherungskräfte der DDR [Kurzfassung]
Am 13.9.1964, gegen 5.20 Uhr, gelang es einer bisher nicht identifizierten ca. 20 Jahre alten männlichen Person im Grenzabschnitt der 2. Kompanie des Grenzregiments 35 – Bereich Alte Jacobstraße – Stallschreiberstraße (Nähe Spittelmarkt) mit aktiver Feuerunterstützung durch US-Besatzer und Westberliner Polizeikräfte die Staatsgrenze nach Westberlin zu durchbrechen.
laut Westpresse1 heißt der betreffende2
Über den Verlauf dieses Grenzdurchbruches wurde Folgendes bekannt: Durch unseren 150 m links der Durchbruchstelle (Postenturm 8. Oberschule Stallschreiberstraße) eingesetzten Grenzposten wurde gegen 5.20 Uhr beobachtet, wie eine männliche Person sich im Laufschritt unmittelbar in Richtung Grenze bewegte. Da diese Person weder auf Anruf noch auf Warnschuss reagierte, wurden weitere Schüsse abgegeben.
Als zwei Angehörige der NVA den Grenzverletzer festzunehmen versuchten, ohne dabei von der Schusswaffe Gebrauch zu machen, eröffneten Kräfte der Westberliner Polizei und US-Besatzer gezieltes Feuer auf die beiden NVA-Angehörigen. Die Westberliner Polizeikräfte und die US-Besatzer hatten sich zu diesem Zweck in die auf westlicher Seite gelegenen Häuser und an die Grenzmauer begeben und dort Schießscharten und Feuerpunkte eingerichtet. Selbst als die beiden unbewaffneten NVA-Angehörigen versuchten, den durch Schüsse getroffenen Grenzverletzer ins Hinterland zu transportieren, wurde das gezielte Feuer fortgesetzt. Durch einen Westberliner Polizisten wurde ferner eine Tränengashandgranate gegen die NVA-Angehörigen geworfen.
Von der Westseite her wurde zu diesem Zeitpunkt auf einer Breite von ca. 250 m konzentriertes und gezieltes Feuer auf die ihren Dienst versehenden NVA-Angehörigen geführt. Im Schutze dieses konzentrierten Feuers erkletterte ein US-Besatzer die Mauerkrone und zog – mit Unterstützung weiterer Kräfte – den Grenzverletzer mit einem Seil auf die Westseite.
Die Handlungen der Angehörigen der Westberliner Polizei und der Besatzer wurden laufend durch Morddrohungen von Westberliner Zivilpersonen aus den Häusern der Stallschreiberstraße unterstützt. (Diese Häuser gehören zum sogenannten Senatsviertel und werden größtenteils von Angestellten des Westberliner Senats bewohnt.)3
Bisherige Untersuchungen ergaben, dass ca. zehn US-Besatzer sowie ca. 40 Duensing- bzw. Bereitschaftspolizisten4 an dieser schweren Provokation beteiligt waren. Die Westberliner Polizei wurde insbesondere durch das aktive Eingreifen der US-Besatzer zu derartigen Handlungen angehalten.
Von Westberliner Seite aus wurden ca. 100 Schuss auf Grenzsicherungskräfte und Territorium der DDR abgegeben. An Gebäuden und Einrichtungen der DDR wurden mehrere Einschüsse festgestellt. Neben mehreren Projektilen vom Kaliber 7,62 mm wurden am Tatort sieben Kunststoffsplitter einer Reizstoffhandgranate sichergestellt. Die technische Untersuchung durch das MfS ergab, dass es sich bei dieser Handgranate um eine solche handelt, die bei amerikanischen bzw. englischen Streitkräften benutzt wird. (Die Wirkung des Reizstoffes führt zur Entzündung von Augen, Haut und Atmungsorganen.)