Flucht nach Westberlin
13. Juni 1964
Einzelinformation Nr. 484/64 über einen Grenzdurchbruch in Berlin-Rosenthal, Wilhelmsruher Damm, am 12. Juni 1964
Am 12.6.1964, gegen 12.15 Uhr, durchbrachen die Dr. med. [Name 1, Vorname 1], geborene [Name 2], wohnhaft Berlin C 2, [Straße, Nr.], und der [Name 2, Vorname 2], wohnhaft Berlin N 4, [Straße, Nr.], im Abschnitt Wilhelmsruher Damm die Staatsgrenze nach Westberlin. (Nach Angaben der Westpresse sollen jedoch der Ehemann sowie die Mutter der [Name 1] ebenfalls mit flüchtig geworden sein.)1
Die bisherigen Untersuchungen des Grenzdurchbruches ergaben Folgendes: Gegen 12.15 Uhr stellte das im Wilhelmsruher Damm eingesetzte Postenpaar fest, dass vom Westberliner Gebiet aus mehrere Nebeltöpfe auf das Territorium der DDR geworfen wurden. Zum gleichen Zeitpunkt näherte sich aus Richtung Rosenthal kommend ein Pkw Trabant auf dem Wilhelmsruher Damm der Staatsgrenze. Der Trabant fuhr mit hoher Geschwindigkeit in die ca. 150 m von der Grenze entfernte Vorsperre und blieb darin stecken. Nach Angaben der Posten, die ca. 250 m von der Durchbruchstelle entfernt waren, sollen zwei Personen den Pkw verlassen und sich in großen Sprüngen der Grenze genähert haben. Zu diesem Zeitpunkt konnte das Postenpaar jedoch noch nicht die Waffen anwenden, weil sich in der Schussrichtung bewohnte Häuser befinden. Als die Posten das Feuer eröffneten (14 Schuss) trafen sie die im Nebel nur undeutlich erkennbaren flüchtigen Personen nicht. Am Durchbruchsort wurden jedoch Spuren von mehr als zwei Personen festgestellt. Der Pkw Trabant (IN 08–11) wurde sichergestellt. (Als Besitzer des Pkw ist der Dr. [Vorname 2 Name 1], wohnhaft Berlin C 2 eingetragen.) Im Pkw wurden verschiedene Gegenstände vorgefunden, aus denen geschlossen werden kann, dass es sich um die erwähnten Personen handelt.
Die Grenzsperre war in einer Breite von einem Meter zerschnitten und die Schnittstellen waren mit alten Teppichresten abgedeckt. Weiter wurden an der Durchbruchstelle drei Konservenbüchsen westlicher Herkunft gefunden, die vermutlich als Nebelkörper dienten.
Unmittelbar in den Sicherungsanlagen wurden ein Sprechfunkgerät (japanischer Herkunft), eine Drahtschere und ein Fernglas aufgefunden.
Zum Zeitpunkt der Besichtigung der Durchbruchstelle waren auf Westberliner Seite ca. 15 Angehörige der Bereitschaftspolizei mit Stahlhelmen und Schnellfeuergewehren in Stellung gegangen.
Nach Angaben der Westberliner »Bild-Zeitung« soll der Grenzdurchbruch von zwölf Westberliner Fluchthelfern, vermutlich größtenteils Korps-Studenten, organisiert und unterstützt worden sein.
Die Untersuchungen werden weitergeführt.