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Flugblattverteilung mit Ballons im Juni

22. Juni 1964
Einzelinformation Nr. 503/64 über die verstärkte Hetzschrifteneinschleusung mittels Ballons in der Zeit vom 16. bis 17. Juni 1964 in das Gebiet der DDR

Nachdem im Monat Mai 1964 in der Einschleusung von Hetzschriften mittels Ballons ein erheblicher Rückgang eingetreten war – im Monat April betrug die Einschleusung über 200 000 Hetzschriften gegenüber 18 100 Exemplaren im Monat Mai –, hat sich insbesondere seit dem 16.6.1964 wieder eine verstärkte Ballontätigkeit vom Territorium Westdeutschlands aus gezeigt.

Während in der Zeit vom 1. bis 15.6.1964 insgesamt ca. 13 000 verschiedene bereits bekannte Hetzflugblätter mittels Ballons in die DDR eingeschleust wurden, stieg die bisher festgestellte Zahl der eingeschleusten Hetzschriften am 16. und 17.6.1964 um weitere 37 100 Exemplare.

Territorialer Schwerpunkt der Hetzschrifteneinschleusung am 16. und 17.6.1964 ist der Bezirk Erfurt mit rund 24 600 bisher aufgefundenen Exemplaren. Danach folgen die Bezirke Potsdam, Halle, Frankfurt/O. und Berlin.

Neben einigen alten bereits bekannten Hetzschriften, die am 16. und 17.6.1964 eingeschleust wurden, handelt es sich in erster Linie – etwa bei 32 000 Exemplaren – um neue Hetzschriften, insbesondere um die Ausgaben »Der große Sprung in die Freiheit« und die »Presserundschau für die bewaffneten Organe«. Die Hetzschriften »Der große Sprung in die Freiheit« (Größe 10×7 cm) sind speziell an die »Kameraden des Grenzregiments 5« gerichtet und beinhalten in der Form von Postsendungen, versehen mit 12 verschiedenen Faksimile von jeweils einem fahnenflüchtigen Angehörigen der NVA/Grenze, kurze Mitteilungen über das angeblich »schöne« und »sorglose« Leben in Westdeutschland, offensichtlich mit dem Ziel, weitere Fahnenfluchten zu erreichen. Bei der zweiten neuen Hetzschrift »Presserundschau« (Größe 28×19 cm) handelt es sich um eine wörtliche Wiedergabe des Interviews Prof. Havemanns1 mit dem »Hamburger Echo am Abend«.2

Ein verstärkter Anfall von Hetzmaterial war am 17.6.1964 an der Staatsgrenze Berlin zu verzeichnen, wobei Hetzschriften, zum Teil in Flaschen verpackt, über die Grenzsicherungsanlagen geworfen wurden.

So wurden am 17.6.1964, gegen 2.15 Uhr, im Abschnitt des GR 33 (Postenbereich Liesenfriedhof) von Westberliner Seite aus durch unbekannte Personen ca. 1 100 Hetzflugblätter (Größe 15×10,5 cm) über die Grenzsicherungsanlagen geworfen. In dem Hetzmaterial wird ein sogenannter Aufruf an die Grenzsoldaten gerichtet, nicht zu schießen. (Die Hetzschriften konnten unmittelbar nach der Provokation durch das MfS sichergestellt werden.) Unterzeichnet ist die Hetzschrift mit »Vereinigung 17. Juni 1953 e.V.«3

Am gleichen Tag in der Zeit von 0.00 bis 4.00 Uhr wurden im Abschnitt der 3. Kompanie, GR 32, 2. GBr. (zwischen Kaserne Groß-Glienicke und VEB Carolinenhöhe) elf Flaschen, in denen sich insgesamt ca. 600 gleiche Hetzschriften (Aufforderung, nicht zu schießen) befanden, aufgefunden. Bei den Tätern im Gelände der 3. Kompanie handelt es sich vermutlich um Angehörige des Westberliner Zolls.

In der Anlage wird je ein Exemplar der bisher noch nicht bekannten Hetzschriften beigefügt.

Anlagen

7 Hetzschriften [nicht überliefert]

  1. Zum nächsten Dokument Reaktionen des Westberliner Senats auf Freundschaftsvertrag mit UdSSR

    22. Juni 1964
    Einzelinformation Nr. 504/64 über die Reaktion in Kreisen des Westberliner Senats auf den Freundschaftsvertrag DDR – UdSSR

  2. Zum vorherigen Dokument Beschädigung von Plänen der S-Bahn in Westberlin

    20. Juni 1964
    Einzelinformation Nr. 502/64 über Beschädigungen von Fahr- und Übersichtsplänen der S-Bahn in Westberlin durch Angehörige der Westberliner Polizei