Übergriffe der Westberliner Polizei
23. November 1964
Einzelinformation Nr. 1034/64 über Übergriffe der Westberliner Polizei auf dem Reichsbahngelände in Westberlin
Am 21.11.1964 erschienen in der Zeit zwischen 16.00 und 18.00 Uhr Angehörige der Duensing-Polizei1 auf verschiedenen Westberliner Bahnhöfen2 und strichen auf den dort ausgehängten Flugplänen der Interflug die Staatsbezeichnung »Deutsche Demokratische Republik« durch.
Solche Übergriffe durch je einen Polzisten gab es auf verschiedenen Bahnsteigen der Bahnhöfe Westend, Westkreuz, Gesundbrunnen und Spandau-West. Auf dem Bahnhof Wernerwerk forderte ein Westberliner Polizist vom Aufsichtshabenden den Schlüssel für den Schaukasten. Nachdem ihm dies verweigert wurde, ging er unverrichteter Dinge weg. Anders verhielten sich dagegen Westberliner Polizisten auf dem Bahnhof Savignyplatz. Dort hing der Flugplan ebenfalls in einem verschlossenen Schaukasten aus. Nachdem dies ein Westberliner Polizist festgestellt hatte, erschienen eine knappe Stunde später vier Polizisten und forderten vom Aufsichtshabenden den Schlüssel für den Schaukasten. Nachdem ihnen die Herausgabe des Schlüssels verweigert worden war, rüttelten sie derartig am Schaukasten, dass das Schloss aus der Halterung glitt und der Schaukasten sich öffnete.
Offensichtlich aus dem gleichen Grunde besichtigten Westberliner Polizisten außerdem im gleichen Zeitraum die Bahnhöfe Innsbrucker Platz, Bellevue, Eichkamp, Wilmersdorf, Witzleben, Pichelsberg, Olympiastadion, Lehrter Bahnhof.
Die Vorkommnisse traten demzufolge in allen drei Westsektoren in Erscheinung, schwerpunktmäßig jedoch insbesondere im britischen Sektor. Da die Übergriffe der Westberliner Polizei in allen drei Sektoren am gleichen Tage bzw. zum gleichen Zeitraum erfolgten, bestehen keine Zweifel daran, dass es sich hier um eine zentral angeordnete Aktion gehandelt hat.
Die Flugpläne der Interflug waren vor ca. acht Wochen auf den Westberliner Bahnhöfen ausgehängt worden.