Verhinderte Flucht nach Westberlin bei Bergfelde
3. Dezember 1964
Einzelinformation Nr. 1081/64 über einen verhinderten Grenzdurchbruch nach Westberlin im Raum Bergfelde am 3. Dezember 1964 mit tödlichem Ausgang für einen der Grenzverletzer
Am 3.12.1964, gegen 2.10 Uhr, versuchten [Name, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1941, wohnhaft Berlin N 113, [Straße, Nr.], Beruf: Heizungsinstallateur im VEB Rohrleitungsbau, verheiratet, Frau und Kind leben in Westdeutschland, Rückkehrer, von 1962 bis 1964 in Westdeutschland, vorbestraft: 1960 wegen unberechtigter Kfz-Benutzung, November 1962 wegen Verstoß gegen das Passgesetz, und Mehr, Joachim,1 geboren 3.4.1945, wohnhaft Berlin N 58, [Straße, Nr.], Tischler im Betrieb seines Vaters (selbstständig) in Berlin N 58, [Straße, Nr.], ledig, in Höhe des Postenturmes 11 im Raum Bergfelde, [Bezirk] Berlin, die Staatsgrenze nach Westberlin zu durchbrechen.
Beide näherten sich, aus Richtung Bergefelde kommend, im Laufschritt den Grenzsicherungsanlagen. Als sie von dem in diesem Bereich eingesetzten Postenpaar erkannt und zum Stehenbleiben aufgefordert wurden, versuchten sie sich kriechend weiter in Richtung Grenzsicherungsanlagen zu bewegen. Da sich die Grenzverletzer zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem Kontrollstreifen befanden und auf die Zurufe der Posten nicht reagierten, eröffnete der Postenführer aus ca. 180 m Entfernung das Feuer – insgesamt 31 Schuss. Eine Kontrollstreife, die sich in der Nähe der Durchbruchstelle befand und die Grenzverletzer ebenfalls auf dem Kontrollstreifen bemerkte, gab gleichfalls zwei Schuss ab. Da die Grenzverletzer nach dem Feuer der Grenzposten sich nicht weiterbewegten, begaben sich die Posten und die Kontrollstreife zu den Grenzverletzern, um diese abzusichern. Etwa zum Zeitpunkt der Feuereröffnung durch unsere Sicherungskräfte erschien auf Westberliner Territorium ein VW-Bus, dem zwei Westzöllner entstiegen, die sofort ihre Waffen durchluden. Anschließend forderten die Zöllner die unmittelbar an den Grenzsicherungsanlagen liegenden Grenzverletzer auf, weiterzukriechen. Sie riefen den Grenzverletzern zu, dass sie ihnen, da sie sich noch auf dem Territorium der DDR befänden, sonst nicht helfen könnten.
Nach dieser Aufforderung versuchte auch einer der Grenzverletzer sich kriechend weiterzubewegen. Erst nach Aufforderung und erneuter Androhung des Schusswaffengebrauchs durch unsere Posten blieb der Grenzverletzer liegen.
Unter Einsatz von zwei Nebelkörpern wurden die Verletzten gegen 2.30 Uhr durch eine Alarmgruppe von der GSA entfernt und in den Deckungsgraben gebracht. Dabei wurde festgestellt, dass durch Schusseinwirkung der Mehr, Joachim tödlich und der [Name, Vorname] an beiden Beinen verletzt worden waren.
Während der Handlungen der Alarmgruppe befanden sich ca. acht Westzöllner auf Westberliner Seite der Durchbruchstelle, die unsere Sicherungskräfte gemein beschimpften. Offensive Handlungen der Zöllner wurden jedoch nicht festgestellt.
Die Verletzten wurden in das Friedrich-Wolf-Krankenhaus in Hennigsdorf eingeliefert. [Name] hat außer den Schussverletzungen eine schwere Schockwirkung erlitten und ist zzt. noch nicht vernehmungsfähig.
Die bisherigen Ermittlungen ergaben, dass beide mit einem Moped von Berlin nach Bergefelde gefahren waren, das Moped am Ortseingangsschild an der Czekowskistraße abgestellt und sich anschließend in das Grenzgebiet begeben hatten.
Die Untersuchungen zur Erforschung der Ursachen und der näheren Zusammenhänge des versuchten Grenzdurchbruchs werden fortgesetzt.