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Verlauf der 2. Besuchsperiode des Passierscheinabkommens (1)

21. Dezember 1964
1. Bericht Nr. 1130/64 über den Verlauf der 2. Besuchsperiode des Passierscheinabkommens

Der Besucherverkehr über die KPP an der Staatsgrenze in Berlin verlief am 19. und 20.12.1964 wie folgt:

[Besuchsverkehr]

19.12.

20.12.

Aufgrund der ausgegebenen Passierscheine wurden erwartet

103 325

92 625

eingereist sind

75 306 (72,8 %)

72 483 (78,3 %) (Durchschnitt im 1. Besuchszeitraum 93,75 %)

mit Kfz

5 918

6 005

Davon reisten über die einzelnen KPP ein:

[Übergang]

19.12.

20.12.

Bahnhof Friedrichstraße

41 647

41 437

Chausseestraße

7 085

6 690

Invalidenstraße

5 908

5 235

Oberbaumbrücke

9 998

8 115

Sonnenallee

10 668

11 006

Damit reisten am 19. und 20.12.1964 insgesamt 147 789 Westberliner Bürger mit Passierscheinen in die Hauptstadt der DDR ein.1

Mit Passierscheinen für dringende Familienangelegenheiten reisten außerdem 46 Personen am 19.12. und 25 Personen am 20.12.1964 ein.

Neben diesen Westberliner Bürgern reisten am 19.12. 7 724 und am 20.12. 8 395 Personen aus Westdeutschland und aus anderen nichtsozialistischen Ländern in die Hauptstadt der DDR ein.

Gleichzeitig wurden an dem KPP in Berlin am 19. und 20.12.1964 insgesamt 4 314 ausreisende und 8 753 einreisende DDR-Bürger im Rentenalter abgefertigt.2

Für die nächsten Tage ist aufgrund der ausgegebenen Passierscheine mit folgenden Einreisezahlen Westberliner Bürger zu rechnen:

  • 21.12.: 31 046,

  • 22.12.: 17 569,

  • 23.12.: 11 198,

  • 24.12.: 29 754.

Die Abfertigung der Ein- und Ausreisenden verlief an beiden Tagen reibungslos und ohne Wartezeiten. Der Schwerpunkt der Einreise lag jeweils zwischen 9.00 und 11.00 Uhr und der Ausreise zwischen 22.00 und 24.00 Uhr. Besondere, über die getroffenen Vorbereitungen hinausgehende Maßnahmen zur Sicherung einer reibungslosen Abfertigung waren nicht erforderlich. Zahlreiche Westberliner äußerten sich wieder anerkennend insbesondere über die Tätigkeit der auf DDR-Seite eingesetzten Gesundheitshelfer.

Am 20.12. versuchten Westberliner Bürger in zunehmendem Maße, den an den KPP eingesetzten DDR-Zollangehörigen Genussmittel anzubieten, was jedoch in allen Fällen zurückgewiesen wurde.

Am 19. und 20.12. wurden insgesamt 39 Westberliner Bürger, die in die Berliner Randgebiete einzureisen versuchten, zurückgewiesen. Davon hatten allein 24 Personen versucht, in den Kreis Königs Wusterhausen einzureisen.

An den beiden ersten Tagen des 2. Besuchszeitraumes waren auf Westberliner Seite an den KPP Chausseestraße, Sonnenallee und Oberbaumbrücke (insbesondere in den Morgen- und Vormittagsstunden) wieder Kamerateams und zahlreiche Foto- und Bildreporter erschienen. Der Grenzübertritt der Westberliner und die Abfertigung an den KPP wurden dadurch nicht beeinträchtigt.

Die eingereisten Westberliner Bürger führten als Geschenke hauptsächlich Südfrüchte, Genussmittel und teilweise Nylon-Textilien mit. An den beiden genannten Tagen erfolgten bei der Ein- und Ausreise insgesamt 33 Beschlagnahmungen (insbesondere Schallplatten, Medikamente, Dias und Genussmittel). Außerdem erfolgten am 20.12. bei der Ein- und Ausreise insgesamt 437 Zurückweisungen (vielfach Dias und Textilien) sowie bei der Einreise der Westberliner 633 formlose Einziehungen (überwiegend Zeitungen, Kalender, Prospekte und Schundliteratur).

Wie bereits im 1. Besuchszeitraum kam es unter den im Grenzgebiet wohnenden Bürgern der Hauptstadt der DDR wieder zu einer Reihe negativer Diskussionen, in denen die Unzufriedenheit dieser Bürger mit den getroffenen Sicherungsmaßnahmen zum Ausdruck kam.

Geldumtausch

Am 19.12. tauschten 57 230 Westberliner Bürger (76 % der eingereisten Personen) 171 632 DM West und am 20.12. 34 350 Westberliner (76 %) 163 055 DM West im Mindestumtausch.3 Damit haben seit Beginn des 2. Besuchszeitraumes insgesamt 111 580 Westberliner Bürger 334 750 DM West umgetauscht. Außerdem machten an diesen beiden Tagen eine Reihe Westberliner Bürger vom zusätzlichen Umtausch Gebrauch (18 565 DM/W).

Der obligatorische Mindestumtausch für Westberliner Bürger ist auf allen KPP reibungslos und ohne wesentliche Vorkommnisse durchgeführt worden. Die getroffenen organisatorischen und technischen Maßnahmen gewährleisteten eine zügige und schnelle Abfertigung der einreisenden Personen. Der überwiegende Teil der Westberliner führte den Mindestumtausch ohne besondere Aufforderung und Ermahnung durch. Der gesetzlich festgelegte Mindestbetrag wurde von der Mehrzahl der Einreisenden zum Umtausch bereitgehalten. Eine Anzahl von Rentnern, die nicht unter die Bestimmungen für den Mindestumtausch fallen, nahmen diesen trotzdem wahr.

In Einzelfällen versuchten Westberliner Bürger den Mindestumtausch zu verweigern bzw. zu umgehen, wobei u. a. »argumentiert« wurde, dass es ein Zwangsumtausch sei und sie die Gesetze der DDR nicht anerkennen. Vor die Alternative gestellt, entweder zu tauschen oder zurückzureisen, nahmen diese Personen schließlich den Mindestumtausch vor.

In mehreren Fällen vertraten eingereiste Westberliner Studenten die Meinung, nicht zu dem Personenkreis zu gehören, für den der Mindestumtausch obligatorisch ist. Nach Klarstellung dieser falschen Auffassungen tauschten sie den festgesetzten Betrag. In drei Fällen fuhren Besucher nach Westberlin zurück, weil sie nicht gewillt waren, den Mindestumtausch vorzunehmen. Eine Studentin (FU), die den Umtausch verweigerte und dabei provokatorisch auftrat, wurde nach Westberlin zurückgewiesen.

  1. Zum nächsten Dokument Haltung der Bundesregierung zum gesamtdeutschen Sportverkehr

    22. Dezember 1964
    Einzelinformation Nr. 1137/64 über die Haltung der Bundesregierung zum gesamtdeutschen Sportverkehr und zur Förderung des Sports in der Bundesrepublik

  2. Zum vorherigen Dokument Westberliner Ausschuss »Gesamtberliner Fragen« zu Rentnerreisen

    21. Dezember 1964
    Einzelinformation Nr. 1127/64 über eine Stellungnahme des Westberliner Ausschusses für »Gesamtberliner Fragen« zu den Reisen von Rentnern aus der DDR nach Westberlin