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Verlauf des 2. Passierscheinabkommens (15)

22. Oktober 1964
15. Bericht Nr. 934/64 über den Verlauf des 2. Passierscheinabkommens

Am 20.10.1064 wurden insgesamt 144 363 Passierscheine, davon 51 218 für den 1. und 93 145 für den 2. Besuchszeitraum mit nach Westberlin genommen.1

Ausgegeben wurden 132 360 Passierscheine (47 062 für den 1., 85 298 für den 2. Besuchszeitraum), während 12 003 Passierscheine (4 156 für den 1. und 7 847 für den 2. Besuchszeitraum) von den Westberliner Antragstellern nicht abgeholt wurden bzw. ein kleiner Teil zur Ergänzung und Veränderung wieder zurückgenommen werden musste.

Am 21.10.1964 wurden insgesamt 144 832 Passierscheine, davon 51 134 für den 1. und 93 698 für den 2. Besuchszeitraum mit nach Westberlin genommen.

Ausgegeben wurden 132 080 Passierscheine (46 697 für den 1. und 85 383 für den 2. Besuchszeitraum), während 12 752 Passierscheine (4 437 für den 1. und 8 315 für den 2. Besuchszeitraum) von den Westberliner Antragstellern nicht abgeholt wurden bzw. ein kleiner Teil zur Ergänzung und Veränderung wieder zurückgenommen werden musste.

Damit wurden seit dem 16.10.1964 insgesamt 506 977 Passierscheine (davon 181 111 für den 1. und 325 866 für den 2. Besuchszeitraum) ausgegeben.

Obwohl am 20. uns 21.10.1964 mehr Passierscheine als an den Vortagen ausgegeben wurden, traten nur in den Vormittagsstunden Wartezeiten auf. Die DDR-Postangestellten waren in den späten Nachmittagsstunden größtenteils nicht vollausgelastet. Im Allgemeinen verlief die Ausgabe der Passierscheine reibungslos.

In einigen Fällen entstandene Stauungen waren von den Westberliner Kräften verursacht worden. So hatten z. B. am 20.10. in der Passierscheinstelle Kreuzberg/Urbanstraße die Westkräfte den Besucherstrom schubweise eingelassen, sodass die Schalter unterschiedlich ausgelastet waren. Der Leiter der Westberliner Kräfte hatte es zunächst abgelehnt, die Seriennummern aufrufen zu lassen, wobei er sich auf eine Anweisung des Senatsverantwortlichen berief. In der Passierscheinstelle Reinickendorf/Thurgauer Straße entstanden bei der Erfassung der Passierscheinempfänger durch die Westkräfte Stauungen. Bemerkenswert ist, dass es am 21.10. in der Passierscheinstelle Tiergarten sogar zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Westpostlern und den Senatskräften kam. Die Westberliner Postangestellten warfen den Senatskräften vor, dass sie nicht in der Lage seien, den Besucherstrom richtig zu lenken und dadurch Stauungen verursachten.

Die Passierscheinempfänger verhielten sich – wie schon an den Vortagen – diszipliniert und bedankten sich in vielen Fällen bei den DDR-Postangestellten für die schnelle, korrekte und ordnungsgemäße Abfertigung. Auch im Falle der Ablehnung der Passierscheinanträge waren die meisten Westberliner, bei denen es sich vielfach um Doppelantragsteller handelte, einsichtig. Zu negativen oder provokatorischen Äußerungen kam es nur in Einzelfällen.

In mehreren Fällen wurde von Betriebsvertretern gefordert, die Passierscheine geschlossen abholen zu können, was in allen Fällen abgelehnt wurde. Auseinandersetzungen gab es dabei nur in der Passierscheinstelle Reinickendorf/Scharnweber Straße, wo der Personalratsvorsitzende des Westberliner Fernmeldeamtes hartnäckig darauf bestand, für ca. 200 Kollegen die Passierscheine geschlossen abzuholen.

In Fällen, wo Passierscheine für überwiegend ältere und gebrechliche Westberliner Bürger verschrieben bzw. nicht korrekt ausgefüllt waren, schrieben jeweils die Gruppenleiter der DDR-Postangestellten neue Passierscheine aus. Sie hatten zu diesem Zweck eine bestimmte Anzahl von Blanko-Formularen zur Verfügung. (Es handelt sich hier faktisch um eine Berichtigung bereits genehmigter und ausgestellter Anträge.) Nach der bis jetzt bekannt gewordenen Reaktion kann eingeschätzt werden, dass sich diese Maßnahme außerordentlich gut bewährt und die Anerkennung der betreffenden Passierscheinabholer und teilweise auch der Westberliner Einsatzkräfte gefunden hat.

Bis auf drei Passierscheinstellen (Wedding, Tiergarten und Neukölln) bemerkten am 20.10. die Westberliner Einsatzkräfte offensichtlich nichts von dieser Maßnahme. In diesen genannten drei Fällen war keinerlei Reaktion der Westkräfte auf die neue Maßnahme festzustellen.

Am 21.10. blieb diese Maßnahme den Westberliner Kräften zwar nicht mehr verborgen, aber sie ließen in der Mehrzahl keine negative Reaktion erkennen. Teilweise begrüßten die Westberliner Kräfte diese Handlungsweise der DDR-Gruppenleiter als Akt der Menschlichkeit. Lediglich in zwei Passierscheinstellen wurde von Westberliner Vertretern dagegen protestiert. In der Passierscheinstelle Charlottenburg protestierte am Vormittag der Senatsverantwortliche und erklärte, mit seiner vorgesetzten Dienststelle Rücksprache zu führen. Obwohl mehrmals befragt, konnte er bis zur Schließung der Passierscheinstelle nichts über eine Entscheidung seiner vorgesetzten Dienststelle berichten. Dabei bemerkte er, dass diese Frage auf höherer Ebene entschieden werde. In der Passierscheinstelle Kreuzberg/Lobeckstraße protestierte der Verantwortliche der Westkräfte angeblich im Auftrage des Senats. Er bemerkte dazu, dass er diesen Protest nur weitergebe, persönlich aber die Veränderung der Passierscheine an Ort und Stelle begrüße.

Der Verantwortliche der Westkräfte in der Passierscheinstelle Schöneberg erklärte, dass er sich bei seiner vorgesetzten Dienststelle erkundigt habe und diese nichts gegen die Verwendung von Blankoscheinen bei Berichtigungen einzuwenden habe. In der Passierscheinstelle Neukölln/Karl-Marx-Straße erklärte ein Senatsangestellter unserem Gruppenleiter, dass die Benutzung von Blankoscheinen »an zentraler Stelle viel Staub aufgewirbelt« habe. Er selbst habe unter Hinweis darauf, dass es sich hier nur um die Umschreibung bereits genehmigter und ausgestellter Passierscheine handelt, die Maßnahme der DDR-Seite verteidigt. In Reinickendorf wurden Passierscheinempfänger von den Westkräften zum DDR-Gruppenleiter geschickt, um ebenfalls noch entsprechende Umschreibungen vorzunehmen.

Im Gesamtverhalten der Westberliner Kräfte traten im Vergleich zu den Vortagen keine wesentlichen Veränderungen ein. Ein Teil der Westberliner Kräfte konzentrierte sich weiterhin auf die Erfassung und Registrierung bei Ablehnungen von Passierscheinen bzw. bei Veränderungen und auf die zwischen den DDR-Postangestellten und den Antragstellern geführten Gespräche. Dadurch wurde in verschiedenen Fällen die den Westkräften obliegende Vorkontrolle nur oberflächlich durchgeführt. Teilweise wurde festgestellt, dass sie bei zeitweilig stärkerem Andrang nur einen Teil der Personen befragen konnten und auch zum Teil die Übersicht beim Führen der Strichliste verloren. In einigen Passierscheinstellen bemühten sie sich, die Befragung unauffälliger durchzuführen. Teilweise waren die entsprechenden Hinweisschilder entfernt worden. In Schöneberg gab ein Senatsangestellter Westberliner Bürgern, deren Antrag abgelehnt worden war, den Rat, bei der Passierscheinstelle für dringende Familienangelegenheiten einen neuen Passierschein zu beantragen. Allgemein ist festzustellen, dass die Westberliner Bürger zufrieden sind, wenn sie den Passierschein in Händen haben, und wenig geneigt sind, sich von den Westkräften befragen zu lassen.

Wiederholt wurden von Passierscheinempfängern (z. B. Schöneberg, Zehlendorf und Tempelhof) Zoll- und Warenerklärungen verlangt, da ihnen diese Vordrucke bei Entgegennahme der Anträge von den Westkräften nicht ausgehändigt worden seien.

Auch an den beiden letzten Tagen erklärten zahlreiche Westberliner Kräfte, dass sie sich in den Passierscheinstellen überflüssig vorkommen. Es muss jedoch bemerkt werden, dass die Verantwortlichen der Westkräfte trotz Nichtauslastung ihrer Kräfte eifrig darum bemüht sind, eine zahlenmäßig paritätische Zusammensetzung der Einsatzgruppen zu gewährleisten.

Zu anmaßendem Auftreten von Fotoreportern bzw. von sich als Fotoreporter ausgebenden Personen kam es am 20.10. in den beiden Reinickendorfer Passierscheinstellen sowie in den Passierscheinstellen Schöneberg und Zehlendorf. Die Art des Auftretens (gleicher Zeitpunkt, im Wesentlichen gleiches Vorgehen) lässt auf eine vorbereitete Aktion schließen. Die Verantwortlichen der Westkräfte waren in allen Fällen informiert, gaben aber ausweichende Antworten. Die angeblichen Fotoreporter beriefen sich u. a. darauf, dass die Westberliner Seite das Hausrecht habe und sie sich nicht auszuweisen brauchten. In Reinickendorf hat der DDR-Gruppenleiter wegen des besonderes anmaßenden Auftretens der angeblichen Reporter Protest eingelegt und angekündigt, im Wiederholungsfalle die Arbeit einzustellen und erst dann wieder aufzunehmen, wenn ein normaler Arbeitsablauf gewährleistet ist. Am 21.10. wurden in Charlottenburg durch das energische Auftreten des DDR-Gruppenleiters im größeren Umfange geplante Filmaufnahmen des SFB in der Passierscheinstelle verhindert.

Geldumtausch

In der Zeit vom 17. bis 21.10.1964 haben von insgesamt 1 002 eingereisten Westberliner Bürgern (einschließlich Familienangehörige, Kinder, Rentner) 275 (27,5 %) einen Mindestumtausch2 vorgenommen. Von ihnen wurden 1 006 DM/West getauscht. 14 Westberliner Bürger tauschten zusätzlich 91,50 DM/West, wovon zwei Personen 30,00 DM/West zurücktauschten.

Von insgesamt 37 712 einreisenden Westdeutschen und Ausländern aus nichtsozialistischen Staaten machten 8 876 (23,5 %) vom Mindestumtausch Gebrauch und tauschten 36 413 DM/West um.

4 811 Westdeutsche und Ausländer aus nichtsozialistischen Staaten machten ferner vom zusätzlichen Umtausch Gebrauch und tauschten 85 135 DM/West, wovon 23 983 DM/West von 1 956 Personen zurückgetauscht wurden. Damit sind seit dem 15.10.1964 von insgesamt 18 175 Einreisenden effektiv 127 551 DM/West umgetauscht worden. (Die vorstehenden Zahlen beziehen sich nur auf Personen, die über die KPP an der Staatsgrenze in Berlin einreisten und dort Geld umtauschten.)

Von den Personen, die den Mindestumtausch ablehnten, wurde u. a. »argumentiert«, dass sie für ihren Aufenthalt in der DDR kein Geld benötigen würden und zum Umtausch nicht verpflichtet seien. Ein Teil der Einreisenden, die vom Geldumtausch Gebrauch machten, begrüßte die einfache Handhabung und schnelle Abfertigung. In den Fällen, wo der Mindestumtausch nur widerwillig getätigt wurde, reicht die Skala der »Argumente« von der Behauptung, die DDR wolle sich auf Kosten der Besucher wirtschaftlich stärken, bis zur sogenannten Betrugsparole. Vereinzelt wurde auf den bereits in Westberlin getätigten Geldumtausch hingewiesen.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die von der Westpresse aufgestellten Behauptungen von der angeblichen Durchsetzung des Geldumtausches unter Anwendung schikanöser Methoden nicht den Tatsachen entsprechen. In einem Fall hat ein westdeutscher Bürger, dem der Rücktausch des Mindestumtausches abgelehnt wurde, sich provokatorisch verhalten und den 5-Mark-Schein zerrissen.

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    22. Oktober 1964
    Einzelinformation Nr. 937/64 über eine Unterschriftensammlung von Einwohnern im Grenzgebiet des demokratischen Berlin

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    22. Oktober 1964
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