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Verlauf des 2. Passierscheinabkommens (22)

7. November 1964
22. Bericht Nr. 992/64 über den Verlauf des 2. Passierscheinabkommens

Der Besucherverkehr1 über die KPP an der Staatsgrenze in Berlin verlief am 5. und 6. November 1964 wie folgt:

[Besuchsverkehr]

5.11.

6.11.

Aufgrund der ausgegebenen Passierscheine wurden erwartet

14 457

33 828

eingereist sind

13 704 (94,7 %)

30 984 (91,6 %)

mit Kfz

1 322

3 754

Davon reisten über die einzelnen KPP ein:

[Übergang]

5.11

6.11.

Bahnhof Friedrichstraße

7 603

15 637

Chausseestraße

1 539

4 150

Invalidenstraße

964

2 767

Oberbaumbrücke

1 501

2 877

Sonnenallee

2 097

5 553

Damit reisten seit dem 30.10.1964 insgesamt 307 323 Westberliner Bürger mit Passierscheinen in die Hauptstadt der DDR ein. Außerdem reisten mit Passierschein für dringende Familienangelegenheiten 37 Personen am 5.11. und 57 Personen am 6.11.1964 ein.

Neben diesen Westberliner Bürgern reisten 7 632 Personen am 5.11. und 5 931 Personen am 6.11.1964 aus Westdeutschland und aus dem nichtsozialistischen Ausland in die Hauptstadt der DDR ein.

Die Ausreise von DDR-Bürgern im Rentenalter2 belief sich am 5.11. auf 6 224 Personen und am 6.11.1964 auf 5 129 Personen, sodass seit 1.11.1964 insgesamt 32 444 DDR-Bürger im Rentenalter die Staatsgrenze nach Westberlin passiert haben.

Für Sonnabend, 7.11.1964, und Sonntag, 8.11.1964 sind aufgrund der ausgegebenen Passierscheine 109 113 bzw. 112 616 Westberliner Bürger in der Hauptstadt der DDR zu erwarten.

Der Reiseverkehr der Westberliner Bürger verlief am 5. und 6.11.1964 normal und ohne größere Wartezeiten oder besondere Vorkommnisse. Schwerpunkt der Einreise an beiden Tagen war die Zeit zwischen 7.00 und 11.00 Uhr (5.11. – 71,5 %; 6.11. – 50,6 %), während der Schwerpunkt der Ausreise in der Zeit zwischen 21.00 Uhr und 24.00 Uhr lag (5.11. – 65,5 %; 6.11. – 78,15 %). Wie an den Vortagen wurde auch am 5.11.1964 auf westlicher Seite des KPP Invalidenstraße der Verkehrsstrom durch Westberliner Polizeiangehörige mittels Strichlisten registriert.

Als Geschenke wurden die gleichen Warenarten wie an den Vortagen mitgeführt.

Bei der Rückreise wurde von Westberliner Bürgern in mehreren Fällen versucht, entgegen den gesetzlichen Bestimmungen, Fleisch und Wurstwaren auszuführen. In der Ein- und Ausreise erfolgten an beiden Tagen insgesamt 16 Beschlagnahmen. Vorwiegend handelte es sich dabei um Mark der Deutschen Notenbank und Lebensmittel. Weiter waren in der Ein- und Ausreise je 121 Rückweisungen zu verzeichnen, hauptsächlich wegen der gleichen Warenarten wie an den Vortagen. In 407 Fällen wurden Zeitungen, Zeitschriften und Schundliteratur formlos eingezogen.

Bei den Kontrollen, Beschlagnahmungen und Rückweisungen kam es zu keinen besonderen Vorkommnissen oder Provokationen.

Am 6.11., gegen 12.05 Uhr, reiste der Westberliner CDU-Vorsitzende Amrehn3 über den KPP Sonnenallee ein. Bei der Einreise tauschte er für sich und seine Ehefrau je 3,00 DM/West im Mindestumtausch4 um. Die Ausreise erfolgte gegen 15.10 Uhr. In beiden Fällen kam es zu keinen besonderen Vorkommnissen. Ein Interview mit Reportern des DFF und vom ADN lehnte er ab.

Von 12.25 bis 13.00 Uhr hielt sich der westdeutsche Vizekanzler Mende5 auf westlicher Seite des KPP Oberbaumbrücke auf. Gegen 13.10 Uhr traf er auf Westberliner Gebiet gegenüber dem KPP Sonnenallee ein. Nach ca. zehn Minuten fuhr er in das Westberliner Hinterland zurück, ohne dass es zu besonderen Vorkommnissen kam. In beiden Fällen wurde Mende von Reportern des SFB interviewt.

Nach wie vor gibt es noch Bestrebungen von Arbeitern, Angestellten und Schülern, sich für den Tag des Verwandtenbesuches freizumachen und von der Arbeit bzw. vom Unterricht fernzubleiben, ebenso, wie die Diskussionen um die Einbeziehung der Randgebiete und des Grenzgebietes ins Passierscheinabkommen anhalten.

Am 5. und 6.11. kam es lediglich am Bahnhof Hohen Neuendorf zur Zurückweisung einer Westberliner Bürgerin, die versuchte, in den Bezirk Potsdam einzureisen.

Am KPP Bahnhof Friedrichstraße, Bahnsteig C, verstarb am 5.11.1964, 9.40, die Kühne, Vera, geboren [Tag, Monat] 1896, wohnhaft Taubenhain/Spree an den Folgen eines Herzinfarkts. Sie beabsichtigte, nach Westberlin zu reisen. Am gleichen KPP zum selben Zeitpunkt verstarb der Westberliner Bürger Karsten, Otto, geboren [Tag, Monat] 1894, wohnhaft Berlin 62, [Straße, Nr.] infolge eines Herzinfarkts. Gegen 15.55 Uhr verstarb auf dem Bahnhof Friedrichstraße die Braatz, Maria, geboren [Tag, Monat] 1885, wohnhaft Wolmirstädt, [Straße, Nr.], die zu ihren Verwandten nach Westdeutschland reisen wollte.

Geldumtausch

Am 5.11.1964 tauschten 5 351 Westberliner Bürger (39 % der Einreisenden) 16 158 DM/West und am 6.11.1964 tauschten 11 575 Westberliner Bürger (37,3 %) 35 211 DM/West im Mindestumtausch.

Damit haben seit dem 30.10.1964 insgesamt 109 733 Westberliner Bürger 329 438 DM/West umgetauscht.

An beiden Tagen erfolgte der Umtausch reibungslos und ohne besondere Vorkommnisse. Nach wie vor beruft sich ein Teil der Nichttauschenden auf Westberliner Presse- und Rundfunkhinweise und vertritt deren bereits bekannte Argumente.

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