Vermuteter Fluchtversuch, ein Toter bei Festnahme
12. Juni 1964
Einzelinformation Nr. 477/64 über einen verhinderten Grenzdurchbruch unter Anwendung der Schusswaffe mit tödlichem Ausgang für einen der Beteiligten in Döhlen, [Kreis] Saalfeld, [Bezirk] Gera, am 10. Juni 1964
Am 9.6.1964 erschienen bei dem Flaschenbierhändler [Name 1] in Döhlen, [Kreis] Saalfeld, der [Name 2, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1942, wohnhaft Seebach/Eisenach, [Name 3, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1947, wohnhaft Ruhla/Eisenach und [Name 4, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1945, wohnhaft Ruhla/Eisenach, wo sie bis gegen 22.20 Uhr ca. 20 Flaschen Bier tranken und den [Name 1] anschließend um Übernachtungsmöglichkeit in der Scheune des [Name 1] baten. Die Genannten gaben sich gegenüber dem [Name 1] als Arbeiter des Pumpspeicherwerkes Hohenwarte aus und erklärten, dass sie zur Frühschicht wollten. Da [Name 1] aus dem Verhalten der Genannten einen beabsichtigten Grenzdurchbruch vermutete, gewährte er ihnen Unterkunft und verständigte den ABV.
Dieser setzte gegen 0.10 Uhr die Kompanie Probstzella in Kenntnis und ersuchte um Unterstützung bei der Festnahme der Jugendlichen. Gegen 0.30 Uhr traf die Alarmgruppe der Kompanie Probstzella in Döhlen ein, wo sie gemeinsam mit dem ABV die Scheune des [Name 1] durchsuchten. Durch den ABV, Uffz. [Name 5] und Uffz. [Name 6] wurden die drei Jugendlichen auf dem Oberboden schlafend angetroffen. Sie wurden festgenommen und aufgefordert die Scheune zu verlassen. Beim Verlassen des Bodens schlug [Name 2] jedoch plötzlich mit einer Bierflasche auf den zur Sicherung an der Bodentreppe eingesetzten Uffz. [Name 5] ein. Uffz. [Name 6] gab daraufhin einen Warnschuss ab und forderte [Name 2] nochmals auf, ohne Widerstand die Scheune zu verlassen. [Name 2] griff jedoch erneut den Uffz. [Name 5] an, worauf dieser einen Feuerstoß aus seiner MPi (fünf Schuss) auf den Angreifer abgab. [Name 2] wurde dabei in den Unterleib sowie am Ober- und Unterschenkel getroffen. Der ABV und die beiden Unteroffiziere leisteten sofort Erste Hilfe. Beim Eintreffen der Ärztin gegen 1.20 Uhr konnte diese jedoch nur noch den Tod des [Name 2] feststellen.
In der bisherigen Untersuchung wurde festgestellt, dass [Name 4] am Rückhaltebecken Hohenwarte arbeitet und die anderen beiden Jugendlichen zum beabsichtigten Grenzdurchbruch verleitete. [Name 4] verbürgte sich gegenüber [Name 2] und [Name 3], dass sie bei Probstzella ohne Gefahr über die Grenze kommen würden, da er diese Gegend gut kenne.
Alle drei Jugendlichen verherrlichten die Verhältnisse in Westdeutschland und trugen sich seit längerer Zeit mit der Absicht, die DDR illegal zu verlassen. Durch wiederholte Auseinandersetzungen mit seinem Vater wurde [Name 4] in seinem Vorhaben bestärkt. Gegen [Name 4] und [Name 3] wurde Haftbefehl erlassen.
Bei den Untersuchungen wurde festgestellt, dass die beteiligten NVA-Angehörigen sich richtig verhalten und entsprechend den Vorschriften gehandelt haben.