Versuchter Grenzdurchbruch mit tödlichem Ausgang in Berlin-Treptow
29. Februar 1964
Einzelinformation Nr. 167/64 über einen versuchten Grenzdurchbruch mit tödlichem Ausgang an der Staatsgrenze Berlin (Abschnitt Treptow) am 27. Februar 1964
Am 27.2.1964, gegen 22.20 Uhr, wurde an der Staatsgrenze Berlin (1. Brigade, Grenzregiment 37, Unterabschnitt 3, Laubenkolonie »Sorgenfrei«) im Abschnitt Treptow zwischen Karpfenteichstraße und Grenzknick von dem eingesetzten Postenpaar, Gefreiter [Name 1], geboren [Tag, Monat] 1943 in Oberie, wohnhaft in Rampe, Kreis Schwerin, NVA seit 1.8.1961, und Soldat [Name 2, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1938 in Wurzen, wohnhaft in Leipzig O 27, NVA seit 1.11.1963, bemerkt, dass sich ein Grenzverletzer an der Grenzsicherungsanlage (4. Zaun) bewegte.
Als der Grenzverletzer das freie Gelände bis zur Grenzsicherungsanlage direkt an der Staatsgrenze (Drahthindernis, drei Pfähle) im Laufschritt überwinden wollte, wurde er vom Postenführer Gefreiter [Name 1] aufgefordert, stehen zu bleiben. Gleichzeitig wurden vom Gefreiten [Name 1] zwei Warnschüsse abgegeben. Trotzdem setzte der Grenzverletzer seinen Weg in Richtung Staatsgrenze fort und versuchte, den 3. Zaun der Grenzsicherungsanlage zu überklettern.
Hierauf eröffneten der Postenführer und der Posten das gezielte Feuer, wobei der Postenführer elf Schuss und der Posten drei Schuss aus einer Entfernung von ca. 50 bis 60 Metern auf den Grenzverletzer abgaben.
Zur gleichen Zeit gab der Nachbarposten vom Grenzknick, Stabsgefreiter [Name 3, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1944 in Hohenlaube, wohnhaft in Hohenlaube, NVA seit 14.9.1961, der den Grenzverletzer inzwischen ebenfalls bemerkt hatte, aus einer Entfernung von ca. 150 Metern einen gezielten Schuss auf den Grenzverletzer ab.
Daraufhin brach der Grenzverletzer, bei dem es sich um den Hayn, Walter Heinz,1 geboren 31.1.1939 in Breslau, Beruf: Landwirt, zuletzt: Bauhilfsarbeiter im VEB Hochbau Berlin, Berlin-Lichtenberg, [Straße, Nr.], Familienstand: geschieden, ein Kind, wohnhaft in Berlin O 112, [Straße, Nr.], handelt, am 3. Zaun zusammen und blieb auf dem Kontrollstreifen liegen.
Vom Postenpaar [Name 1]/[Name 2] wurde der verletzte Hayn, unterstützt vom Zugführer Ofw. [Name 4], der sich gerade auf Postenkontrolle befand, vom Kontrollstreifen heruntergetragen und ca. 150 Meter weiter in den Laufgraben gebracht. Danach wurde vom Zugführer das Regiment verständigt und ein Krankenwagen angefordert.
Kurze Zeit darauf wurde Hayn in das VP-Krankenhaus überführt, wo nur noch der Tod festgestellt werden konnte. Im Krankenhaus wurde festgestellt, dass der Grenzverletzer durch zwei Schüsse (linke Schulter und Oberarm, Becken) getroffen wurde.
Auf Westberliner Seite erschienen kurz nach der Feuerführung durch unsere Posten ein Funkstreifenwagen der Westberliner Polizei mit drei Mann Besatzung und mehrere Zollbeamte (genaue Zahl wurde nicht festgestellt), die das Westberliner Grenzgebiet inspizierten und gegen 23.40 Uhr wieder in das Hinterland nach Westberlin abfuhren.
Bei Eintreffen der Westberliner Polizei und Zollbeamten war der Grenzverletzer bereits vom Tatort in den Laufgraben abtransportiert worden, sodass eine genaue Aufklärung für die Westberliner Polizeikräfte nicht möglich war.
Die Ermittlungen zur Person Hayn ergaben bisher, dass es sich um einen Arbeitsbummelanten handelt, der mehrfach seine Arbeitsstellen wechselte. Hayn ist außerdem als Trinker bekannt. Während seiner Ehe ging Hayn mehrmals gegen seine ehemalige Ehefrau [Name 5, Vorname], geboren [Name 6], geboren [Tag, Monat] 1941, Beruf: Säuglingspflegerin, wohn. Berlin-Lichtenberg, [Straße, Nr.], tätlich vor.2
Über die Ursache des versuchten Grenzdurchbruchs liegen bisher keine Ergebnisse vor.
Unmittelbar vor dem versuchten Grenzdurchbruch hielt sich Hayn in der Gaststätte der Laubenkolonie »Sorgenfrei« auf und nahm dort Alkohol zu sich.
Durch das MfS werden gegenwärtig noch Ermittlungen zur Person des Hayn und möglicher Ursachen des versuchten Grenzdurchbruchs geführt.