4. Bericht über das Passierscheinabkommen Weihnachten 1965
13. Dezember 1965
4. Bericht Nr. 1112/65 über den Verlauf des Passierscheinabkommens Weihnachten 1965
Während der Passierscheinbeantragungsperiode vom 29.11. bis 11.12.1965 wurden in den Westberliner Passierscheinstellen insgesamt 350 524 Passierscheinanträge gestellt (gleicher Beantragungszeitraum Weihnachten 1964 = 351 820 Anträge), davon in der 1. Woche (29.11.–4.12.1965) = 275 356 Anträge, in der 2. Woche (6.12.–11.12.1965) = 75 168 Anträge.1
Mit diesen Anträgen ersuchten insgesamt 980 264 Personen mit 99 166 Kfz (gleicher Beantragungszeitraum Weihnachten 1964 – 1 111 810 Personen mit 121 469 Kfz), davon in der 1. Woche (29.11.–4.12.1965) – 794 561 Personen mit 83 660 Kfz, in der 2. Woche (6.12.–11.12.1965) 185 703 Personen mit 15 506 Kfz um Genehmigung zum Besuch in der Hauptstadt der DDR.
Die zu erwartenden Schwerpunkttage sind
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18.12.1965 mit 110 387 Personen und 11 364 Kfz,
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19.12.1965 mit 88 909 Personen und 8 789 Kfz,
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25.12.1965 mit 88 832 Personen und 7 987 Kfz,
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26.12.1965 mit 85 749 Personen und 8 299 Kfz,
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31.12.1965 mit 83 767 Personen und 7 202 Kfz,
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2.1.1966 mit 88 095 Personen und 8 583 Kfz.
Schwerpunkt-Übergangsstelle ist der Bahnhof Friedrichstraße mit insgesamt 481 094 Personen.
An dieser GÜST sind nach den Anträgen am 18.12.1965 52 233 Westberliner Besucher zu erwarten; niedrigster Besucherverkehr am 23.12.1965 mit 4 883 Personen.
An den anderen GÜST sind nach den Anträgen folgende Besucher zu erwarten:
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Sonnenallee: 147 687 Personen und 36 314 Kfz (von 1 550 bis 17 192 Personen),
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Chausseestraße: 142 037 Personen und 31 278 Kfz (von 1 422 bis 17 053 Personen),
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Invalidenstraße: 111 516 Personen und 31 574 Kfz (von 1 166 bis 12 939 Personen),
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Oberbaumbrücke: 97 930 Personen (von 880 bis 10 970 Personen).
In der Berichtszeit (9.–11.12.) kam es beim Transport der DDR-Postangestellten von den GÜST zu den Passierscheinstellen und zurück – einschließlich der Kurierfahrten – zu keinen besonderen Vorkommnissen.
Der Besucherverkehr war auch in der Berichtszeit sehr gering. Obwohl die Anzahl der DDR-Postangestellten stark reduziert wurde, waren die eingesetzten Kräfte aufgrund der geringen Besucher nicht voll ausgelastet. In der Regel wurde sowohl vormittags als auch nachmittags nur an drei bis vier Schaltern gearbeitet. Alle Antragsteller wurden ohne Wartezeiten abgefertigt. Auch am letzten Antrags-Annahmetag konnten alle Antragsteller ohne Wartezeiten abgefertigt und die Passierscheinstellen pünktlich 14.00 Uhr geschlossen werden.
In allen Passierscheinstellen wurden am 11.12.1965 die Vorbereitungsarbeiten für die Ausgabe der Passierscheine abgeschlossen, wobei die Westkräfte die erforderliche Unterstützung leisteten. Verschiedentlich erkundigten sich die Leiter der Westkräfte bei den DDR-Gruppenleitern über den Ablauf der Ausgabe der Passierscheine. Teilweise wurde ersichtlich, dass noch Unklarheiten über die Aufgaben der Westberliner Einsatzkräfte bei der Ausgabe der Passierscheine bestanden.
Die Zusammenarbeit mit den Westkräften entsprach in der Berichtszeit im Wesentlichen den Vereinbarungen des Protokolls. Lediglich in den Passierscheinstellen Tempelhof, Steglitz und Zehlendorf wurden die Antragsteller von den Westkräften darauf hingewiesen, statt Cousin und Cousine andere, dem Protokoll entsprechende Verwandtschaftsverhältnisse einzusetzen.
In den letzten Tagen ließ jedoch mit dem Rückgang des Besucherverkehrs auch die Disziplin der Westkräfte weiter nach. So wurden z. B. von den eingesetzten Westkräften während der Arbeitszeit Weihnachtseinkäufe getätigt, verbreitet Unterhaltungen geführt, Schach gespielt usw. In allen Fällen trat dadurch jedoch keine direkte Störung des Arbeitsablaufes ein.
In der Passierscheinstelle Wilmersdorf wurden am 11.12. von zwei Senatshelferinnen Strichlisten über die Anzahl der Antragsteller geführt. In der Passierscheinstelle Wedding/Müllerstraße erklärte der Leiter der Westkräfte, [Name 1], dem DDR-Gruppenleiter am 9.12., dass er einen Anruf der Landespostdirektion erhalten habe, wonach die Registrierung der Antragsteller durch die Westkräfte nicht statthaft sei. Als Grund führte [Name 1] an, dass jemand aus dieser Passierscheinstelle eine Meldung über die Anzahl der angenommenen Anträge abgegeben hätte, die nicht mit den zentral ermittelten Zahlen übereinstimme. [Name 1] beteuerte, dass er keine Registrierung veranlasst habe.
Nur vereinzelt kam es noch zu Kontaktaufnahmeversuchen und zu Angeboten von Genussmitteln, die in allen Fällen abgewiesen wurden.
In den letzten Tagen besuchten Beauftragte des Westberliner Senats die Passierscheinstellen, wobei sie vor allem vertrauliche Gespräche mit den drei Leitern der Westberliner Einsatzkräfte führten und sich offensichtlich über das Verhalten der DDR-Angestellten informierten. Weiterhin wurden einige Passierscheinstellen von leitenden Mitarbeitern der Westberliner Post und anderer Senatsdienststellen aufgesucht, die sich über den Arbeitsablauf erkundigten.
In einzelnen Fällen traten wieder westliche Film- und Fotoreporter in den Passierscheinstellen auf, ohne dass dadurch die Arbeit der Einsatzkräfte behindert wurde. Am 11.12.1965 filmten in der Passierscheinstelle Tempelhof drei Mitarbeiter des Westfernsehens, wobei sie sich besonders für solche Personen interessierten, bei denen sich die Abfertigung aufgrund der gegebenen Umstände (Schwerhörigkeit usw.) etwas verzögerte.
Provokationen oder andere organisierte Störaktionen waren nicht zu verzeichnen.