8. Bericht über die 2. Periode des Passierscheinabkommens
5. April 1965
8. Bericht Nr. 304/65 über die 2. Periode der Ausgabe von Passierscheinen des laufenden Passierscheinabkommens
Am 1.4.1965 wurden einschließlich der am Vortage nicht abgeholten 10 760 Passierscheine 49 259 Passierscheine, davon für den 1. Besuchszeitraum 24 820 Passierscheine und für den 2. Besuchszeitraum 24 439 Passierscheine, mit nach Westberlin genommen.1
Ausgegeben wurden 39 047 Passierscheine (19 634 für die 1. Besuchsperiode und 19 413 für die 2. Besuchsperiode), während 10 212 Passierscheine (5 186 für die 1. Besuchsperiode und 5 026 für die 2. Besuchsperiode) von den Westberliner Antragstellern nicht abgeholt wurden.
Am 2.4.1965 wurden einschließlich der am Vortage nicht abgeholten 10 212 Passierscheine 27 456 Passierscheine, davon für den 1. Besuchszeitraum 13 779 Passierscheine und für den 2. Besuchszeitraum 13 677 Passierscheine, mit nach Westberlin genommen.
Ausgegeben wurden 20 402 Passierscheine (10 188 für die 1. Besuchsperiode und 10 214 für die 2. Besuchsperiode), während 7 054 Passierscheine (3 591 für die 1. Besuchsperiode und 3 463 für die 2. Besuchsperiode) von dem Westberliner Antragstellern nicht abgeholt wurden.
Am 3.4.1965, dem letzten Tag der Passierscheinausgabe, wurden einschließlich der 7 054 am Vortag nicht abgeholten Passierscheine 22 021 Passierscheine, davon für den 1. Besuchszeitraum 11 061 Passierscheine und für den 2. Besuchszeitraum 10 960 Passierscheine, mit nach Westberlin genommen.
Ausgegeben wurden 18 630 Passierscheine (9 295 für die 1. Besuchsperiode und 9 335 für die 2. Besuchsperiode), während 3 391 Passierscheine (1 766 für die 1. Besuchsperiode und 1 625 für die 2. Besuchsperiode) von den Westberliner Antragstellern nicht abgeholt wurden.
Damit wurden in der Zeit vom 1.4. bis 3.4.1965 insgesamt 78 079 Passierscheine, davon für den 1. Besuchszeitraum 39 117 Passierscheine und für den 2. Besuchszeitraum 38 962 Passierscheine, in Westberlin ausgegeben.
Damit ergibt sich insgesamt folgende Abschlussstatistik für die Beantragung und Ausgabe von Passierscheinen für Westberliner Bürger im Rahmen der 2. Periode des laufenden Passierscheinabkommens:
In der Zeit vom 8.3. bis 30.3.1965 wurden insgesamt 432 724 Anträge auf Genehmigung eines Besuchs in der Hauptstadt der DDR gestellt.
Auf diesen Anträgen sind insgesamt 1 302 539 Personen mit 121 486 Kfz erfasst, davon in der 1. Besuchsperiode – Ostern 1965 – 659 330 Personen mit 61 881 Kfz und in der 2. Besuchsperiode – Pfingsten 1965 – 643 209 Personen mit 59 605 Kfz.
Insgesamt wurden 797 431 Passierscheine für 1 294 457 Personen mit 120 665 Kfz in Westberlin ausgegeben.
Davon entfallen auf den 1. Besuchszeitraum 404 760 Passierscheine für 655 198 Personen mit 61 448 Kfz und auf den 2. Besuchszeitraum 392 671 Passierscheine für 639 259 Personen mit 59 217 Kfz.
Am ersten Besuchstag, dem 12.4.1965, sind aufgrund der ausgegebenen Passierscheine 15 002 Personen mit 1 479 Kfz zu erwarten.
Aufgrund der ausgegebenen Passierscheine sind an den Schwerpunkttagen beider Besuchszeiträume folgende Personen- und Kfz-Zahlen zu erwarten:
- –
in der 1. Besuchsperiode – Ostern 1965 –
16.4.: 97 776 Personen mit 9 257 Kfz,
18.4.: 97 296 Personen mit 7 502 Kfz,
24.4.: 97 030 Personen mit 11 127 Kfz,
17.4.: 89 207 Personen mit 7 933 Kfz,
19.4.: 70 713 Personen mit 5 940 Kfz,
25.4.: 68 597 Personen mit 8 019 Kfz,
- –
in der 2. Besuchsperiode – Pfingsten 1965 –
6.6.: 118 193 Personen mit 8 961 Kfz,
12.6.: 107 712 Personen mit 11 576 Kfz,
5.6.: 97 716 Personen mit 9 016 Kfz,
7.6.: 95 762 Personen mit 8 087 Kfz,
13.6.: 75 498 Personen mit 8 584 Kfz.
An den übrigen Wochentagen beider Besuchszeiträume schwanken die täglichen Einreisen, aufgrund der ausgegebenen Passierscheine, zwischen 8 755 Personen mit 976 Kfz (24.4.) und 29 508 Personen mit 2 466 Kfz (8.6.1965).
Die tägliche Belastung der einzelnen Grenzübergangsstellen für Westberliner Bürger erreicht etwa folgende Werte:
- 1.
Die Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße – S- und U-Bahn – hat den größten Anteil der Ein- und Ausreisen zu bewältigen. Für die genannten Schwerpunkttage sind für den Bahnhof Friedrichstraße Einreisen zwischen 59 449 Personen (6.6.) und 44 645 Personen (25.4.) genehmigt worden. An den übrigen Einreisetagen bewegt sich die Anzahl der genehmigten Einreisen zwischen 4 400 Personen und 16 000 Personen.
- 2.
Die Grenzübergangsstellen Sonnenallee und Chausseestraße erreichen aufgrund der genehmigten Einreisen eine annähernd gleichmäßige Belastung. An beiden Grenzübergangsstellen werden jedoch bei Weitem nicht die Werte der Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße erreicht.
a) Über die Grenzübergangsstelle Sonnenallee werden an den genannten Schwerpunkttagen zwischen 17 690 Personen mit 4 330 Kfz (12.6.) und 10 206 Personen mit 2 218 Kfz (19.4.) einreisen.
An den übrigen Einreisetagen schwankt die Anzahl der genehmigten Einreisen zwischen 1 200 Personen mit 350 Kfz (23.4.) und 3 800 Personen mit 880 Kfz (8.6.).
b) Über die Grenzübergangsstelle Chausseestraße werden an den genannten Schwerpunkttagen zwischen 16 389 Personen mit 3 740 Kfz (12.6.) und 9 570 Personen mit 1 930 Kfz (19.4.) einreisen. An den übrigen Einreisetagen schwankt die Anzahl der genehmigten Einreisen zwischen 1 200 Personen mit 300 Kfz (23.4.) und 3 900 Personen mit 810 Kfz (8.6.).
- 3.
Über die Grenzübergangsstelle Invalidenstraße werden an den Schwerpunkttagen zwischen 12 264 Personen mit 3 506 Kfz (12.6.) und 6 875 Personen mit 1 786 Kfz (19.4.) einreisen. An den übrigen Einreisetagen schwankt die Anzahl der genehmigten Einreisen zwischen 1 000 Personen mit 330 Kfz (23.4.) und 2 750 Personen mit 780 Kfz (8.6.).
- 4.
Für die Grenzübergangsstelle Oberbaumbrücke sind maximal Einreisen für 15 700 Personen (6.6.) und minimal für 860 Personen (11.6. und 23.4.) genehmigt worden.
Nicht abgeholt wurden 3 391 Passierscheine, davon entfallen auf die 1. Besuchsperiode 1 766 Passierscheine und auf die 2. Besuchsperiode 1 625 Passierscheine.
Abgelehnt wurden insgesamt 1 854 Passierscheine für 2 863 Personen.
Die meisten Ablehnungen (für 1 421 Personen) erfolgten wegen Mehrfachbeantragungen.
Für 793 Personen wurden die Passierscheine abgelehnt, weil die angegebenen Verwandtschaftsgrade nicht den Tatsachen entsprachen2 bzw. die angegebenen Besuchsanschriften nicht vorhanden sind.
Bei 333 Personen erfolgte die Ablehnung, da die beantragten Besuche in Orten außerhalb der Hauptstadt der DDR erfolgen sollten.3
Die Ablehnung der Passierscheine von 316 Personen erfolgte, weil es sich um Personen handelt, die gegen die Gesetze der DDR verstoßen haben.
Für einen einmaligen Besuch wurden 63 251 Anträge, für zwei Besuche wurden 369 473 Anträge gestellt.
Von den Mehrfachantragstellern lagen
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135 Anträge für einen 3. Besuch,
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333 Anträge für 4 Besuche,
- –
2 Anträge für 5 Besuche,
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11 Anträge für 6 Besuche,
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2 Anträge für 8 Besuche vor.
Beim Transport der DDR-Angestellten sowie bei den Kurierfahrten gab es keine besonderen Vorkommnisse.
Die Abfertigung aller Besucher erfolgte reibungslos, ohne größere Stauungen oder Wartezeiten. Aufgrund des mäßigen Besucherverkehrs konnten in der Mehrzahl der Passierscheinstellen wiederum zeitweilig einige Schalter geschlossen werden.
Die Haltung der westlichen Einsatzkräfte war gegenüber den Vortagen unverändert. Sie verrichteten ihre Arbeit größtenteils nur flüchtig und interessenlos. Wie der Leiter der West-Postangestellten der Passierscheinstelle Wedding unserem Gruppenleiter am 1.4.1965 mitteilte, hätte sich das Bezirksamt Zehlendorf beim Senat darüber beschwert, dass in der Passierscheinstelle Zehlendorf West-Postangestellte und Einsatzkräfte der Westberliner Polizei ständig Skat spielten und dabei ihre Arbeit vernachlässigten. Die Landespostdirektion hätte deshalb eine Untersuchung durchführen müssen, und der Leiter der West-Postangestellten dieser Passierscheinstelle sei zur Berichterstattung zum Präsidenten der Landespostdirektion Westberlin bestellt worden.
In allen Passierscheinstellen war wiederum nur ein Teil der Westberliner Postangestellten in den Arbeiterräumen anwesend, während sich der andere Teil in den Aufenthaltsräumen aufhielt. In der Passierscheinstelle Reinickendorf führten das interessenlose Verhalten und die mangelhafte Arbeitsmoral der Westkräfte dazu, dass am 1.4.1965 in der Zeit von 16.30 bis 16.50 Uhr weder Einsatzkräfte des Senats noch der Westpost im Arbeitsraum waren, sodass die DDR-Angestellten während dieser Zeit völlig allein arbeiten mussten. Auch in den Passierscheinstellen Wedding, Neukölln und Charlottenburg kümmerten sich die Westkräfte in den letzten Tagen kaum noch um die ihnen obliegenden Aufgaben und beschäftigten sich in den Aufenthaltsräumen vorwiegend mit Tischtennis- und Skatspielen.
Wie an den Vortagen führten die Westkräfte auch im vergangenen Berichtszeitraum mit Personen, deren Passierscheine abgelehnt wurden, wieder Befragungen durch. Dabei waren sie vor allem bestrebt, die möglichen Gründe der Ablehnung zu erfahren.
In der Passierscheinstelle Reinickendorf erschien am 1.4.1965 eine Antragstellerin, deren Passierschein bereits einige Tage zuvor abgelehnt worden war. Sie hatte sich mit einer schriftlichen Beschwerde an den Westberliner Senat gewandt. In der schriftlichen Antwort des Senats – die sie dem DDR-Gruppenleiter vorlegte – wurde sie aufgefordert, sich nochmals in der Passierscheinstelle an den DDR-Gruppenleiter zu wenden. Gleichzeitig wurde ihr in dem Schreiben zugesichert, dass die Ablehnung nochmals geprüft werde.
In der Passierscheinstelle Tempelhof erschien am 1.4.1965 eine ca. 60 Jahre alte Frau und wollte noch einen Antrag stellen. Als ihr erklärt wurde, dass keine Anträge mehr entgegengenommen werden, setzte sie sich auf einen Stuhl, blockierte die reibungslose Abfertigung weiterer Besucher und führte negative politische Diskussionen. Der Aufforderung des Westberliner Kriminalangestellten und des Leiters der West-Postkräfte zum Verlassen des Raumes kam diese Frau nicht nach. Als sich unter den übrigen Passierscheinabholern ein Tumult anbahnte, erklärte der DDR-Gruppenleiter, dass die DDR-Angestellten die Arbeit einstellen und sie erst dann wieder aufnehmen, wenn ordentliche Arbeitsbedingungen bestünden. Erst nachdem die DDR-Angestellten sich bereits von den Arbeitstischen entfernten, verließ die Frau ohne nochmalige Aufforderung die Passierscheinstelle. Daraufhin wurde die Ausgabe ordnungsgemäß fortgesetzt.
Wie in den vergangenen Berichtszeiträumen wurden unseren Angestellten auch in den letzten Ausgabetagen von den Antragstellern wiederholt kleinere Geschenke, vor allem Genussmittel, angeboten. Da diese Angebote von dem DDR-Angestellten konsequent zurückgewiesen wurden, nahmen die Westkräfte diese Geschenke z. T. an sich.
Westliche Presse- und Rundfunkreporter traten nur noch vereinzelt auf.