Äußerungen von Dr. Böhner über den innerdeutschen Handel
9. Juni 1965
Einzelinformation Nr. 507/65 über Äußerungen von Dr. Böhner zum Verhältnis Westdeutschland–DDR
Wie dem MfS bekannt wurde, äußerte sich Dr. Böhner1 (Leiter einer Tochter-Gesellschaft des Phoenix-Rheinrohr-Konzerns2 und Schwiegersohn des Bonner Kanzlers Erhard3) in einem Gespräch über Fragen des Verhältnisses zwischen Westdeutschland und der DDR. An dem Gespräch nahm auch der Vertreter Böhners in Westberlin, [Name 1], teil.
Dr. Böhner habe dabei zum Ausdruck gebracht, dass er von einer Aussprache mit Minister Behrendt4 sehr befriedigt sei. Das Gespräch mit Minister Behrendt als auch das mit Generaldirektor Mogk5 seien für ihn die Grundlage für eine Aussprache mit Bundeskanzler Erhard. Dr. Böhner brachte unter Hinweis auf diesen und auch auf den vorangegangenen Besuch zum Ausdruck, dass er dieses Mal in besonderer Mission gekommen sei. Es komme jetzt darauf an, entsprechendes Material zusammenzustellen, um sowohl die Hallstein-Doktrin »über Bord zu werfen«, als auch den innerdeutschen Handel neu zu gestalten. Die »Generalaussprache« bei Kanzler Erhard finde nach diesem Besuch statt und er wolle alle von ihm festgestellten und gehörten Probleme zur Sprache bringen. Sein Besuch sei die Voraussetzung für diese Aussprache bei Erhard.
In diesem Zusammenhang wies er ferner darauf hin, dass er am Empfang der britischen Königin in Bonn teilgenommen habe. Er messe diesem Staatsbesuch hinsichtlich der Aufwertung Westdeutschlands, insbesondere gegenüber Frankreich und der Politik de Gaulles, eine große Bedeutung bei.
Er kündigte außerdem an, dass er in der nächsten Zeit sehr oft in die DDR kommen werde.
Im Verlaufe des Gesprächs kam Dr. Böhner auch auf Außenminister Schröder6 zu sprechen. Er erklärte, dass Schröder »kein schlechter Kerl« sei. Schröder würde wesentlich realer als andere Bundesminister denken und vor allem nicht »im Antikommunismus sterben« (seine eigene Redewendung).
Über den Leiter der »Treuhandstelle für den Interzonenhandel«7 Pollack8 äußerte Dr. Böhner, dass Pollack für die Gestaltung des innerdeutschen Handels völlig unmaßgeblich sei, da die Politik und die Festlegungen für den innerdeutschen Handel in Bonn entschieden würden.
Er, Böhner, würde jetzt dazu übergehen, Politik zwischen den beiden deutschen Staaten zu betreiben.
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