Bahnbetriebsunfall auf dem Grenzbahnhof Gerstungen
8. Juli 1965
Einzelinformation Nr. 621/65 über einen Bahnbetriebsunfall auf dem Grenzbahnhof Gerstungen am 5. Juli 1965
Am 5.7.1965, gegen 23.16 Uhr, entgleisten bei der Ausfahrt aus dem Grenzbahnhof Gerstungen die letzten sechs Güterwagen des Durchgangsgüterzuges (DG) 7287 mit allen Achsen. Ein Güterwagen stürzte von der am km 188,2 befindlichen Eisenbahnüberführung auf die darunter verlaufende Ortsstraße von Gerstungen, zwei Güterwagen legten sich schräg zum Gleisbett und drei Güterwagen wurden durch die Schiebelok ineinandergedrückt.
Durch die Entgleisung entstand ein Sachschaden in Höhe von 15,9 TMDN.
Infolge des Bahnbetriebsunfalles war der Verkehr zwischen dem Grenzbahnhof Gerstungen und Eisenach in beiden Richtungen vom 5.7., 23.16 Uhr, bis zum 6.7., 9.10 Uhr, unterbrochen.
Im grenzüberschreitenden Verkehr wurden von der Sperrung der Strecke die D-Züge D 1095 Köln–Dresden, D 1096 Dresden–Köln und der D 2 Berlin-Friedrichstraße–Basel betroffen.
Zwischen Gerstungen und Eisenach wurde der Personenverkehr durch Busverkehr aufrechterhalten.
Die eingeleiteten Untersuchungen zur Klärung der Ursachen hatten folgendes Ergebnis:
Im havarierenden Gleis 10 befand sich aufgrund des schlechten Gleiszustandes (zurückzuführen auf ungenügende Gleisunterhaltung) ein Senkstoß, hervorgerufen durch lockere Laschen der Gleisverbindung. Durch diesen Senkstoß und eine unterschiedliche Höhenlage der beiden Schienen an dieser Stelle entgleiste ein Wagen mit einer Achse und lief noch ca. 300 m im Gleisbett mit.
In der Weiche 15 an der Ausfahrt des Bahnhofes Gerstungen geriet dieser Wagen soweit außer Profil, dass außer diesem Wagen noch 5 weitere Wagen zur Entgleisung kamen.
Die Besatzung der Schiebelok bemerkte erst nach ca. 350 m, dass ein Wagen außer Profil lief. Der Lokführer schloss auf Zuruf des Heizers über eine Unregelmäßigkeit sofort den Regler, um den Zug zum Stehen zu bringen. Da jedoch lt. Dienstvorschrift der Deutschen Reichsbahn eine Schiebelok nicht an die Druckluftbremsung angeschlossen werden darf, war die Bremswirkung nur auf die Schiebelok beschränkt. Das führte dazu, dass der Zug erst nach ca. 50 m zum Halten kam.
Durch das MfS wurden die verantwortlichen Funktionäre der RBD Erfurt bereits im Jahre 1964 über die schlechte Beschaffenheit der Gleisbettanlage auf dem Bahnhof Gerstungen informiert. Entsprechende Weisungen des Präsidenten der RBD Erfurt zur Behebung der wichtigsten Mängel wurden der zuständigen Bahnmeisterei Eisenach jedoch überhaupt nicht bekannt, sodass bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch keine Reparaturarbeiten erfolgten.
Weitere Untersuchungen zur Aufklärung der Ursachen für die Nichtausführung der notwendigen Reparaturarbeiten werden geführt.