Behinderung der Deutrans bei Einreise in die Bundesrepublik
3. August 1965
Einzelinformation Nr. 726/65 über die Behinderung von Transporten des VEB Deutrans über westdeutsches Gebiet durch westdeutsche Zollorgane
Das MfS erhielt davon Kenntnis, dass Lastkraftwagen des VEB Deutrans,1 die mit Durchfuhrsendungen westdeutsches Gebiet durchfuhren, wiederholt von westdeutschen Zollorganen in der Weiterfahrt behindert wurden. Nach vorläufigen Feststellungen sind in der Zeit vom 1.7. bis 30.7.1965 in 16 Fällen Fahrer von Lkw des VEB Deutrans an den westdeutschen Grenzkontrollstellen Töpen2 und Helmstedt3 angehalten und diskriminierenden Forderungen unterworfen worden. So wurde verlangt, dass die Lkw-Fahrer auf den in der DDR vom VEB Deutrans ausgestellten Zollversandscheinen die Bezeichnung DDR durch »SBZ« ersetzen bzw. einen neuen Zollversandschein mit der Bezeichnung »SBZ« ausstellen sollen. Da die DDR-Kraftfahrer dieser Forderung nicht nachkamen, wurde vom westdeutschen Zoll das Wort DDR durchgestrichen und mit »SBZ« ersetzt.
Bisher vorgenommene Überprüfungen ergaben, dass diese Handlungsweise der westdeutschen Zollorgane die Reaktion auf die von der DDR am 1.7.1965 gegen die Ausdehnung des westdeutschen Zollgesetzes auf DDR-Transporte getroffene Maßnahmen darstellt.4
Die vom MAI, Hauptabteilung Innerdeutscher Handel festgelegte Verfahrensweise bei Exportsendungen mit Lkw durch Westdeutschland besagt, dass der westdeutsche Zollversandschein nicht mehr durch sog. Schreibbüros beim westdeutschen Zoll ausgeschrieben, sondern ab 1.7.1965 durch die Filialen des VEB Deutrans ausgestellt und mit dem Vermerk »Durchfuhrsendung/Zollgut aus der DDR« versehen werden soll. Mit dieser Maßnahme sollte einer internen westdeutschen Zollvorschrift entgegengetreten werden, wonach auf den Zollversandscheinen der Vermerk »Zollgut aus dem Währungsgebiet der DM/Ost« angebracht werden soll.
Von der Leitung des VEB Deutrans wurde es verabsäumt, im Zusammenhang mit der Weisung der HA Innerdeutscher Handel den DDR-Kraftfahrern entsprechende Hinweise für ihr Verhalten gegenüber dem westdeutschen Zoll zu geben. Dieses Versäumnis führte zu einer Reihe von Schwierigkeiten und Komplikationen, da die Kraftfahrer auf sich allein gestellt oftmals nicht wussten, wie sie den diskriminierenden Forderungen der westdeutschen Zöllner entgegentreten sollten.
Erst am 28.7.1965 erging vom Generaldirektor5 des VEB Deutrans eine Weisung für das Verhalten der DDR-Kraftfahrer. Diese Weisung beinhaltet, dass die Kraftfahrer den Forderungen des westdeutschen Zolls auf Änderungen im Zollversandschein nicht Folge leisten sollen. Wird trotzdem eine Änderung oder Neuausstellung der Zollversandscheine verlangt, so ist das bis zum 1.7.1965 dafür in Anspruch genommene »Schreibbüro« auf den westdeutschen Grenzkontrollstellen damit zu beauftragen.
Damit würde faktisch der alte Zustand, wie er vor dem 1.7.1965 bestand, weiterhin bestehen bleiben.
Wie dem MfS bekannt wurde, ist vorgesehen, diese Weisung des Generaldirektors des VEB Deutrans in Abstimmung mit dem Ministerium für Außen- und Innerdeutschen Handel, dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, dem Ministerium für Verkehrswesen und der Zentralstelle zum Schutze des Volkseigentums zu überarbeiten und konkrete Festlegungen über die weitere Verfahrensweise zu treffen.
Es muss eingeschätzt werden, dass bei der Einführung der Gegenmaßnahmen der DDR gegen das westdeutsche Zollgesetz von keiner der beteiligten staatlichen Dienststellen Maßnahmen festgelegt wurden, die ein sofortiges politisch und ökonomisch richtiges Reagieren auf die westdeutschen Provokationen und Störungen ermöglicht hätten.