Bericht über den Verlauf des Passierscheinabkommens über Ostern
26. April 1965
Bericht Nr. 388/65 über den Verlauf der Besuchsperiode vom 12. April bis 25. April 1965 des laufenden Passierscheinabkommens (Ostern)
Für die Zeit der 1. Besuchsperiode des laufenden Passierscheinabkommens (12.4.–25.4.1965) wurden insgesamt 655 198 Personen mit 61 448 Kfz erwartet. Eingereist sind im angegebenen Zeitraum insgesamt 581 470 Personen mit 57 162 Kfz.1
Damit haben 88,74 % aller im Besitz eines Passierscheines befindlichen Westberliner Bürger die Hauptstadt der DDR besucht. (Im Besuchszeitraum vom 30.10.–12.11.1964 reisten vergleichsweise 93,7 % und in der Weihnachtsbesuchsperiode 75 % in die Hauptstadt der DDR ein.)
Allein in den sechs Schwerpunkttagen der Einreise (16.4.–19.4., 24.4. und 25.4.) reisten 83,5 % aller Westberliner Bürger ein.
Die Grenzübergangsstelle (GÜST) U- und S-Bahnhof Friedrichstraße hatte den größten Besucherverkehr zu bewältigen (annähernd 50 %). An einigen der genannten Schwerpunkttage der Einreise (z. B. am 18.4.1965) mussten bis zu 45 000 Personen täglich abgefertigt werden.
Von den GÜST, die für Personen- und Kfz-Verkehr geöffnet wurden, hatte die GÜST Sonnenallee den relativ größeren Anteil zu bewältigen (24.4. = 14 620 mit 4 000 Kfz).
Die übrigen GÜST für Personen- und Kfz-Verkehr hatten an den genannten Schwerpunkttagen folgenden Verkehr zu bewältigen:
Chausseestraße: 13 400 Pers. mit 2 800/3 300 Kfz (16.4.–24.4.)
Invalidenstraße: 10 500 Pers. mit 3 100 Kfz (24.4.)
Die nur für den Personenverkehr zugelassene GÜST Oberbaumbrücke bewältigte am 18.4. ca. 12 200 Personen.
An allen GÜST erfolgte die Abfertigung der Westberliner Bürger vom ersten Tage der neuen Besuchsperiode an zügig und reibungslos. Selbst an Tagen mit verstärktem Besucherverkehr – besonders während der Feiertage – kam es an den GÜST zu keinen wesentlichen Stauungen oder Wartezeiten. An den Hauptbelastungstagen morgens eingetretene geringfügige Stockungen in der Einreise konnten innerhalb kurzer Zeit beseitigt werden.
Die Ausreise konzentrierte sich zumeist auf die Zeit nach 21.00 Uhr und war gegen 0.30 Uhr beendet. Auch hier traten keine nennenswerten Wartezeiten auf.
Provokationen oder andere feindliche Handlungen durch Westberliner Besucher waren an den Grenzübergangsstellen nicht zu verzeichnen.
Vom ersten bis zum letzten Tage der Besuchsperiode reiste eine große Anzahl Westberliner Bürger mit der U-Bahn in das demokratische Berlin ein, obwohl sie lt. Passierschein nur zur Einreise mit der S-Bahn über die GÜST Bahnhof Friedrichstraße berechtigt waren.2 Insgesamt reisten 40 886 Westberliner Bürger unberechtigt mit der U-Bahn ein. Als Begründung wurde vorwiegend auf entsprechende Veröffentlichungen in der Westpresse hingewiesen.
Während der gesamten Zeit des Westberliner Besucherverkehrs wurden an den Westberliner Kontrollpunkten die in die Hauptstadt der DDR einreisenden Pkw und Personen durch Westberliner Zollangehörige statistisch erfasst.
Am zweiten Tage der Besuchsperiode wurden an der GÜST Chausseestraße alle nach Westberlin fahrenden Fahrzeuge vom Westberliner Zoll oder von Westberliner Polizisten angehalten und mit den Insassen kurze Gespräche geführt. Am 16.4.1965 wurde am gleichen Kontrollpunkt beobachtet, dass Westzöllner unterschiedlich Fahrzeuge anhielten und den Insassen das aus der Hauptstadt der DDR mitgenommene Aufklärungsmaterial abnahmen.
Besonders an den GÜST Invalidenstraße, Oberbaumbrücke und Sonnenallee war während des gesamten Besuchszeitraumes auf westlichem Gebiet eine rege Reportertätigkeit festzustellen.
In je vier Fällen wurden Westberliner Bürger an unseren GÜST zurückgewiesen, weil sie zerrissene und z. T. lückenhaft wieder zusammengeklebte Passierscheine vorwiesen bzw. weil sie den Mindestumtausch verweigerten. Außer den erwähnten vier Fällen erfolgte der Geldumtausch reibungslos. Negative Diskussionen gab es im Zusammenhang mit dem Mindestumtausch nur in Einzelfällen.
Die Durchführung des Mindestumtausches für Westberliner Bürger hatte folgendes Ergebnis:
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1. rd. 67 % aller einreisenden Westberliner tauschten im Mindestumtausch 1 167 267 DM/DBB,
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2. zusätzlich wurden getauscht 110 825 DM/DBB, sodass insgesamt 1 278 092 DM/DBB vereinnahmt wurden.
In der Berichtszeit erfolgten bei Kontrollen durch die Angehörigen der Zollverwaltung insgesamt 97 Einziehungen, davon in 86 Fällen Waren im Wert von 6 962,57 MDN und in elf Fällen Zahlungsmittel, Wert 968,75 MDN.
Weiter erfolgten 5 877 Zurückweisungen, davon 830 in der Einreise und 5 074 in der Ausreise. Bei der Einreise wurden vorwiegend luftdicht verschlossene Behältnisse, gebrauchte Textilien, Bücher, Dias und Medikamente zurückgewiesen. Bei der Ausreise erfolgte die Zurückweisung vor allem bei Textilien, Nahrungsmitteln (besonders Eier und Fleischwaren) und Schallplatten. Formlose Einziehungen wurden in 2 276 Fällen vorgenommen. Dabei handelte es sich vor allem um Zeitungen und Schundliteratur. Bei der Einreise wurden als Geschenke vorwiegend Genussmittel, Südfrüchte, Nylonhemden und -strümpfe und andere Textilien sowie Waschmittel mitgeführt. Bei der Ausreise waren es besonders Textilien, Eier, Fleischwaren, Blumen, Spielwaren, kunstgewerbliche Gegenstände und Bücher.
Die Disziplin und das Verhalten der Westberliner Bürger bei den Kontrollen war – bis auf einzelne Ausnahmefälle – höflich und korrekt. Fast alle Besucher kamen den Forderungen der Kontrolleure ohne Widerspruch nach. Ein großer Teil der Westberliner Einreisenden äußerte sich anerkennend über die schnelle und korrekte Abfertigung.
An den Kontrollpunkten zu den Randbezirken Berlins3 wurden 106 Westberliner Bürger zurückgewiesen, die versuchten, unberechtigt in die Bezirke der DDR einzureisen.
Im Grenzgebiet entlang der Staatsgrenze der Hauptstadt der DDR und in den Randgebieten gab es nur noch vereinzelt Diskussionen darüber, dass Westberliner Bürger keine Einreise in das Grenzgebiet erhielten.
In der Berichtszeit erfolgten 38 Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Westberliner Bürgern, davon wurden zwölf Unfälle durch Westberliner verursacht. Insgesamt wurden dabei sieben Personen leicht verletzt; ein Westberliner Bürger erlitt mittlere Verletzungen. An den Fahrzeugen entstand fast ausnahmslos leichter Sachschaden.
In der Berichtszeit erfolgten durch das MfS folgende Festnahmen von Personen, die das Passierscheinabkommen zur Durchführung von verbrecherischen Handlungen ausnutzen wollten.
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Klaus Landeck, wohnhaft Berlin-Kreuzberg, [Straße Nr.], und Hans-Dieter Hofmann, wohnhaft Kandern, Müllheim, [Straße Nr.], wegen versuchter Schleusung von DDR-Bürgern nach Westberlin.
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Johann Blödt, wohnhaft Berlin 27, [Straße Nr.], und Michael Benedikt, wohnhaft Berlin-Charlottenburg, [Straße Nr.], wegen versuchter Schleusung von DDR-Bürgern nach Westberlin.
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Am 16.4.1965 wurden Robert Stöhr, wohnhaft Berlin-Wedding, [Straße Nr.], und Erika Stöhr (Ehefrau) wegen Spionage für das Bundesamt für Verfassungsschutz in Berlin-Zehlendorf, [Straße Nr.], durch das MfS festgenommen.
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Ebenfalls am 16.4.1965 wurden Dieter Marholdt,4 wohnhaft Berlin-Schöneberg, [Straße Nr.], und Günter Rehbein, wohnhaft Berlin 44, [Straße Nr.], wegen Beihilfe zur Schleusung von DDR-Bürgern nach Westberlin festgenommen.
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Am 19.4.1965 wurde der Günter Mücke, wohnhaft Berlin-Neukölln, [Straße Nr.], wegen versuchter Schleusung von DDR-Bürgern nach Westberlin festgenommen.
Über die feindlichen Handlungen dieser Personen erfolgten entsprechende Veröffentlichungen in der Presse.5