Brandstiftung in der LPG in Schlicht
10. Dezember 1965
Einzelinformation Nr. 1103/65 über eine Brandstiftung in der LPG Typ III in Schlicht, [Bezirk] Neubrandenburg
Am 6.12.1965, gegen 21.00 Uhr, brannte in der LPG Typ III1 in Schlicht, Bez. Neubrandenburg, der kombinierte Rinder- und Pferdestall nieder, wobei ein Schaden von ca. 92 TMDN entstand. Die in diesem Stall untergebrachten 90 Rinder und 10 Pferde der LPG konnten gerettet werden.
Die vom MfS in Verbindung mit der VP eingeleiteten Ermittlungen ergaben den dringenden Verdacht einer Brandstiftung. Aufgrund des dringenden Tatverdachts wurde am 7.12.1965 der als Traktorist in der LPG Typ III in Schlicht tätige [Name 1, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1947 in Schlicht, seit 1961 Mitglied der LPG, wohnhaft Schlicht, Krs. Neustrelitz, bisher nicht vorbestraft, festgenommen und ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet. Der Vater des [Name 1] ist Parteisekretär in der LPG Schlicht und soll in seiner Funktion eine zufriedenstellende Arbeit leisten. Der Beschuldigte selbst wurde wegen mangelnder schulischer Leistungen aus der 6. Klasse entlassen. Seine berufliche Tätigkeit in der LPG wird jedoch als sehr gut eingeschätzt. In Schlicht hat er den Ruf eines sehr hilfsbereiten Menschen, der bisher nicht negativ in Erscheinung trat. Die näheren Umstände seiner Erziehung im Elternhaus sind noch nicht aufgeklärt. Bisher ist nur bekannt, dass im Elternhaus auch Sendungen des Westfernsehens empfangen wurden.
In der bisherigen Untersuchung hat sich der Verdacht der Brandstiftung durch [Name 1] bestätigt. Zur Tatausführung gibt [Name 1] an, dass er sich bereits seit dem 2. oder 3.12.1965 mit dem Gedanken trug, im Dorf Schlicht eine Brandlegung vorzunehmen, ohne sich bereits konkret auf ein bestimmtes Objekt und einen bestimmten Zeitpunkt festgelegt zu haben. In den Nachmittagsstunden des 6.12.1965 trank er während der Arbeitszeit mit zwei ihm bekannten Forstarbeitern im Geräteschuppen eine 0,7 cl. Flasche Schnaps.2
Nach Feierabend nahm er dann bis gegen 20.30 Uhr in der Getränkeausgabestelle des Dorfes Schlicht noch etwa 6–7 Flaschen Bockbier zu sich. Danach verließ er die Getränkeausgabestelle in der Absicht, sich bei einem Freund das Fernsehprogramm anzusehen.
Auf dem Wege dorthin kam er am kombinierten Rinder- und Pferdestall der LPG vorbei, der entgegen den Vorschriften unverschlossen war. Er betrat daraufhin dieses Stallobjekt, in dem er Anfang 1965 für drei Monate als Schweißer gearbeitet hatte. Dort habe er dann den Gedanken gefasst, die von ihm erwogene Brandstiftung auszuführen. [Name 1] entzündete mit einem Streichholz das an der Eingangsluke des Heubodens lagernde Stroh. Nachdem er die Ausbreitung des Feuers noch eine Weile beobachtet hatte, begab er sich vom Tatort zu seinem Elternhaus. Hier erzählte er seinem Vater, er habe in dem Stallobjekt einen Brand wahrgenommen. Um den Verdacht von sich abzulenken, beteiligte er sich anschließend sofort an den Löscharbeiten.
Zum Motiv seiner Tat erklärte [Name 1], er sei darüber verärgert gewesen, dass er zur Rodung der Futterrüben eingesetzt worden sei, während die Baubrigade der LPG zur Bergung der Rüben nicht eingesetzt wurde. Weiterhin sei ihm sein monatlicher Verdienst von 200 MDN bis 300 MDN zu gering und das Dorfleben zu eintönig gewesen. Darüber hinaus habe er den Dorfbewohnern neuen Gesprächsstoff geben und durch die aktive Beteiligung an den Löscharbeiten erreichen wollen, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr zu werden, für deren Tätigkeit er sich stark interessiert habe.