Desertion zweier Angehöriger der Sowjetarmee in Naumburg
2. November 1965
Einzelinformation Nr. 970/65 über die Desertion zweier Angehöriger der Sowjetarmee des Standortes Naumburg am 1. November 1965
Am 1.11.1965 desertierten zwei Angehörige der sowjetischen Armee des Standortes Naumburg. (Nähere Hinweise über den Zeitpunkt und die Umstände der Desertion liegen noch nicht vor.)
Die seit dem 1.11.1965 flüchtigen Armeeangehörigen hielten am Abend des gleichen Tages in Gotha den in Richtung Erfurt fahrenden westdeutschen Pkw (Kennz. E-AY 962) an und ließen sich mitnehmen. Gegen 23.30 Uhr schlugen sie bei Ermstedt, Krs. Erfurt, den westdeutschen Bürger [Name 1, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1936, wohnhaft Essen-Borbeck, [Straße Nr.] (seit 29.10.1965 auf Aufenthaltsgenehmigung des Rates der Stadt Halle in Eckartsberga, Krs. Naumburg, bei seiner Verlobten aufhältlich), nieder und warfen ihn mit der ebenfalls mitfahrenden Verlobten des [Name 1], [Name 2, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1943, wohnhaft Eckartsberga, Krs. Naumburg, [Straße Nr.], die durch einen Schuss am Gesäß verletzt worden war, aus dem Pkw.
Die Deserteure setzten mithilfe des westdeutschen Pkw ihre Flucht fort. Im Raum Gotha wurden sie nochmals von einer sowjetischen Militärstreife gestoppt, konnten jedoch nach Verlassen des Wagens entkommen.
Am 2.11.1965, gegen 4.00 Uhr, wurde zwischen Gotsau1 und Walterhausen, Bez. Erfurt, ein VP-Fahrzeug – besetzt mit einem VP-Angehörigen – von einem sowjetischen Soldaten aus einem Straßengraben heraus mit der MPi beschossen. Vermutlich handelte es sich um einen der beiden Flüchtigen.
Die beiden Verletzten wurden mit einer Platzwunde der linken Schläfe ([Name 1]) und einem Schuss im Gesäß ([Name 2]) in die Medizinische Akademie Erfurt eingeliefert.
Ergänzend zu dem westdeutschen Bürger [Name 1] ist noch festzustellen, dass dieser eine Aufenthaltsgenehmigung (Nr. D-428987 vom 26.10.1965) vom Rat der Stadt Halle besitzt, die am 1.11.1965 ablief. [Name 1] hat ohne Genehmigung Fahrten nach Weimar, Apolda und Oberhof unternommen. Er beabsichtigte, in nächster Zeit in die DDR zu übersiedeln. Die Ausreise des [Name 1] nach Westdeutschland wird vorerst unterbunden. Mit ihm gemeinsam hielt sich ein weiterer westdeutscher Bürger in Eckartsberga auf.
Aufgrund des Vorkommnisses wurde für die Bezirke Erfurt, Suhl, Gera, Halle, Magdeburg sowie den entsprechenden Abschnitt der Staatsgrenze West Eilfahndungsstufe I ausgelöst. An der Fahndung ist neben der VP auch eine sowjetische Militäreinheit beteiligt. Vom MfS wurden gleichfalls die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet.