Ergebnisse und Vorkommnisse privater Rentnerreisen
19. August 1965
Bericht Nr. 746/65 über Vorkommnisse, Erscheinungen und Ergebnisse bei der Durchsetzung des Beschlusses des Ministerrats der DDR über private Besuchsreisen von Bürgern der DDR im Rentenalter nach Westdeutschland und Westberlin
In Durchführung des Beschlusses des Ministerrats der DDR über private Besuchsreisen von im Rentenalter stehenden Bürgern der DDR nach Westdeutschland und Westberlin1 wurden im Zeitraum vom 21.9.1964 bis 30.6.1965 bei den Organen der Deutschen Volkspolizei von insgesamt 1 554 199 Personen Anträge auf private Besuchsreisen eingereicht (einschließlich der Personen, die bereits einen zweiten Antrag stellten.) Das sind rd. 49,6 % der 3 131 945 in der DDR im Rentenalter stehenden Bürger. (Ergebnis der Volks- und Berufszählung, Stichtag 31.12.1964).2
Von diesen Personen reichten 1 155 208 (74,3 %) Anträge zu Besuchsreisen nach Westdeutschland und 398 991 (25,7 %) Anträge zu Besuchsreisen nach Westberlin ein.
97 700 (rd. 6,3 %) dieser Anträge wurden von Invalidenrentnern eingereicht, davon 72 943 für Besuchsreisen nach Westdeutschland und 24 757 nach Westberlin.
Im genannten Zeitraum wurden 1 319 854 Personen ihre Anträge genehmigt.3 Davon erhielten für Besuchsreisen nach Westdeutschland 943 572 (rd. 71,5 %) und nach Westberlin 376 282 (rd. 28,5 %) Personen ihre Anträge genehmigt.
Abgelehnt wurden aufgrund der festgelegten Bestimmungen im genannten Zeitraum die Anträge von 14 193 Personen. Das sind etwas über 0,9 % der Gesamtzahl der beantragten Besuchsreisen. Davon waren 7 627 Reisen für November/Dezember 1964 und 6 566 Reisen für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.1965 vorgesehen. Die übrigen im genannten Zeitraum gestellten 220 152 Anträge (größtenteils für das 2. Halbjahr 1965) werden noch bearbeitet.4
Im grenzüberschreitenden Verkehr wurde im Zeitraum vom 2.11.1964 bis 30.6.1965 die Ausreise von insgesamt 1 241 946 im Rentenalter stehenden Bürgern der DDR registriert. Somit wurden rd. 80 % aller genehmigten Reisen durchgeführt.
Von diesen 1 241 946 ausgereisten Personen im Rentenalter kehrten bis zum 30.6.1965 insgesamt 1 121 699 nach Ablauf der Besuchsfrist, z. T. aber auch vorzeitig, wieder in die DDR zurück.
In Westdeutschland und Westberlin verblieben im Zeitraum vom 2.11.1964 bis 30.6.1965 insgesamt 2 189 im Rentenalter stehende Bürger der DDR (das sind ca. 0,2 % der ausgereisten Rentner).5
Die Ursachen für das Verbleiben von Rentnern in Westdeutschland und Westberlin waren – neben Todesfällen (in Westberlin in der Zeit vom 1.1.1965 bis 31.5.1965 allein 62) und ernsthaften Erkrankungen, die eine Rückkehr nicht mehr ermöglichten – vor allem Beeinflussung durch Verwandte und Vertreter dortiger örtlicher Staatsorgane6 sowie bei den in der DDR noch im Arbeitsprozess stehenden Bürgern im Rentenalter auch Abwerbungen durch westdeutsche und Westberliner Firmen, Warenhäuser und Handwerksbetriebe. (In Westberlin beantragten im Zeitraum vom 1.1. bis 31.5.1965 allein 435 im Rentenalter stehende DDR-Bürger die sog. »Notaufnahme«7).
Wie aus den vorliegenden Informationen ersichtlich ist, sind die in Westdeutschland und Westberlin angeordneten Maßnahmen zur »Betreuung« der im Rentenalter stehenden Bürger der DDR vor allem darauf gerichtet, diese Bürger der DDR politisch-ideologisch zu beeinflussen und über sie auch auf andere Teile der Bevölkerung in der DDR Einfluss zu gewinnen. Dabei kommen zahlreiche Maßnahmen der »Betreuung« einer direkten Diskriminierung und Korrumpierung der im Rentenalter stehenden Bürger der DDR gleich.
Dies ist besonders dort zutreffend, wo in Westdeutschland und Westberlin solche Behörden, Organisationen und Vereinigungen in die »Betreuung« einbezogen worden sind, die gegen die DDR arbeiten und teilweise vor dem 13.8.1961 durch ideelle und materielle Förderung und Unterstützung des organisierten Menschenhandels mit an der Schädigung der DDR beteiligt waren.
So wurde z. B. auf einer Tagung des »Ortskuratoriums Unteilbares Deutschland« in Ratzeburg beschlossen, in Gesprächen mit den Rentnern aus der DDR besonders die Lebensverhältnisse in beiden deutschen Staaten »gegenüberzustellen« und die bestehenden verwandtschaftlichen Beziehungen gleichzeitig für eine verstärkte politisch-ideologische Diversionstätigkeit besonders unter der Bevölkerung im Gebiet der Staatsgrenze West der DDR zu nutzen. Allen »Ortskuratorien« entlang der Staatsgrenze der DDR wurde zu diesem Zweck die Übergabe einer dementsprechenden zentralen Orientierung des »Kuratoriums Unteilbares Deutschland«8 zugesagt.
Der ideologischen Beeinflussung der in Westdeutschland und Westberlin zu Besuch weilenden Rentner aus der DDR widmeten besonders auch revanchistische Organisationen in letzter Zeit verstärkte Aufmerksamkeit. Neben dem »Bund der Vertriebenen«9, dem »Bund heimattreuer Ost- und Westpreußen«,10 den »Landsmannschaften der Sudetendeutschen und der Schlesier«11 traten dabei vor allem auch die sog. mitteldeutschen Landsmannschaften, wie z. B. die »Landsmannschaften Sachsen, Thüringen, Mecklenburg, Mark Brandenburg«12, mit ihren zahlreichen »Heimatkreisverbänden« in Erscheinung.
Die ideologische Beeinflussung der Rentner durch diese revanchistischen Organisationen erfolgte vorwiegend auf Veranstaltungen und Zusammenkünften der örtlichen Vereinigungen dieser Organisationen, zu denen die Rentner sowohl schriftlich als auch persönlich durch Beauftragte dieser Organisationen eingeladen worden waren.
Nach Angaben des Westberliner Landesvorsitzenden der »Landsmannschaft Schlesien«, von Metnitz,13 sollen z. B. am Revanchistentreffen der »Schlesier« am 12.6.1965 in Hannover ca. 2 000 Rentner aus der DDR teilgenommen haben.14
Mit derartigen Veranstaltungen und Zusammenkünften verfolgten die revanchistischen Organisationen nach außen hin das Ziel, ihre »Verbundenheit« mit den Bürgern in der DDR zu demonstrieren. Eine Reihe von Beispielen zeigt, dass die Rentner aus der DDR bei solchen Treffen in Westdeutschland und Westberlin besonders von Republikflüchtigen beeinflusst, teilweise aber auch direkt beauftragt worden sind, die in der DDR erfolgenden Veröffentlichungen über die Verhältnisse in Westdeutschland und Westberlin als unwahr zu bezeichnen und zu diesem Zweck auch die »Vorzüge der westlichen Freiheit« zu schildern und zu erklären.
In Einzelfällen wurden von den Rentnern neben »Geschenken«, die die »Verbundenheit« besonders demonstrieren sollten, auch Materialien revanchistischen Inhalts (Broschüren, Zeitschriften, ausgeschnittene Artikel usw.) zur Einschleusung in die DDR und zur Verbreitung unter der Bevölkerung übergeben.
Die Art und Weise der breiten Einbeziehung »Republikflüchtiger« in diese politisch-ideologische Beeinflussung der Rentner lässt darauf schließen, dass dieser Einsatz zunehmend zentral gelenkt wird.
In ähnlicher Weise versuchen auch kirchliche Organisationen mit Einladungen zu besonderen Gottesdiensten, Feiern, Veranstaltungen und dergleichen ideologisch auf die Rentner einzuwirken und im Rahmen der Missionstätigkeit »Kontakte« aufzunehmen. Besonders intensiv ist diese Missionstätigkeit in Bayern und im Rheinland. In Bayern erhielten Rentner im Rahmen dieser Missionstätigkeit einen einwöchigen kostenlosen Aufenthalt in den Alpen vermittelt. Außerdem wurden in München Rentner durch die evangelische Kirche aufgefordert, für die Paketaktionen in der DDR Adressen von DDR-Bürgern anzugeben. Weiter wurde bekannt, dass im Raum Hannover und in Westberlin Angehörige der »Zeugen Jehovas« von Haus zu Haus gehen und aus der DDR zu Besuch weilende Rentner ansprechen.
Auch mit den im Rahmen der »Rentnerbetreuung« von verschiedenen Städten in Westdeutschland und in Westberlin organisierten Ausflügen, Besichtigungs- und Stadtrundfahrten und den sich anschließenden Veranstaltungen oder Aussprachen wird das Ziel verfolgt, die im Rentenalter stehenden Bürger der DDR ideologisch zu beeinflussen.
In Westberlin z. B. werden die für Rentner aus der DDR organisierten Stadtrundfahrten größere Strecken an der Staatsgrenze zur DDR entlanggeführt und von den »Reiseführern« dazu benutzt, in besonders gehässiger und verleumderischer Art und Weise gegen die DDR und ihre Grenzsicherungsorgane zu hetzen und die Rentner aufzufordern, sich für die »Beseitigung der Mauer einzusetzen«.
Bei diesen Fahrten entlang der Staatsgrenze wird besonders an den Stellen Station gemacht, wo in Westberlin sogenannte »Mahnkreuze« für tödlich verwundete Grenzverletzer errichtet oder auf Westberliner Gebiet befindliche »Fluchttunnelausgänge« als Demonstrationsobjekte erhalten und entsprechend gekennzeichnet sind.
Die Schilderungen der »Reiseführer« über gelungene und verhinderte Grenzdurchbrüche sind inhaltlich so angelegt, bei den Rentnern Missbilligungen über die Handlungsweise der Grenzsicherungskräfte der DDR hervorzurufen und die Morde an Grenzpolizisten durch Westberliner Terroristen zu »rechtfertigen«.
Nach Angaben des Leiters des »Gesamtberliner Büros«,15 Völckers,16 beteiligten sich vom 1.1. bis 31.5.1965 an diesen Stadtrundfahrten in Westberlin 11 636 Rentner aus der DDR.
Einbezogen in das System von Maßnahmen zur politisch-ideologischen Beeinflussung der nach Westdeutschland und Westberlin reisenden Bürger der DDR im Rentenalter sind auch die an den westlichen Grenzübergangsstellen und auf den Grenzbahnhöfen eingesetzten Kräfte des westdeutschen Roten Kreuzes sowie der evangelischen und katholischen Missionen.17
Diese Kräfte befassen sich nach vorliegenden Hinweisen nicht nur damit, die aus der DDR ankommenden Rentner mit warmen Getränken und Suppen zu verpflegen, an sie »Geschenkpackungen« zu verteilen oder wartenden Verwandten zuzuführen, sondern sie versuchen auch in den Gesprächen mit den Rentnern über ihre Lebensverhältnisse in der DDR Stimmungen gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR hervorzurufen.
In Westberlin widmen sich dieser Aufgabe außerdem Angehörige des »Deutschen Frauenringes«. Diese Vereinigung arbeitet bei der Organisierung der »Osthilfe«, speziell beim Versand von Bettelpaketen in die DDR, eng mit dem »Ministerium für gesamtdeutsche Fragen« zusammen.
Zu den organisierten Maßnahmen der Beeinflussung der im Rentenalter stehenden Bürger der DDR zählt in Westdeutschland und Westberlin auch die gleichzeitig auf Korrumpierung abzielende Auszahlung des sogenannten Begrüßungsgeldes.18 Dabei wird von den Mitarbeitern der »Begrüßungs- und Auskunftsdienste« versucht, mit »Argumenten« über die in Westdeutschland herrschende »Freiheit«, vor allem die »Reisefreiheit«, die Rentner zu beeinflussen und zu »beraten«, wie sie in den Besitz von Dokumenten kommen, mit denen eine Weiterreise in Länder des kapitalistischen Auslandes möglich ist.19
Die Auszahlung dieser Gelder erfolgt in den westdeutschen Ländern, Städten und Gemeinden sowie in Westberlin in unterschiedlicher Höhe. Die Sätze betragen 50 bis 150 DM und setzen sich zusammen aus Mitteln der Bonner Regierung, der Länder, Städte und Gemeinden. In Essen, wo mit die höchste Summe ausgezahlt wird, beteiligt sich auch der Krupp-Konzern durch Zuschüsse. (In Westberlin wurden nach Angaben des Leiters des »Gesamtberliner Büros«, Völckers, vom 1.1.–31.5.1965 insgesamt 3 588 500 DM »Begrüßungsgeld« an 71 770 Besucher im Rentenalter ausgegeben.)
Die Auszahlung des Geldes erfolgt ausschließlich gegen Unterschriftsleistung auf vorgedruckten Listen, Formblättern, Quittungen usw., auf denen als Mindestangaben die Personalien der Bürger der DDR sowie der Gastgeber festgehalten werden. In Westberlin hat der Empfänger dieses Geldes auf dem Antragsformular folgende Angaben auszufüllen: Vor- und Zuname, Wohnort, Straße, Nr. der Personalpapiere, Art der Papiere, Ausstellungsort, Personalien der Westberliner Verwandten oder »Anschrift des besuchten Verbandes, Heimes usw«. In den Hinweisen auf diesen Anträgen wird den Westberliner Verwandten ausdrücklich untersagt, diese Anträge in die DDR zu senden.
Weiter wurde festgestellt, dass die Angestellten der Westberliner »Auskunfts- und Besucherdienste« außerdem noch schriftliche Notizen aus den Reisebescheinigungen der Rentner anfertigen.
Starkes Interesse an der Kontaktaufnahme mit Bürgern der DDR über die in Westberlin errichteten »Besucher- und Auskunftsdienste« haben vor allem das Westberliner »Landesamt für Verfassungsschutz«, der »Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen« (UfJ)20 und das »Informationsbüro West« (IWE).21
Obwohl in Westdeutschland und Westberlin alles vermieden wird, was die Mitwirkung von Agentenorganisationen bei der »Rentnerbetreuung« erkennbar werden lässt, wurde weiter festgestellt, dass z. B. im Rathaus Köln die dortige »Vertriebenenkasse« und in Bayern die »Flüchtlingsbehörden« mit der Auszahlung des »Begrüßungsgeldes« beauftragt sind.
In Westberlin sind in die Tätigkeit der »Besucher-. und Auskunftsdienste« auch Beauftragte der Senatsverwaltung für Ordnung und Sicherheit22 einbezogen.
Als weitere Maßnahmen zur politisch-ideologischen Beeinflussung der Rentner aus der DDR in Westdeutschland und Westberlin wurden bekannt:
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die kostenlose ärztliche Betreuung und Versorgung mit Medikamenten (in Westberlin hätten sich vom 1.1. bis 31.5.1965 insgesamt 6 061 Rentner aus der DDR in ärztliche, teilweise auch stationäre Behandlung begeben);
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die Ausgabe von Reisepässen und -papieren zum Besuch kapitalistischer Staaten, u. a. durch die Städte Gronau, Essen, Düsseldorf und Dortmund (in Düsseldorf wurde das dazu erforderliche Visum im Polizeipräsidium u. a. nach Abgabe eines Passbildes ausgestellt);
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die Übernahme von Übernachtungskosten für Hotel- oder Heimaufenthalte, wenn die Verwandten ihre Besucher nicht in der Wohnung beherbergen können;
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die kostenlose Ausgabe von Karten für Veranstaltungen, Bäder, Verkehrsmittel und der- gleichen (in Westberlin betrugen die Zuwendungen der BVG vom 1.1. bis 31.5.1965 1 076 550 DM) und
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die Einrichtung von speziellen Läden oder Verkaufsabteilungen für Rentner aus der DDR in einer Reihe westdeutscher Städte, u. a. in Düsseldorf, Hof, Siegen und München, wo Textilien und andere Gegenstände zu verbilligten Preisen verkauft werden.
In Westberlin konnte festgestellt werden, dass die angeordnete »ärztliche Betreuung« der Rentner aus der DDR, einschließlich der Ausgabe von Arzneimitteln in enger Zusammenarbeit mit dem Senator für Gesundheitswesen z. B. durch folgende Organisationen erfolgt:
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den »Zentralausschuss für die Verteilung von Liebesgaben«,23 Fehrbelliner Platz 3,
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den »Berliner Landesverband der Vertriebenen e.V. – Haus der ostdeutschen Heimat«, Berlin-Kreuzberg, Stresemannstraße 90–102 (Hier bestehen die Funktionäre darauf, dass die DDR-Bürger persönlich das »Haus der ostdeutschen Heimat« aufsuchen, die hier neben Medikamenten auch andere Geschenke erhalten.24 Den Mitgliedern der einzelnen »Landsmannschaften« ist es deshalb nicht gestattet, die Medikamente für ihre Besuche aus der DDR abzuholen.),
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die »Ärztegemeinschaft für Medikamentenhilfe«,25 Berlin-Charlottenburg, Wilmersdorfer Straße 94,
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das »Hilfswerk der evangelischen Kirche« Berlin-Dahlem, Reichensteiner Weg 24, und Berlin-Lichterfelde-West, Ehrenbergstraße 6,
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den »Caritasverband für Berlin«, Berlin-Schöneberg, Kolonnenstraße 38.
Diese Organisationen sind vor dem 13.8.1961 bereits feindlich gegen die DDR tätig geworden.
Wie Überprüfungen zeigen, herrscht im Hause des »Evangelischen Hilfswerks« in der Ehrenbergstraße 626 in Westberlin ein reger Verkehr von Rentnern aus der DDR, wobei die Versorgung »alter Bekannter« nach Rezepten erfolgt, die bereits aus der Zeit von vor 1961 dort vorliegen. Die aus dieser Zeit dem »Evangelischen Hilfswerk« bereits bekannten DDR-Bürger werden dort außerdem mit Kaffee bewirtet und erhalten mit den Medikamenten auch »Liebesgaben« eingepackt. Erstmalig das »Hilfswerk« aufsuchenden Personen werden dagegen nur Medikamente ausgehändigt. (Angehörige des »Evang. Hilfswerkes« sind auch nach dem 13.8.1961 wieder mitbeteiligt am Medikamentenschmuggel in die Hauptstadt der DDR.)
An den Maßnahmen zur Korrumpierung und Diskriminierung der im Rentenalter stehenden Bürger der DDR war auch die »Deutsche Bundesbahn« beteiligt. Nachdem den im Rentenalter stehenden Bürgern der DDR die Möglichkeit geschaffen wurde, bereits in der DDR die Fahrkarten für die Rückfahrt aus Westdeutschland zu lösen, wies die Verwaltung der »Deutschen Bundesbahn« an, diese Rückfahrkarten nicht zu entwerten und von den Rentnern, wenn sie sich mit Verkehrsmitteln der »Bundesbahn« in Westdeutschland verfahren, keine Fahrgeldnachlösung zu fordern.27
Außerdem wurde von der »Bundesbahn« eine kostenlose Ausgabe von Rückfahrkarten an die in Westdeutschland weilenden Rentner aus der DDR angeordnet und die Ausgabe von Gutscheinen für diese Rückfahrkarten den Landratsämtern übertragen. Diese Rückfahrkarten, die zur Fahrt vom Besuchsort bis zum Übergang auf die Strecken der Deutschen Reichsbahn berechtigten, waren nummeriert und sollten zugleich der Registrierung der Zahl der in die DDR zurückkehrenden Rentner sowie der Ermittlung der Summe der Gelder dienen, die die »Deutsche Bundesbahn« angeblich von der Deutschen Reichsbahn zu beanspruchen habe.
Unter Berufung auf diese Anordnung der »Deutschen Bundesbahn« wurden auf den Bahnhöfen Dortmund und Mainz in einigen Fällen den Rentnern aus der DDR trotz Protests auch die von ihnen in der DDR gelösten Rückfahrkarten abgenommen, sodass sie ohne gültige Fahrausweise für die Strecken der Deutschen Reichsbahn an den Grenzübergängen ankamen und lediglich im Besitz der von der »Bundesbahn« ausgestellten Fahrtausweise waren. In mehreren Fällen wurden die im Rentenalter stehenden Bürger der DDR vom Personal der »Bundesbahn« auch aufgefordert, sich nach ihrer Rückkehr in die DDR unter Berufung auf den § 24 des Deutschen Eisenbahn-, Personen-, Gepäck- und Expressguttarifs vom 1.1.1964 das Fahrgeld zurückerstatten zu lassen. Dabei wurde argumentiert, dass die Behörden der DDR das Geld für die Hin- und Rückfahrt »einstecken« und es der »Bundesbahn« überlassen würden diese Reisenden kostenlos zu befördern. (In Einzelfällen wurden solche Forderungen bereits an die Deutsche Reichsbahn gerichtet.)
Diese inzwischen aufgehobene diskriminierende Verfahrensweise der »Deutschen Bundesbahn« rief nicht nur Unruhe und Unsicherheit bei den Rentnern hervor, die in der DDR ordnungsgemäß ihre Rückfahrkarten gelöst hatten, sondern gab außerdem auch den Diskussionen gegen die Notwendigkeit des Lösens von Rückfahrkarten in der DDR ständig Auftrieb.
Nachdem am 1.3.1965 die Anordnung aufgehoben wurde, in der DDR bereits die Rückfahrkarten zu lösen, werden bei den westdeutschen Stadtverwaltungen sogenannte Stundungsscheine an Rentner aus der DDR ausgegeben. Auf diese Scheine, deren Entgegennahme nicht zur Pflicht gemacht wird, erhalten die Rentner auf den Bahnhöfen Westdeutschlands kostenlos Rückfahrkarten, die zur Fahrt mit den Verkehrsmitteln der Bundesbahn bis zum Übergang auf die Strecken der Deutschen Reichsbahn berechtigen. Wie auf dem »Stundungsschein« ersichtlich ist, wird der »Deutschen Bundesbahn« das Geld für diese ausgegebenen Fahrkarten vom Bund gestundet.
Verstärkt wird auf den westdeutschen Bahnhöfen auch versucht, die im Rentenalter stehenden Bürger der DDR zu Währungsvergehen zu verleiten, indem sie über die Lautsprecheranlagen der Bahnhöfe aufgefordert werden, Geld der Deutschen Notenbank in den Wechselstuben gegen DM-West einzutauschen. In Westberlin wird ebenfalls versucht, die im Rentenalter stehenden Bürger der DDR zu Währungsvergehen zu verleiten. Hier wurden in mehreren Fällen Rentner auf die Möglichkeit hingewiesen, das »Begrüßungsgeld« zum Schwindelkurs in MDN umzutauschen und die umgetauschten Beträge mit in die DDR zu nehmen.
Der Währungsspekulation soll – neben der damit gleichzeitig bewirkten ideologischen Beeinflussung – in Westberlin auch die Auszahlung von monatlich bis zu 1 000 DM sowie weiterer Beträge an Inhaber illegaler Bargeld- oder alter Wertpapierkonten aus der Zeit vor dem 13.8.1961 auf Sondergenehmigung dienen. Erstreckt sich der Besuch über zwei Monate, ist sogar eine zweimalige Abhebung von 1 000 DM möglich. Zu diesen Beträgen mit Sondergenehmigung zählen auch schriftliche, von Amts- oder Landgericht bestätigte Schuldanerkenntnisse (Geld- oder Hypothekenschulden) sowie durch Erbschaft erworbene, von einem Notar beglaubigte »Lastenausgleichsansprüche«.
Mit der Erteilung der Anträge auf Sondergenehmigungen ist die Landeszentralbank, Berlin-Charlottenburg, Leibnizstraße 7–10, beauftragt.
Neben dieser verstärkten politisch-ideologischen Beeinflussung und materiellen Korrumpierung der im Rentenalter stehenden Bürger der DDR haben in letzter Zeit in Westdeutschland und Westberlin auch Versuche von Organisationen und Einzelpersonen zugenommen, »Kontakte« zu Rentnern aus der DDR aufzunehmen und sie nachrichtendienstlich auszunutzen. Die Art und Weise des Ansprechens der Rentner, besonders durch ihnen unbekannte Einzelpersonen, lässt die Einschätzung zu, dass diese Personen im Auftrage von Geheimdiensten Rentner aus der DDR auf eventuelle Kontaktaufnahmen »testen« sollen.
So wurden z. B. in einer Reihe von Fällen Rentner aus der DDR während der Hin- oder Rückfahrt in den Zügen in Westdeutschland von ihnen unbekannten Personen angesprochen und über die Verhältnisse und die Stimmung der Bevölkerung in der DDR, in ihren Wohnorten oder Betrieben (wenn sie noch im Beschäftigungsverhältnis stehen) sowie nach militärischen Objekten in der Umgebung ihrer Wohnorte befragt.
In der Mehrzahl haben sich diese Personen den Rentnern gegenüber als Reporter westdeutscher Zeitungen ausgegeben. In einigen Fällen boten sie den Rentnern nach diesen Gesprächen Geld in Höhe bis zu 40,00 DM sowie Adressen an, mit der Aufforderung, nach ihrer Rückkehr in die DDR an diese Adressen zu schreiben.
In einem Falle gab sich eine weibliche Person bei einer solchen Befragung auch als Leiterin des amerikanischen Konsulats in Köln aus.
In ähnlicher Art und Weise wurden Rentner während ihres Aufenthaltes in Westdeutschland auch in Gaststätten von ihnen unbekannten Personen und in Einzelfällen auch von ihren Gastgebern selbst angesprochen und zu speziellen Problemen befragt. So verlangten in zwei Fällen unbekannte Personen in Gaststätten in Westdeutschland von Rentnern aus dem Bezirk Neubrandenburg Auskunft über militärische und wirtschaftliche Objekte in der Umgebung ihrer Wohnorte sowie über politische Vorgänge.
In einem anderen Fall wurde eine in Westdeutschland bei ihrer Tochter zu Besuch weilende Rentnerin von deren Ehemann, einem Polizeioffizier, eingehend befragt und aufgefordert, folgende Fragen schriftlich zu beantworten:
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Anzahl der Mitglieder der SED und der Gemeindevertretung in ihrem Heimatort,
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Anzahl und Tätigkeit der Mitglieder des Kirchenrates,
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Anzahl der ihr bekannten VP-Angehörigen sowie Dienstdurchführung, Aufgaben und Familienverhältnisse des Abschnittsbevollmächtigten der VP in ihrem Heimatort.
Außerdem traten solche »Testpersonen« auch schon in den Räumen der »Besucher- und Auskunftsdienste« in Erscheinung. In Westberlin z. B. wurde ein Rentner, der die Entgegennahme des »Begrüßungsgeldes« bei seiner Anmeldung im Rathaus Wedding ablehnte, einige Tage später in der Wohnung seiner Tochter von zwei männlichen Personen aufgesucht, die sich ihm gegenüber als Angehörige des »Caritas-Verbandes« der katholischen Kirche in Berlin-Wedding ausgaben und ihn aufforderten, den »Caritas-Verband« aufzusuchen.
In Einzelfällen wurde auch bereits versucht, Rentner der DDR durch unwürdige Kontrollen und Verhöre zu Spionageangaben zu erpressen.
So wurde am 8.2.1965 ein Invalidenrentner aus der DDR von Angehörigen der bayerischen Grenzpolizei auf der Rückreise in Ludwigstadt/Bayern aus dem Zug geholt und einer eingehenden Kontrolle und Körperdurchsuchung unterzogen. Dabei wurde aus seinem Fotoapparat der Film entnommen und beschlagnahmt. Nach der Durchsuchung wurde er der Dienststelle der bayerischen Grenzpolizei in Ludwigstadt zugeführt, dort bis zum nächsten Tag festgehalten und unter dem Vorwand, er sei Helfer der Volkspolizei und habe diese Reise im Auftrag durchgeführt, mehrmals vernommen. Bei diesen Vernehmungen sollte er Mitarbeiter der Volkspolizei und des MfS namentlich benennen sowie Auskunft über die Lage der Dienststellen geben.
Darüber hinaus versuchten in Einzelfällen auch unbekannte Personen die in Westdeutschland zu Besuch weilenden Rentner anzusprechen, um über sie »Kontakte« zu anderen Bürgern in der DDR herzustellen.
So wurde ein in Kehdingbruch/Westdeutschland zu Besuch weilender Rentner von dem dort wohnhaften [Name 1, Vorname] angesprochen und aufgefordert, ihm in der DDR bei der Suche nach ehemaligen »Kriegskameraden« behilflich zu sein und ihn im Erfolgsfall davon zu benachrichtigen.
Ein Rentner wurde von einem in der DDR enteigneten Gutsbesitzer beauftragt, noch in der DDR lebende ältere Personen aufzufordern, diesen Gutsbesitzer in Westdeutschland zu besuchen.
In letzter Zeit wurde auch wiederholt festgestellt, dass Rentner der DDR bereits vor Antritt ihrer Besuchsreisen brieflich um »Kontaktaufnahmen« mit ihnen unbekannten Personen in Westdeutschland und Westberlin ersucht werden. Unter anderem forderte eine [Vorname Name 2] aus Krefeld, [Straße Nr.], Rentner brieflich dazu auf, Geld der Deutschen Notenbank in Briefen im Voraus nach Westdeutschland zu schicken, um es während der Besuchsreisen dort umtauschen zu können.
Um Kontaktaufnahmen mit Rentnern aus der DDR bemüht sich auch der »Evangelistenbund« in Westdeutschland. Über den Westrundfunk forderte dieser Verein in Morgenandachten die Rentner aus der DDR auf, ihre Sorgen und Nöte brieflich an folgende Adressen zu übermitteln: [Name 3], Wetzlar 633, [Name 4, Vorname], Konstanz, und [Name 5], Lörrach/Bayern.
Erheblich an Umfang zugenommen haben in letzter Zeit auch Versuche, noch besonders rüstige oder noch im Arbeitsprozess stehende Rentner aus der DDR zum Verbleiben in Westdeutschland und Westberlin zu überreden. Als Abwerber traten dabei Angestellte der jeweiligen örtlichen Behörden, Vertreter und Inhaber meist kleinerer und mittlerer Firmen, vor allem Baufirmen, aber auch Angehörige revanchistischer Organisationen wie der »Landsmannschaften der Sudetendeutschen und der Schlesier« in Erscheinung.
Den angesprochenen Rentnern wurden dabei Gehälter in Höhe bis zu 700 DM, Rentenzahlungen zwischen 500 bis 900 DM sowie Wohnungen in Aussicht gestellt.
Dazu nur einige typische Beispiele:
Auf dem Landratsamt Gütersloh/Westdeutschland sollte eine Rentnerin einen Schein unterschreiben, der besagte, dass sie die Absicht habe in Westdeutschland zu bleiben.
In Westberlin wurde ein Rentner von einer Baufirma angesprochen, dort zu verbleiben und bei dieser Firma Arbeit aufzunehmen. Dem Rentner wurden ein Monatsverdienst von 900 DM sowie eine zusätzliche Rente in Aussicht gestellt.
In Konradsreuth/Hof/Bayern wurde eine Rentnerin von einem Vertreter der dortigen Fa. [Name 1] mehrmals aufgefordert, in Westdeutschland zu bleiben. Der Firmenvertreter bot ihr eine 2-Zimmerwohnung und einen Arbeitsplatz als Näherin mit einem Stundenlohn von 2,60 DM an.
Diesen verstärkten Bemühungen in Westdeutschland und Westberlin zur politisch-ideologischen Beeinflussung, Korrumpierung, Diskriminierung und Abwerbung der Rentner sowie zur Ausnutzung dieser Besuchsreisen zu Kontaktaufnahmen kommt teilweise das Verhalten der Rentner selbst entgegen.
Nach vorliegenden Hinweisen traten z. B. zahlreiche im Rentenalter stehende Bürger der DDR, u. a. auch solche, die das Vorhandensein von Verwandten nur vorgetäuscht hatten, in Westdeutschland und Westberlin in der Rolle von Bettlern auf, um materielle Vorteile für sich herauszuschlagen.
Von diesen Rentnern wurden während ihrer Besuchsaufenthalte
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falsche Angaben über ihre Lebensverhältnisse in der DDR verbreitet, um Mitleid zu erwecken;
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alle möglichen Behörden, Organisationen und Betriebe aufgesucht, die den Rentnern materielle Vergünstigungen zahlen;
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während ihres Besuchsaufenthaltes Aushilfsarbeiten in Betrieben, Warenhäusern und Restaurants durchgeführt (besonders in Westberlin), im zusätzlich in den Besitz von Westgeld zu kommen.
Den Bestrebungen der Währungsspekulanten in Westdeutschland und Westberlin kommen besonders die Versuche von im Rentenalter stehenden Bürgern der DDR entgegen, bei ihren Reisen illegal größere Summen Geld der Deutschen Notenbank, in ihrem Besitz befindliche Devisen oder auch Wertgegenstände nach Westdeutschland und Westberlin auszuführen.
Im Zeitraum vom 2.11.1964 bis 30.6.1965 wurden z. B. in 508 Fällen Rentnern bei Kontrollen durch die Zollorgane der DDR neben Wertgegenständen, wie wertvolles Porzellan und dergleichen folgende Zahlungsmittel abgenommen und beschlagnahmt:
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188 374 MDN,
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724 Westmark,
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805 Złoty,28
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105 Österreichische Schilling,
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26 US-Dollar,
wobei besonders mit April 1965 ein Ansteigen der Summen festzustellen ist.
In 329 Fällen wurde aufgrund des Umfangs der versuchten illegalen Geld- und Warenausfuhr den Rentnern die Ausreise verweigert und die Zurückweisung angeordnet.
Wie weiter festgestellt wurde, nimmt der größte Teil der nach Westdeutschland und Westberlin reisenden Rentner der DDR auch das »Begrüßungsgeld« und die »zusätzlichen Unterstützungen« in Anspruch – teils aus eigenem Entschluss, teils aber auch auf Drängen ihrer Verwandten. So nahmen z. B. von den im Zeitraum vom 1.1. bis 31.5.1965 über die Grenzübergangsstellen nach Westberlin ausgereisten 75 375 im Rentenalter stehenden Bürger der DDR – nach Angaben des Leiters des »Gesamtberliner Büros«, Völckers –, rd. 95 % das »Begrüßungsgeld« entgegen. Außerdem beantragten über 38 % dieser Rentner in Westberlin Leistungen nach dem »Bundessozialhilfegesetz«, die sie auch erhielten. In Westberlin wurden für diese Leistungen – nach den Angaben Völckers – im genannten Zeitraum allein 2,3 Mio. DM zur Verfügung gestellt.
Eine klare Distanzierung von diesen Korrumpierungsmaßnahmen durch die Rentner aus der DDR erfolgte bisher sowohl in Westdeutschland als auch in Westberlin nur in geringem Umfange. Zur Rechtfertigung der Entgegennahme dieser Korrumpierungsgelder wurden von den Rentnern im Wesentlichen folgende »Argumente« angeführt:
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Aufgrund der Bezahlung der Hin- und Rückfahrkarten in der DDR ergebe sich die Notwendigkeit, das »Begrüßungsgeld« entgegenzunehmen.
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Mit der Entgegennahme dieses Geldes könne man den Bonner Staat und seine Rüstungspolitik »schädigen«.
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Das Geld werde gebraucht, um in Westdeutschland und Westberlin nicht als »Bettler« herumlaufen zu müssen.
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Mit dem Geld könnten sie ihre Verwandten unterstützen, die nicht in der Lage seien, sie wochenlang kostenlos zu beherbergen.
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Es wäre Dummheit, dieses »Geschenk« nicht anzunehmen, zumal dafür keine Gegenleistung verlangt werde.
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Mit diesem Geld könne man sich selbst etwas kaufen, was in der DDR selten zu haben sei. (Gekauft wurden meist Südfrüchte, Strick- und Schuhwaren.).
Das Nichterkennen der vom Gegner mit der Ausgabe dieser Gelder bezweckten Korrumpierung und der Widerhall der politisch-ideologischen Beeinflussung kommt aber besonders in den Meinungen eines Teiles der Rentner zum Ausdruck, in denen diese Maßnahmen als »großzügig« und »sozial«, als »echter Akt der Hilfe«, als »großes Opfer« und als »Beweis besonderer Fürsorge« des Bonner Staates für die Rentner gewertet werden, wobei die Diskussionen – auch von Nichtrentnern – nicht selten auf einen Vergleich der Rentenzahlungen in der DDR und in Westdeutschland hinauslaufen.
Als »echte Unterstützung« der Rentnerreisen durch den Bonner Staat, im Gegensatz zur Anordnung der DDR über den Kauf der Hin- und Rückfahrkarten, wurde bei diesen Vergleichen vor allem die Auszahlung des »Begrüßungsgeldes« gewertet.
Im Wesentlichen beinhalten die »Argumente«, dass die Renten in der DDR im Vergleich zu Westdeutschland »zu niedrig« seien und der Kauf der Hin- und Rückfahrkarten für die Rentner eine »Belastung« darstelle.
Besonders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang jedoch die Feststellung, dass diese »Argumente« bisher verstärkt von Bürgern der DDR vertreten wurden, die nicht im Rentenalter stehen.
Die Rentner selbst nahmen gegen den Kauf der Hin- und Rückfahrkarten vielfach mit den »Argumenten« Stellung:
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die Verwandten wollen die Rückfahrkarten gern bezahlen oder
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ihre Verwandten und Kinder würden sie mit dem Auto bereits an der Grenze abholen.
Die bisher vorliegenden Meinungsäußerungen von im Rentenalter stehenden Bürgern der DDR, die bereits von Besuchsreisen aus Westdeutschland und Westberlin zurückkehrten, haben hauptsächlich Vergleiche der Lebensverhältnisse, des Lebensstandards und der sozialen Leistungen in beiden deutschen Staaten zum Inhalt.
In der Mehrzahl dieser Meinungen zeigt sich eine Desillusion über die gesellschaftlichen Verhältnisse und über den tatsächlichen Lebensstandard in Westdeutschland und Westberlin, besonders im Zusammenhang mit den Beziehungen der Menschen untereinander, den Wohnverhältnissen, Mieten und Preisen für Grundnahrungs- und Verkehrsmittel.
Charakteristische Argumente dafür sind Folgende:
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Die Verhältnisse in Westdeutschland und Westberlin könnten ihnen nicht zusagen, »weil sich dort jeder selbst der Nächste sei«.
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In Westdeutschland und Westberlin »leben sie wohl in Prunk, aber mit den sozialen Leistungen der DDR kommen sie nicht mit«.
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Zu Hause in der DDR fühlten sie sich »am wohlsten«. Ihnen sei jetzt erst bewusst geworden, dass man »bei uns besser lebt, weil die Preise für Nahrungsmittel, Verkehrsmittel und Mieten viel billiger sind«.
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In Westberlin hätten sie bemerkt, dass dort »ein falsches Bild über die DDR verbreitet ist und die Menschen zum Hass gegen die DDR erzogen werden«.
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Sie seien vorzeitig zurückgekommen, um den Verwandten in Westdeutschland und Westberlin nicht »unnötig zur Last zu fallen, da im Allgemeinen jeder seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten« habe. (Häufig genannt wurden der beengte Wohnraum ihrer Verwandten sowie auch Ablehnung der Verwandten, sie zu empfangen.)
Weitere Argumente beziehen sich auf das »widerliche Wohlstands- und Geldstreben«, die »Gleichgültigkeit gegenüber der Bonner Kriegspolitik« und die »Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr und im Verhalten der Menschen untereinander«.
Rentner aus Kreisen des Handwerks und der Gewerbetreibenden empfanden außerdem die Ruinierung des Handwerks und des Gewerbehandels durch den Supergroßhandel und die Konzerne sowie die unerschwinglichen Baukosten und Grundstückspreise in Westdeutschland als abstoßend.
Von vielen Rentnern wird in den Diskussionen aber auch zum Ausdruck gebracht, dass sie von der Fülle des Angebots an Waren, ihrer Qualität, ihrer Verpackung sowie der Verkaufskultur beeindruckt sind, ohne das jedoch als ihre wesentlichsten Eindrücke besonders hervorzukehren.
In diesem Zusammenhang ist ferner hervorzuheben, dass die Zahl der Beispiele nicht gering ist, wo im Rentenalter stehende Bürger der DDR mit dem Hinweis auf die gänzlich andersartigen gesellschaftlichen Verhältnisse und sozialen Leistungen in der DDR versuchte Abwerbungen zurückweisen, oder wo sie auf Hetzveranstaltungen, zu denen sie eingeladen worden waren, die DDR verteidigten.
So traten z. B. bei einer Veranstaltung der Kreisgruppe Bad Schönfließ29 der »Landsmannschaft Mark Brandenburg« die eingeladenen 40 Rentner aus der DDR sehr selbstbewusst auf und verteidigten sehr energisch die niedrigen Mieten und sozialen Leistungen der DDR.
In fast allen Bezirken der DDR sind nach Verkündung des Ministerratsbeschlusses und im Ergebnis der Besuchsreisen in zahlreichen Fällen Anträge von im Rentenalter stehenden Bürgern der DDR auf legale Übersiedlung nach Westdeutschland und Westberlin mit der Begründung zurückgezogen worden, eine vierwöchige Besuchsreise jährlich genüge ihnen.
Im Verhältnis zu solchen positiven Stellungnahmen und Erscheinungen, sind die Meinungsäußerungen, in denen die Verhältnisse in Westdeutschland aufgrund von oberflächlichen Eindrücken (Löhne, Warenangebot, Qualität, Preise für hochwertige Konsumgüter, Verkaufskultur und -hygiene) verherrlicht oder die Korrumpierungsmaßnahmen »positiv für Westdeutschland« bewertet werden, gering.
Dafür zeigen sich jedoch in den Diskussionen der übrigen Bevölkerung zu dem Beschluss des Ministerrats über private Besuchsreisen von im Rentenalter stehenden Bürgern der DDR nach Westdeutschland und Westberlin eine Reihe von Einflüssen der politisch-ideologischen Diversion des Gegners, wie sie vor allem auch über die Westsender verbreitet werden.
So wird immer noch verstärkt argumentiert,
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die Rentnerreisen seien »kein Verdienst der Regierung der DDR, sondern eine längst zu erfüllende Forderung der Menschlichkeit«;
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der Beschluss sei nur gefasst worden, in der Hoffnung, dass viele Rentner im Westen bleiben;
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der Beschluss stelle eine »unterschiedliche Wertschätzung der Bürger der DDR« dar und sei eine »Benachteiligung der arbeitenden Bevölkerung«;
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»junge Bürger lasse man nicht fahren, aus Angst, sie könnten nicht zurückkommen«.
In letzter Zeit mehren sich auch Stellungnahmen, in denen die Hoffnung auf eine weitere »Lockerung des Reiseverkehrs und eine Ausdehnung dieses Beschlusses auf einen größeren Personenkreis« zum Ausdruck gebracht wird.
Im Zusammenhang damit ist auch erwähnenswert, dass in mehreren Bezirken im Arbeitsverhältnis stehende Invalidenrentner ihre Beschäftigung kündigten, um die Möglichkeit einer Besuchsreise nach Westdeutschland oder Westberlin zu erhalten. In allen Fällen ist beabsichtigt, diese Arbeitsverhältnisse nach ihrer Rückkehr wieder aufzunehmen.
Unter der Bevölkerung in Westdeutschland und Westberlin zeigen sich positive Auswirkungen der Durchführung des Beschlusses über private Besuchsreisen von im Rentenalter stehenden Bürgern der DDR nach vorliegenden Hinweisen vor allem in Folgendem:
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In zunehmenden Diskussionen, dass das Geld, das für Rentner aus der DDR ausgegeben wird, zweckmäßiger zur Unterstützung bedürftiger Rentner sowie zur Verbesserung der sozialen Leistungen und Löhne in Westdeutschland und Westberlin verwendet werden sollte.
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In Verboten der Verwandten an die Rentner aus der DDR, sich das »Begrüßungsgeld« abzuholen, da sie dafür einen Antrag stellen und eine Unterschrift leisten müssen.
(Häufig diktiert von der Furcht, durch das Bekanntwerden ihrer persönlichen Beziehungen in die DDR Unannehmlichkeiten mit ihren Arbeitgebern zu erhalten oder die Stellung zu verlieren).
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In zunehmenden Äußerungen von »Republikflüchtigen« in Gesprächen mit Rentnern aus ihren Heimatorten über ihre Bereitschaft, in die DDR zurückzukehren, vereinzelt mit Bitten um Unterstützung bei der Rückkehr verbunden.
Sehr häufig wird in diesen Gesprächen von den Republikflüchtigen noch Furcht vor Bestrafungen zum Ausdruck gebracht, worin sie besonders durch die Tätigkeit der revanchistischen »Landsmannschaften«, z. B. der »Landsmannschaft Sachsen« immer wieder bestärkt werden.