Festnahme eines Hetzschriftenverbreiters
26. Januar 1965
Einzelinformation Nr. 58/65 über die Festnahme eines Hetzschriftenverbreiters
Am 9.1.1965 wurde von den Organen des MfS der [Name 1, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1907 in Velten, Beruf: Kaufmann, zuletzt beschäftigt gewesen als Lagerarbeiter bei der Deutschen Post – Studiotechnik Fernsehen, Berlin-Adlershof, wohnhaft Berlin-Adlershof, [Straße Nr.], auf frischer Tat festgenommen, als er in einen Briefkasten der Stadtteilleitung des VEB Kommunale Wohnungsverwaltung in Berlin-Adlershof von ihm verfasste und selbstgefertigte Hetzschriften einwarf.
Die von [Name 1] verfassten und mit Schreibmaschine selbst hergestellten Hetzschriften richteten sich textlich gegen die Grenzsicherungsmaßnahmen der Regierung der DDR vom 13.8.1961 sowie gegen den Vorsitzenden des Staatsrates, wobei die gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR mit denen des Faschismus identifiziert wurden und die Beseitigung des antifaschistischen Schutzwalls gefordert wurde. Derartige Hetzschriften mit im Wesentlichen gleichlautenden Texten wurden seit November 1964 in 83 Fällen von verschiedenen staatlichen Dienststellen und von Bürgern aus den Stadtbezirken Köpenick und Treptow bei den Dienststellen der Volkspolizei und des MfS abgegeben.
[Name 1], der aufgrund der vom MfS daraufhin eingeleiteten Ermittlungen festgenommen wurde, hatte bei seiner Festnahme eine weitere Hetzschrift gleichen Textes bei sich, die er in einen anderen Hausbriefkasten desselben Gebäudes einwerfen wollte.
In der bisherigen Untersuchung gab [Name 1] zu, seit November 1964 in größerem Umfang Hetzschriften dieses Inhalts auf einer in seinem Besitz befindlichen Schreibmaschine hergestellt und diese durch Einwerfen in Briefkästen der Deutschen Post, in Hausbriefkästen staatlicher Dienststellen sowie von Betrieben und durch Ablegen in öffentlichen Telefonzellen verbreitet zu haben. Als Motiv gibt [Name 1] seine feindliche Haltung zu den Grenzsicherungsmaßnahmen vom 13.8.1961 an. Unmittelbarer Anlass für seine staatsfeindliche Tätigkeit sei die ihm mehrfach verweigerte Ausreisegenehmigung zur Teilnahme an Trauerfeierlichkeiten für seinen in Westberlin verstorbenen Vater und seine verstorbenen Schwiegereltern, mit denen er bis zum 13.8.1961 engsten persönlichen Kontakt unterhielt, gewesen. Mit der Verbreitung der von ihm verfassten Hetzschriften habe er beabsichtigt, andere Bürger gegen die Grenzsicherungsmaßnahmen aufzuwiegeln, weil er darin eine Möglichkeit zur Beseitigung dieser Maßnahmen gesehen habe.
Weitere Untersuchungen werden geführt.