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Geplantes Auftreten Robert Havemanns

13. Januar 1965
Einzelinformation Nr. 31/65 über ein geplantes öffentliches Auftreten von Prof. Robert Havemann

Dem MfS liegen Hinweise vor, dass die Reise, die Prof. Havemann zusammen mit dem stellvertretenden Vorsitzenden des Staatsrates Gerald Götting1 zu Albert Schweitzer unternahm,2 offensichtlich dazu benutzt wird, um Havemann erneut in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses zu rücken.

So wurde bekannt, dass vom Vorsitzenden des Kulturbundes Kreis Berlin-Mitte Schauer3 mit Prof. Havemann ein Vortrag über Albert Schweitzer vereinbart wurde, der am 16. Januar 1965, um 19.30 Uhr, im »Club der Kulturschaffenden Johannes R. Becher«4 stattfinden soll.

Havemann habe zugesichert, bei diesem Vortrag nicht über philosophische Fragen zu sprechen. Zu diesem Vortrag wird mit etwa 130 bis 150 Teilnehmern gerechnet, möglicherweise auch noch mehr. Die Organisierung des Vortrages ist auch der Bezirksleitung Berlin des Kulturbundes bekannt.5

Ferner wurde bekannt, dass Vieweg6 vom »Club der Intelligenz«7 in Potsdam angefragt habe, ob es Möglichkeiten eines Vortrages bei ihnen von Havemann zum gleichen Thema gebe.

  1. Zum nächsten Dokument Ursache des Großbrandes im Kombinat Schwarze Pumpe

    16. Januar 1965
    Einzelinformation Nr. 39/65 über die Ursachen des Brandes und der Explosion mit nachfolgendem Großbrand im Druckgaswerk des Kombinates Schwarze Pumpe in Spremberg am 12. Januar 1965
  2. Zum vorherigen Dokument Abschlussbericht zum Verlauf des Passierscheinabkommens

    13. Januar 1965
    Abschlussbericht Nr. 26/65 über den bisherigen Verlauf des Passierscheinabkommens

  1. Gerald Götting, Jg. 1923, Politiker, 1949–66 Generalsekretär der CDU in der DDR, 1949–90 Mitglied der Volkskammer, Vorsitzender ihres Auswärtigen Ausschusses, seit 1960 stellv. Vorsitzender des Staatsrates der DDR.

  2. Im Januar 1960 besuchten Robert Havemann und Gerald Götting als Vertreter der Volkskammer der DDR Albert Schweitzer in Lambaréne, um ihm zu seinem 85. Geburtstag ein offizielles Geschenk der DDR-Regierung zu überbringen. Über die Reise wurde durch Gerald Götting 1961 ein reich illustrierter Band (»Begegnung mit Albert Schweitzer«) im CDU-eigenen Union Verlag veröffentlicht. Unter dem Titel »Zu Gast in Lambaréne. Begegnung mit Albert Schweitzer« erschien es in erweiterter Form 1964 erneut, allerdings ohne Erwähnung Robert Havemanns, der auch auf keinem der Fotos mehr sichtbar war. Diese Form der Tilgung einer Person aus dem öffentlichen Gedächtnis rief insbesondere im Kulturbund, mit dessen Mandat Havemann offiziell Götting begleitet hatte, erhebliche Aufregung hervor. Vgl. Günther, Siegwart-Horst; Götting, Gerald: Was heißt Ehrfurcht vor dem Leben? Begegnung mit Albert Schweitzer. Berlin 2005.

  3. Friedrich Schauer, Jg. 1913, Architekt, seit 1933 im Widerstand aktiv, im November 1933 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, 1942 an der Zettelklebeaktion gegen die antisowjetische Propagandaausstellung im Berliner Lustgarten beteiligt, wegen seiner Verbindungen zur Roten Kapelle 1942 erneut verhaftet und 1943 zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Als politischer Gefangener mit Robert Havemann am 27.4.1945 aus dem Zuchthaus Brandenburg-Görden befreit. Ab 1961 Architekt in der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin.

  4. 1946 von der Sowjetischen Militäradministration dem »Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands« als Club übergebenes Veranstaltungsgebäude. Es war 1893 durch den »Club von Berlin« errichtet worden.

  5. Die Einladung zum Diskussionsabend wurde von Friedrich Schauer und Günther Meyer-Brede, Leiter des Clubschoppens, unterzeichnet und kündigte Havemann zwar nicht als Referenten an, wies aber ausdrücklich darauf hin, dass als »Gesprächspartner […] u. a. Prof. Dr. Havemann anwesend sein [wird], der vor einigen Jahren im Auftrage des Deutschen Friedensrates Prof. Albert Schweitzer in Lambaréne besucht hat«. BStU, MfS, HA XX/9, Nr. 111, Bl. 164.

  6. Heinz Vieweg, Jg. 1920, Physiker, freischaffender Science-Fiction-Autor, Senzig bei Berlin.

  7. Clubs der Intelligenz waren Einrichtungen des Kulturbundes. Sie bestanden in vielen Städten der DDR, z. T. auch in Gemeinden.