Grenzverletzung durch westdeutsches Motorboot auf der Elbe
10. August 1965
Einzelinformation Nr. 740/65 über Provokationen an der Staatsgrenze der DDR zu Westberlin in der Zeit vom 6. bis 10. August 1965
Nach der Provokation des Westberliner Zöllners auf der Kronprinzenbrücke am 6.8.1965, über die wir bereits in der Einzelinformation Nr. 736/65 berichteten, sind in den letzten Tagen von Westberlin aus noch weitere provokatorische Handlungen gegen die Staatsgrenze der DDR erfolgt.
Am 7.8.1965, gegen 1.25 Uhr, wurden unsere Grenzsicherungskräfte im Abschnitt Berlin-Niederschönhausen von zwei Westberliner Polizisten und zwei Zivilpersonen beschimpft. Abschließend warfen die Provokateure einen Draht über die Lichtleitung der Grenzbeleuchtung, sodass ein Kurzschluss entstand und die Grenzbeleuchtung in diesem Abschnitt ausfiel.
In der Nacht zum 7.8.1965 wurden in den Bereichen Eberswalder-/Gartenstraße, Zimmer-/Niederkirchnerstraße, Elsen-/Bouchéstraße von Westberlin aus insgesamt ca. 300 Hetzschriften über die pioniertechnischen Anlagen auf das Territorium der DDR geworfen. Dabei handelt es sich um einen Sonderdruck aus dem »Tagesspiegel« vom 10.12.1963 mit Hetze gegen unsere Grenzsicherungskräfte unter der Überschrift: »Warum stehe ich eigentlich hier?« und eine Hetzschrift, herausgegeben von der »Vereinigung des 17. Juni«,1 mit den Aufforderungen »Unser Zeichen des Widerstandes V … an Häusern, Mauern und im Gespräch unter Euch!«
Am 9.8.1965 wurden im Abschnitt Berlin-Mitte die im Westberliner Grenzgebiet aufgestellten Hetzplakate durch Mitarbeiter des Westberliner Senats mit neuen Hetztexten versehen. Der neue Text lautet: »Wir haben darüber gesprochen. Sie scheinen zu vergessen, dass sie Deutsche sind.« (Aus dem Brief eines Soldaten der 5. Kompanie des GR 33 der 1. Grenzbrigade) und »Die Teilung ist unmenschlich. Der Schießbefehl ist kriminell.« (Willy Brandt2 am 17. Juni.)3
Am 10.8.1965, gegen 17.15 Uhr, sprach ein Westberliner Bauarbeiter am Springer-Konzern unsere Grenzposten in der Jerusalemer Straße an und forderte sie zur Fahnenflucht auf. In diesem Zusammenhang äußerte er weiter, dass er zwischen 21.00 und 22.00 Uhr wiederkommen wolle. Er würde noch einige »Kumpels« mitbringen und Westberliner Polizisten »organisieren«, die den Feuerschutz übernehmen. Gegen 19.45 Uhr rief dieser Westberliner Bauarbeiter unseren Grenzposten in der Jerusalemer Straße zu, »dass am Abend alles klappen würde und der Amerikaner auch käme«. Weiter bot er sich an, den Draht auf der Sicherungsmauer zu zerschneiden.
Bei diesen beiden versuchten Kontaktaufnahmen befanden sich in Begleitung des Bauarbeiters vier bzw. fünf weitere Zivilpersonen.
Gegen 20.45 Uhr beobachtete der Posten in der Jerusalemer Straße, wie gegenüber der Gedenkstätte für den Uffz. Reinhold Huhn4 eine Person, vom Westberliner Gelände des Springer-Konzerns aus, die Drahtsicherung auf der Grenzmauer zerschnitt. Durch die Posten wurde dabei der bereits genannte Bauarbeiter als Täter erkannt. Ca. 30–40 m von ihm entfernt wurden auf Westberliner Gebiet weitere vier bis fünf Zivilpersonen festgestellt, die jedoch keine aktiven Handlungen gegen die Staatsgrenze der DDR durchführten.
Da der Provokateur – trotz Aufforderung durch unsere Grenzposten – sich weiter an unseren Grenzsicherungsanlagen zu schaffen machte und Sicherungsdrähte zerschnitt, wurden durch den Posten zwei Warnfeuerstöße (vier Schuss) in die Luft abgegeben. Daraufhin entfernte sich der Provokateur von den Grenzsicherungsanlagen und begab sich auf das Baugelände des Springer-Konzerns zurück.
Unmittelbar nach den Warnschüssen wurden durch unsere Sicherungskräfte auf dem Gelände des Springer-Konzerns verteilt ca. 20 bis 25 Personen, darunter Westberliner Polizisten, Zöllner und Zivilpersonen festgestellt, die die Staatsgrenze der DDR intensiv beobachteten.
Weitere provokatorische Handlungen gegen unsere Grenzposten und Sicherungseinrichtungen erfolgten nicht.