Intervention der Berliner katholischen Kirche zur Passierscheinfrage
2. Oktober 1965
Einzelinformation Nr. 861/65 über eine Intervention des katholischen Bistums Berlin in der Passierscheinfrage
Zuverlässig wurde bekannt, dass sich das katholische Bistum Berlin in Bonn in die Passierscheinfrage einschaltet. Erzbischof Bengsch1 selbst habe sein starkes Interesse daran bekundet, dass ein weiteres Passierscheinabkommen abgeschlossen wird, und er habe einen Vertreter des Ordinariats Berlin beauftragt, beim Westberliner Senat und, über den Direktor des Kommissariats der deutschen Bischöfe in Bonn, Prälat Wissing,2 auch bei der Bonner Regierung vorstellig zu werden.
Dabei sei in Erfahrung gebracht worden, dass sowohl der Senat als auch die Bundesregierung Interesse an einem weiteren Abkommen hätten. Krone3 und Westrick4 hätten Wissing versichert, die Bundesregierung würde einem Abkommen über ein ganzes Jahr sofort zustimmen.
Bonn müsse diese Frist jedoch zur Bedingung machen, so hart die Konsequenzen auch sein sollten. Die katholischen Vertreter bestätigten, dass der Senat weiterhin dazu tendiere, den Vorschlag der DDR vom 16.8. anzunehmen, aber aufgrund der Weisungen aus Bonn dazu nicht in der Lage sei.
Besonders viel liege dem Senat an der Weiterführung der Arbeit der ständigen Passierscheinstelle. Ihre Schließung würde, nach Meinung des Senats, die Fronten sehr verhärten und den Abschluss eines neuen Abkommens in eine ferne Zukunft rücken. Beim Senat herrsche Ratlosigkeit, und es gebe keine klaren Vorstellungen, wie die jetzigen Schwierigkeiten überwunden werden können.
In einer anderen internen Information aus führenden CDU-Kreisen wird bestätigt, dass die Haltung der Bundesregierung unverändert ist. Obgleich der Senat die Bundesregierung laufend gedrängt habe und auch Mende5 auf dem Standpunkt stehe, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt das von der DDR vorgelegte Abkommen unterzeichnet werden müsse, sei die Mehrheit im Bundeskabinett gegen den DDR-Vorschlag. Bonn gehe es nach wie vor darum, dass ein neues Abkommen eine Verlängerungsklausel enthalten müsse. Bonn wolle hart bleiben, um die DDR zu einer Verlängerungsregelung zu zwingen.
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