Kirchliche Veranstaltungen zum 8. Mai 1945
6. Mai 1965
Einzelinformation Nr. 431/65 über geplante kirchliche Veranstaltungen und Treffen am 8./9. Mai 1965
Nach vorliegenden internen Informationen wurde von führenden Vertretern der EKD in beiden deutschen Staaten beschlossen, am 8. Mai ein »Wort des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland zur Besinnung auf das Kriegsende 1945« als Kanzelabkündigung zu verlesen. Dieses Wort des Rates der EKD entstand insbesondere auf Initiative von Bischof Krummacher1 unter aktiver Mitwirkung der Bischöfe Jänicke2, Magdeburg, Noth3, Dresden, und des Verwalters im Bischofsamt, Generalsuperintendent Jacob.4 Die leitenden westdeutschen Kirchengremien machten ihrerseits keine Vorschläge für die Würdigung des 20. Jahrestages der Befreiung. Die westdeutschen Ratsmitglieder und Bischöfe nahmen den Entwurf als Kanzelabkündigung für alle evangelischen Landeskirchen in beiden deutschen Staaten an.
Es liegen jedoch auch Hinweise vor, dass die Verlesung der Kanzelabkündigung in den westdeutschen Kirchen auf Schwierigkeiten stoßen wird. Bekannt wurde in diesem Zusammenhang, dass der Synodale Bundestagspräsident Gerstenmaier5 die Kanzelabkündigung mit der Begründung ablehnte, der 8. Mai sei ein Tag wie jeder andere und die von Bischof Krummacher ausgearbeitete Kanzelabkündigung halte er für die Bundesrepublik für unannehmbar.
Anlässlich der Sitzung des Weltkirchenrates in Wien (4.–8.5.) sollte am 4.5. eine Ratssitzung der EKD unter Teilnahme von Bischof Dibelius6 und Präses Scharf7 stattfinden, um u. a. einen einheitlichen Beschluss über die Kanzelabkündigung herbeizuführen.
Die Kanzelabkündigung enthält u. a. ein Bekenntnis der Mitschuld an dem »schweren Unglück, dass über unser Volk und andere Völker gekommen ist«. Die militärische Kapitulation am 8. Mai wird als das bisher letzte Datum einer gemeinsamen deutschen Geschichte bezeichnet. Es wird gegen eine neue nationalistische Überheblichkeit, gleichzeitig aber auch – ohne klare Aussage – gegen ideologische Verhärtung, Hass und Verleumdung Stellung genommen (der Wortlaut liegt vor).
Wie weiter berichtet wurde, ist nach Absprache zwischen der Westberliner Kirchenleitung und der Kirchenleitung Berlin-Brandenburg für den 8.5., 20.00 Uhr, eine Gedenkfeier in der Marienkirche8 vorgesehen. Aus bekannt gewordenen Einladungen geht hervor, dass die Predigt von Generalsuperintendent Jacob gehalten wird. Außerdem würden der Pfarrer Bonnevie-Svendsen9 (Oslo) und Präses Gastpary10 (Łódź) Ansprachen halten. Die Westberliner Kirchenleitung habe dem norwegischen Pastor vorgeschlagen, zu versuchen, die Predigt des polnischen Geistlichen inhaltlich abzuschwächen. Es werde vermutet, dass der polnische Geistliche auf das Deutschlandproblem eingeht.
Nach weiteren Informationen soll vom 7. bis 9.5. im Stephanus-Stift Berlin-Weißensee11 eine Tagung der Evangelischen Akademie Berlin zum Thema: »Verlorener Krieg – gewonnenes Leben« stattfinden. Referate würden u. a. von Prof. Pákozdy12, Ungarn, Renate Riemeck13 und Dominus van Asperen, Niederlande, gehalten.14
In Dresden soll am 8. und 9.5. eine Konferenz der Mormonen stattfinden. Es werde mit ca. 150 Teilnehmern aus allen Bezirken der DDR gerechnet.
Seitens der katholischen Kirche sind »Gottesdienste für die Opfer der ungerechten Gewalt« für den 8.5. in den Bischofskirchen Berlin, Bautzen, Magdeburg, Erfurt, Schwerin, Meiningen und Görlitz geplant.