Kontaktaufnahme von Grenzsoldaten zu westdeutschen Zivilisten
26. Oktober 1965
Einzelinformation Nr. 946/65 über Kontaktaufnahmen von Angehörigen der 3. Grenzkompanie Probstzella (Grenzregiment Zschachenmühle, 13. Grenzbrigade Rudolstadt, Bez. Gera) zu westdeutschen Zivilpersonen
Am 25. bzw. 26.10.1965 wurde durch das MfS gegen die Angehörigen der Grenzkompanie Probstzella [Name 1, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1945 in Plötz, wohnhaft Löbejün/Saalkreis, [Straße, Nr.], NVA seit 4.11.1964 (Soldat auf Zeit), Dienstgrad: Unteroffizier und stellv. Zugführer, und [Name 2, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1942 in Bernburg/Saale, wohnhaft Bernburg/Saale, [Straße, Nr.], NVA seit 5.4.1964 (Wehrpflichtiger), Dienstgrad: Gefreiter und Postenführer, wegen fortgesetzter Kontaktaufnahmen während des Grenzdienstes zu westdeutschen Zivilpersonen ein EV mit Haft eingeleitet.
Die bisherigen ersten Untersuchungen ergaben, dass ein großer Teil der Angehörigen des 2. Zuges der Grenzkompanie Probstzella (namentlich sind einschließlich der Festgenommenen bisher elf Grenzsoldaten bekannt) während des Grenzdienstes fortgesetzt Kontakte zu westdeutschen Zivilpersonen aufnahm.
Einer dieser Kontaktaufnahmen wohnten nach Angaben der Beschuldigten sechs Angehörige der Bayerischen Grenzpolizei bei, ohne sich selbst am Gespräch zu beteiligen.
Die Kontaktaufnahmen erfolgten in unmittelbarer Nähe der auf westdeutschem Gebiet gelegenen Gaststätte »Falkenstein«, deren Umfriedung die Staatsgrenze zwischen der DDR und Westdeutschland bildet. Die Kontaktaufnahmen erfolgten nach bisher vorliegenden Angaben mit dem Ziel, von westdeutschen Bürgern Genussmittel zu erbetteln. Zu diesem Zweck wurde von den NVA-Angehörigen der zur Sicherung zugewiesene Postenbereich verlassen.
Bei der Unterhaltung mit westdeutschen Bürgern seien von diesen u. a. allgemeine Fragen nach der Diensteinheit der NVA-Angehörigen gestellt sowie die westdeutschen Lebensverhältnisse verherrlicht und als denen der DDR überlegen hingestellt worden. Im Verlaufe der Kontaktaufnahmen wurde häufig gemeinsam Bier getrunken. In der Regel wurden außerdem während der Gespräche von den westdeutschen Bürgern Genussmittel wie Zigaretten, Schokolade und in einem Fall zwei westdeutsche Illustrierte übergeben.
[Name 1] gibt bisher an, seit Juli 1965 unter Ausnutzung seiner Dienststellung als stellv. Zugführer die Postenplanung nach Absprache mit den Angehörigen seines Zuges so vorgenommen zu haben, dass diesen während des Grenzdienstes Möglichkeiten zu Kontaktaufnahmen geboten wurden.
Die von ihm durchgeführten Postenkontrollen nutzte er dazu aus, um selbst Kontakt zu westdeutschen Zivilpersonen aufzunehmen.
[Name 1] gibt dazu an, bisher etwa 8 bis 10 Kontaktaufnahmen gemeinsam mit anderen Grenzsoldaten durchgeführt zu haben, bestreitet jedoch, dass dabei Gespräche über dienstliche Belange geführt wurden.
[Name 2] sagt aus, dass er Anfang und Ende August 1965 je einmal seinen Postenbereich verlassen und mit westdeutschen Zivilpersonen Kontakt aufgenommen hätte.
Während [Name 2] bei der ersten Kontaktaufnahme, die etwa 15 Minuten gedauert haben soll, lediglich Bier und Zigaretten erhalten haben will, hätten sich seine Gesprächspartner bei der zweiten, ca. 90 Minuten dauernden Kontaktaufnahme, u. a. dafür interessiert, ob
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auf einer der Gaststätte gegenüberliegenden Höhe ständig ein Postenpaar stationiert sei und
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weshalb DDR-Bürger von den Grenztruppen nicht bis unmittelbar an die Staatsgrenze herangelassen würden.
[Name 2] sagt weiter aus, dass er sowie seine Begleitposten, die Soldaten [Name 3] und [Name 4], alle ihnen gestellten Fragen ihren Kenntnissen entsprechend wahrheitsgemäß beantwortet hätten. Versuche [Name 2], in zwei weiteren Fällen Kontakt aufzunehmen, misslangen, weil er auf westdeutscher Seite keine Personen angetroffen hätte.
Aufgrund dieser Vorfälle wurde die Grenzkompanie Probstzella am Morgen des 26.10.1965 aus dem Grenzdienst herausgelöst und in Spechtsbrunn untergebracht.
Weitere Untersuchungen, nach denen auch entschieden wird, in welcher Weise gegen die anderen NVA-Angehörigen vorgegangen werden soll, die ebenfalls Kontakte aufgenommen hatten, werden geführt.
Nach Vorliegen ausführlicher Untersuchungsergebnisse wird nachberichtet.