Lohndiskussion auf der Baustelle des Zementwerkes Rüdersdorf
2. April 1965
Einzelinformation Nr. 293/65 über Lohndiskussionen auf der Baustelle Zementwerk IV Rüdersdorf bei Berlin
Mit der Einführung des Prämienstücklohnes in den Berliner Baubetrieben im Jahre 1962 entwickelten sich unter den Bauarbeitern, besonders unter den Zimmerern und Rüstern des VEB Ingenieur Hochbau Berlin (IHB) und des VEB Wohnbaukombinat Berlin (WBK), Lohndiskussionen wegen auftretender unterschiedlicher Entlohnungshöhe. In der letzten Zeit wurden dem MfS verstärkt derartige Diskussionen von den auf der Baustelle Zementwerk IV, Rüdersdorf, tätigen Arbeitern des IHB und des WBK bekannt.
In diesen Diskussionen wurde stets besonders hervorgehoben, dass die Mehrlohnprämie im WBK bei allen Gewerken höher läge als im IHB. Von den Zimmerern und Rüstern des IHB wurde außerdem auf die niedrigeren Entlohnungsstufen gegenüber dem WBK hingewiesen, die z. B. bei den Zimmerern zwischen 0,50 bis 1,00 MDN Differenz je Stunde ausmachen würden. Bei gleicher Arbeit würden sie gegenüber den Zimmerern des WBK eine monatliche Lohndifferenz bis zu 100 MDN haben, was sie als ungerechtfertigt ansehen. Die starke Fluktuation der Bauarbeiter im IHB wird teilweise auf diese Lohndifferenzen zurückgeführt.
Nachdem bei den Rüstbrigaden des IHB im März 1965 durch die Erhöhung der Mehrleistungsprämien eine Angleichung an die Lohnhöhe der Rüstbrigaden des WBK erfolgte, verstärkten sich die Lohndiskussionen bei den Zimmerern des IHB wieder.
Nach den vorliegenden Hinweisen werden bei diesen Lohndiskussionen in den Zimmererbrigaden des IHB verstärkt »Forderungen« erhoben, endlich eine angemessene Regelung ihrer Entlohnung herbeizuführen. In diesem Zusammenhang wurde auch die Möglichkeit angedeutet, dass die Zimmerer des IHB auf der Baustelle des Zementwerkes IV bei Nichterfüllung ihrer Forderungen geschlossen kündigen würden. Damit entstünde jedoch eine ernsthafte Gefährdung der Staatsplantermine auf diesem wichtigen Investvorhaben der Baustoffindustrie.
Über dieses Lohnproblem sind bereits seit Längerem der Stadtrat für Bauwesen beim Magistrat von Groß-Berlin, das Ministerium für Bauwesen und der Zentralvorstand der IG Bau des FDGB informiert.